Arnsberg. Derzeit finden hoch über Arnsbergs Altstadt umfangreiche Grabungen statt. Was bereits nach zwei Tagen gefunden hat, lesen Sie hier

Wer in diesen Tagen auf den Arnsberger Schlossberg klettert, sieht dort geschäftiges Treiben. Auf dem Plateau finden archäologische Grabungen statt. Während Wolfram Essling-Wintzer im Bagger sitzt und in einer Grube gräbt, hockt Kollegin Natalia Melián Esser einige Meter weiter auf dem Boden und legt sorgfältig alte Steine frei.

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Die beiden Archäologen arbeiten für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Sie führen die Ausgrabung auf dem Festungsgelände durch. Dabei werden sie auch von einem lokalen Sondengänger unterstützt, der die Schutthaufen nach Gegenständen aus Metall untersucht. Münzen, Pfeilspitzen oder ähnliche Dinge könnten sich tief in der Erde befinden.

Bei den Grabungen orientieren sich Wolfram Essling-Wintzer und seine Kollegin an einer alten Georadar-Messung aus dem Jahr 2020, die Kollege Joris Coolen angefertigt hatte. Darin sind Bodenprofile sichtbar. An den dunklen Stellen könnte sich Mauerwerk in der Erde befinden. Und um genau das herauszufinden, graben die Archäologen in diesem Bereich. „Je sorgfältiger die Vorarbeit ist, desto einfach ist für uns die Arbeit an der Grabungsstelle. Denn selten hat man Karten oder Bilder, die einem helfen. Durch die Georadar-Messung haben wir herausgefunden, dass sich hier eine lineare Struktur in einer Tiefe zwischen 30 Zentimetern und 1,6 Metern unter der heutigen Geländeoberfläche befindet.“

Interessante Siedlungsgeschichte

Geholfen hat auch eine Skizze, die Arnsbergs ehemaliger Stadtarchivar Michael Gosmann nach einer alten Vorlage angefertigt hat. Er hat sich intensiv mit der Baugeschichte der neuen Burg auf dem Höhenzug und den nachfolgenden Schlossbauten beschäftigt. „Arnsberg verfügt über eine äußerst interessante Siedlungsgeschichte“, betont Wolfram Essling-Wintzer. „Die Grafen von Arnsberg gehören im Mittelalter zu einem der bedeutendsten Grafengeschlechter im Reich. Zwischenzeitlich haben sie sich sogar als Grafen von Westfalen betitelt und hatten Ländereien bis hinein in Norddeutschland“, beschreibt der Experte die Besitzungen der gräflichen Sippschaft.

Dieses massive Mauerwerk stammt wahrscheinlich aus dem Mittelalter und konnte nach zwei Tagen bereits ausgegraben werden.
Dieses massive Mauerwerk stammt wahrscheinlich aus dem Mittelalter und konnte nach zwei Tagen bereits ausgegraben werden. © Eric Claßen

Eine erste urkundliche Erwähnung der Festung auf dem heutigen Arnsberger Schlossberg ist 1114 zu finden. Essling-Wintzer geht davon aus, dass sie spätestens zwischen 1102 und 1114 errichtet sein muss. Später frönten die Kölner Erzbischöfe ihrer Baulust auf dem Berg und überboten sich mit prachtvollen Schlossbauten. Hier sind vor allem der Salentin-Bau und später der Max-Heinrich-Bau zu nennen.

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„Besonders komplex für uns Archäologen ist es immer dann, wenn einer auf die Überreste und Fundamente des anderen drüber gebaut hat. Das macht es nicht immer leicht, die richtigen Rückschlüsse zu ziehen.“ Bergfried und Kapelle der ehemaligen Burg sollen zu den ältesten Teilen der einstigen Festung gehören. Doch da, wo sie bislang vermutet wurden, scheinen sie nach ersten Messungen nicht mehr anzutreffen zu sein.

Drei mögliche Theorien

Bei den jetzigen aktuellen Grabungen konnte bereits binnen weniger Tage ein massives Mauerwerk freigelegt werden. Dazu hat Wolfram Essling-Wintzer nach ersten Sichtungen drei Theorien. „Zum einen könnte es sein, dass es sich hierbei um ein Relikt einer älteren Ringmauer handelt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass es sich um Kellerräume von Anbauten zur mittelalterlichen Ringmauer handelt. Oder aber das sind Mauern des Bergfrieds.“

Seiner Meinung könnte es sein, dass die alten Skizzen eine andere Beschaffenheit des Plateaus zeigen. „Es könnte auch sein, dass es im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte vergrößert wurde und demnach etwas, was damals in der Mitte lag, dadurch an den Rand wandert.“

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So richtig wohl ist ihm bei den ganzen Spekulationen allerdings nicht. Er orientiert sich lieber an Fakten und diese kann er frühestens durch weitere Ausgrabungen und Funde feststellen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ruine in preußischer Zeit zum Steinbruch freigegeben wurde. Noch heute befinden sich Steine der einstigen Wehranlage im Arnsberger Verwaltungsgericht.

Welche Erkenntnisse man also in den kommenden Wochen und Monaten noch sammelt, ist derzeit unklar. Immerhin darf sich das LWL-Team über große Unterstützung der Stadt Arnsberg freuen. Die Stadt finanziert den Bagger und den Bauzaun, den man für die Grabungen benötigt. „Grundsätzlich ist ein großes Interesse hier in der Bevölkerung am Thema Geschichte und den Ausgrabungen zu spüren. Der Heimatbund unterstützt uns und auch die Besucherinnen und Besucher der Schlossruine kommen gerne vorbei und fragen uns nach den Grabungen“, freut sich Wolfram Essling-Wintzer.