Neheim. Sonja Beringhoff und Ingo Kulling treten am Montag nach fünf beeindruckenden Jahren als Neheimer Jägerkönigspaar in zweite Reihe zurück.

Eigentlich hätte das Neheimer Jägerfest 2023 eine Woche später stattfinden müssen. Dann wäre die wohl außergewöhnlichste Regentschaft der Vereinsgeschichte mit einer magischen Zahl des Gründungsjahres beendet worden. Jäger-König Ingo Kulling und seine Regentin und Frau Sonja Beringhoff wären dann nämlich exakt 1834 Tage in Amt und Würden gewesen. Die Jäger haben aber schon lange genug gewartet - fünf Jahre sind seit dem letzten Fest vergangen, fünf Jahre regierte ein einziges Königspaar.„Es war eine tolle Zeit“, sagt Sonja Beringhoff, „aber jetzt darf die Nachfolge kommen!“ Sie sei froh, wieder etwas in den Hintergrund rücken zu dürfen. Das aber wird bei Ingo Kulling ohnehin nicht so ganz passieren, denn als Hauptmann der 4. Kompanie „ist man ja nicht ganz weg“. Und vergessen werden diese beiden Regenten ganz sicher nicht, denn sie gehen in die Geschichtsbücher ein. Noch nie repräsentierte ein Königspaar die Neheimer Jäger fünf Jahre lang.

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Aber es kam halt alles anders als es sich Ingo Kulling und Sonja Beringhoff und mit ihnen die ganze Welt im Sommer 2018 dachte. Dass ein Neheimer Königspaar - egal, ob von den Jägern oder Schützen - zwei Jahre das Zepter schwingt, ist aufgrund des regulären Zwei-Jahres-Rhythmus der Feste normal. Dann aber kam die Pandemie. Das Jägerfest 2020 musste ausfallen. Auch 2021 wurde nicht gefeiert. Im Jahr 2022 übernahmen dann noch einmal die Neheimer Schützen, so dass erst jetzt in 2023 wieder auf den Jägerstern geschossen wird.

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Für ein Königspaar im Schützenwesen sind fünf Jahre eine Ewigkeit. Auch wenn noch ein paar Jahrzehnte fehlen, avanciert Sonja Beringhoff zu einer Art „Queen Elizabeth“ des Jägervereins. Mit dem Unterschied: Sie wird am kommenden Montag nach dem Sternenschießen ab 9.30 Uhr am Fresekenhof und der Proklamation des neuen Jägerkönigspaares gegen 11 Uhr im Festzelt ganz feierlich abtreten. Und das ist wörtlich zu nehmen. „Wenn der neue König feststeht, dann werden wir feiern bis es nicht mehr geht“, sagen Ingo Kulling und seine Frau. Bis dahin wollen sie „ihr Fest“ in vollen Zügen genießen.

Die Erlebnisse und die Zeit als die Gesichter der Neheimer Jäger wollen beide nicht missen. „Wir haben so unheimlich viele verschiedene Königspaare und Menschen kennengelernt in dieser langen Zeit“, erzählt Sonja Beringhoff, „und sind in den fünf Jahren auch etwas älter geworden“. Die 51-Jährige blickt da auch auf die Tochter Coline, die als 14-jähriges Mädchen den Königsschuss ihres Papas erlebte und nun schon als junge Frau das Jägerfest mitfeiert. „Daran merkt man, was in der Zeit alles passiert ist“, so die medizinische Fachangestellte.

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Natürlich wurden auch Sonja und Ingo von den Jägern nicht gezwungen, so lange im Amt zu bleiben. „Natürlich hat man uns gefragt!“, sagt der König, „aber wir haben das erbarmungslos durchgezogen“. Und ließen eigentlich keine Kuriosität aus: So dauerte es vier Jahre, bis beide erstmalig im Neheimer Festzug durch die Stadt mitgehen konnten. Was schon 2019 beim Schützenfest hätte passieren sollen, fiel ins Wasser, weil der Festzug damals wegen Unwetter abgesagt worden war. Und selbst der „eigene Festzug“ nun wird um eine Anekdote bereichert, denn Sonja Beringhoff und ihr König werden nicht in der Kutsche fahren können. Das Pferdegespann ist zwar wieder mit dabei, doch das ganze hat einen Haken. „Ich habe eine Pferdehaarallergie!“, sagt die König. Und so geht es zu Fuß durch die Stadt. „Die Kutsche wäre auch schön gewesen, aber so sind wir halt noch näher an den Menschen dran“, gewinnt Ingo Kulling auch dieser Besonderheit dieser außergewöhnlichen Regentschaft etwas Positives ab.

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Überhaupt mögen die beiden es locker und drückten ihrer Amtszeit auch ihren Stempel auf. „Da hat jedes Königspaar bei uns neben den Regularien auch viel Freiraum zu gestalten“, erzählen sie. Es entstanden schöne und bewegende Aktionen: So während Corona, als das Königspaar bei einer „Jägerwanderung“ von Tür zu Tür zog und auf Distanz bei den Vereinsfreunden „Hallo“ sagte. Oder als es mit dem Hofstaat gemeinsam in ein Tonstudio ging, um eine CD aufzunehmen. Und da Ingo Kulling (59), der heute für eine Handelsgesellschaft für Kirche und Diakonie tätig ist, im früheren Leben Koch war, wurde der Jäger-Vorstand zum gemeinsamen Kochen eingeladen. „Das kann man seiner Amtszeit immer eine ganz individuelle Note geben“, so Sonja Beringhoff.

Auch auf der Schlussgeraden bleibt das Königspaar kreativ. Aktuell läuft eine Versteigerung „meines liebsten Königinnenkleides“. Darauf haben bereits ganz viele Menschen unterschrieben, die mindestens 2 Euro dafür spenden mussten. Der gesamte Erlös der Aktion wird dem ambulanten Hospizdienst „Sternenweg“ in Neheim zufließen. „Wir hatten wirklich viele verrückte Ideen“, so Ingo Kulling.

Jetzt aber ist Schluss - wenn nichts ganz außergewöhnliches schief geht, wenn der amtierende König am Montagmorgen seinen Ehrenschuss abgibt. „Dann halte ich natürlich auch voll drauf“, sagt er. Im Normalfall wird das nicht reichen, dass der Jägerstern frühzeitig von der Stange fällt. Und so wird dieser eine Moment vor fünf Jahren für Ingo Kulling und seine Frau einzigartig bleiben.

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„Ich habe es heute noch vor Augen. Der Stern fiel gefühlt wie in Zeitlupe“, erinnert sich Ingo Kulling. Und einzigartig sei dann das Gefühl gewesen, „wie ich am Nachmittag mit meiner Frau ins Zelt eingezogen bin“. So etwas vergisst man nicht. Für Königin Sonja war der Schützenfestzug im vergangenen Jahr einer der bewegendsten Momente. „Immer war ich nur Zuschauer - und nun ging ich zum ersten Mal überhaupt mit“, erzählt sie, „es ist schon beeindruckend, wie viele Menschen da am Rand stehen und einem zujubeln“.

Einer der Schlusspunkte unter einer Reihe von vielen ungezählten Terminen in den fünf Jahren wird am Sonntagmorgen der Kompaniefrühschoppen im eigenen Garten sein. Da werden rund 200 Gäste erwartet. Zum Schluss geht es dann für Ingo Kulling in den „King’s Club“ der Neheimer Jäger, wo er als Frischling unter den Ex-Königen aufgenommen wird. Hier werden die Tage dann nicht gezählt. Ex-König bleibt man für die Ewigkeit.