Neheim. Kontakte mit Schule aus dem britschen Scampton geknüpft. Kinder und Lehrer setzen ein Zeichen für die Versöhnung

Für Charlie Hebborn ist es eine waschechte Premiere. Der Engländer besucht mit seiner Frau Fiona zum ersten Mal das Sauerland. „Hier ist alles wunderschön grün und die Natur ist einfach beeindruckend“, erklärt er.

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Charlie Hebborn ist auf Mission, genauer gesagt auf Friedensmission. Zwar hat ihn eine Privatreise ins Sauerland geführt, und doch spielt auch sein Beruf eine Rolle bei der Stippvisite nach Neheim und an den Sorpesee. Er ist Lehrer an der „Scampton Church of England Primary School“. Scampton, in den sogenannten East Midlands unweit der Stadt Lincoln in England gelegen, ist die Heimat der sogenannten „Dambusters“. Also der Einheit der britischen Royal Air Force, die im Mai 1943 in der Operation „Chastise“ Möhne-, Eder und Sorpetalsperre bombardierten. Rund 1.400 Menschen starben allein bei der Möhneflut, die in diesem Jahr trauriges Jubiläum feierte. Auch 53 britische Soldaten starben bei den Luftangriffen, weil ihre Maschinen abstürzten oder durch die deutsche Luftabwehr zerstört wurden.

Trauriges Kapitel

Charlie Hebborn kennt die ganzen Berichte über dieses traurige Kapitel der europäischen Geschichte. „Mein Vater hat selbst im Zweiten Weltkrieg seine Brüder verloren. Die älteren Generationen sind geprägt von dieser Zeit. Umgekehrt war auch Scampton Ziel deutscher Luftangriffe“, erklärt er. „Wir Menschen der heutigen Zeit sind aber nicht verantwortlich für die damaligen Taten. Wir müssen nach vorne schauen und es in der Zukunft besser machen, mahnt der Pädagoge.

Von links: Schulleiterin Thekla Bock-Weitershagen, Charlie Hebborn mit Ehefrau Fiona und Meinolf Padberg haben gemeinsam dem Sorpedamm besichtigt. Auch hier kam es 1943 zu Bombardierungen durch die Briten.
Von links: Schulleiterin Thekla Bock-Weitershagen, Charlie Hebborn mit Ehefrau Fiona und Meinolf Padberg haben gemeinsam dem Sorpedamm besichtigt. Auch hier kam es 1943 zu Bombardierungen durch die Briten. © Eric Claßen

Umso glücklicher ist er deshalb über die Anfrage von Meinolf Padberg aus Neheim gewesen. Der pensionierte Pädagoge Padberg unterrichtet seit zwei Jahren an der Neheimer Grundschule Rote Schule. „Ich habe Charlie im Januar eine E-Mail geschrieben und für ein gemeinsames Friedensprojekt beider Schulen geworben. 80 Jahre nach der Möhnekatastrophe wollten wir ein Zeichen für Aussöhnung setzen“, erklärt Meinolf Padberg.

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Bei seinem Kollegen aus England rannte Padberg damit offene Türen ein. Es entstand ein reger Austausch. Zusammen mit Schülerinnen und Schülern der 3. und 4. Klasse sowie der neuen Schulleiterin Thekla Bock-Weitershagen wurde am 17. Mai ein Friedenszug durch Neheim geplant. Die Schulkinder beider Bildungseinrichtungen schrieben sich gegenseitig Briefe. „Höhepunkt war sicherlich ein gemeinsames Friedenslied, was zeitgleich in beiden Städten gesungen wurde und durch eine Videoliveschalte auch an beiden Orten mitverfolgt werden konnte“, erinnert sich Padberg. „Es hat sich eine direkte Verbindung zwischen den Schulen entwickelt. Das ist toll zu beobachten“, freut sich Hebborn.

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Bei seinem Besuch des Sauerlands konnte er auch an einer Lehrerkonferenz der Roten Schule teilnehmen. „Alle Lehrerinnen und Lehrer der Roten Schule haben sich dazu entschlossen, die Kooperation mit der ‘Scampton Church of England Primary School’ fortzusetzen und auszubauen. Nun liegt es an der Zustimmung der Eltern unserer Kinder in Neheim, ob dieser Weg beibehalten werden kann. Der Rückhalt der Schulkonferenz ist nötig, um das Projekt auszubauen“, sagt Schulleitern Thekla Bock-Weitershagen. Sie sei aber optimistisch, dass das möglich ist.

Geprägt durch britisches Militär

Die „Scampton Church of England Primary School” ist eine von zwei Schulen in der britischen Kleinstadt, die sich in der Nähe des Flugfelds der ehemaligen Luftwaffenbasis der Royal Air Force befinden. „Allein aus diesem Grund gehen wir sehr sensibel mit dem Thema um“, erklärt Charlie Hebborn.

Weltweit gebe es so viele Kriege und Konflikte, das Geschehen in der Ukraine sei nur ein Beispiel für viele weitere militärische Auseinandersetzungen, betont der englische Lehrer. „Wir sollten die Verbindung zwischen Neheim und Scampton nutzen, um einen positiven Weg aufzuzeigen. Unsere Kinder sind die Entscheider der Zukunft. Deshalb müssen wir gute Vorbilder sein.“ Auch in seiner Heimat erkenne Hebborn den Wunsch nach Versöhnung mit den Deutschen.