Hüsten. Die Arnsberger Tafel hilft Menschen in Not mit Lebensmitteln und Co. Im Interview spricht Ewald Hille zum Teamwork und zu den Herausforderungen.

Die Arnsberger Tafel hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen in Not mit Lebensmitteln, Aufmerksamkeit und mit Solidarität zu unterstützen. Mit dieser Zeitung sprach der Vorsitzende Ewald Hille über persönliche Intentionen, ehrenamtliches Teamwork und zeitlose Herausforderungen.

Wie lange sind Sie bereits für die Arnsberger Tafel aktiv?

Den Vorsitz habe ich nun seit einem Jahr. Davor war ich drei Jahre lang zweiter Vorsitzender zusammen mit Stephan Blefgen. Als Peter Hoscheidt dann so krank wurde, habe ich nach und nach schon gewisse Aufgaben übernommen und bin dann so in diese Funktion gekommen. Dann kam die Corona-Zeit.

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Was bedeutete die Corona-Pandemie für Sie und Ihr Ehrenamt?

Ich habe versucht, das Beste daraus zu machen. Da ich mich jedoch auch ein wenig zu den vulnerablen Gruppen zähle, habe ich mich aus dem Betrieb, der anfangs ja noch auf der Möhnestraße war, herausgehalten und im Hintergrund gearbeitet – von zu Hause aus. Beispielsweise auch die Vorstandssitzungen geleitet, die damals im Rathaus durchgeführt wurden. Da hatten wir mehr Platz. In dieser Zeit hat Stephan Blefgen herausragende Arbeit geleistet.

Als Pensionär denkt man doch oft ans Reisen, ans Relaxen - nach dem langen Arbeitsleben. Was ist Ihre Intention, sich in diesem „ehrenamtlichen Betrieb“ zu engagieren?

Ja, das ist richtig. Ich war schon immer ein aktiver Mensch. Über 30 Jahre habe ich mich politisch eingebracht – im Rat der Stadt Arnsberg. Den Sitz habe ich damals abgegeben, um auch den jüngeren politisch Engagierten die Chance zu geben. Der Bürgermeister sprach mich dann an, ob ich mich nicht bei der Arnsberger Tafel einbringen wolle. Das tat ich. Damals stand der Umzug von der Möhnestraße zum jetzigen Standpunkt auf dem Plan. Das ist auch vollkommen in Ordnung für mich. Ich engagiere mich gerne auf sozialer Ebene. Und wir sind einfach ein tolles Team hier - ein tolles Miteinander.

Wie viele ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind aktuell aktiv?

Wir arbeiten an allen drei Ausgabestellen mit etwa 130 Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler. Manche sind ein Mal die Woche aktiv, manche mehrere Male. Es ist also auch immer wieder eine Herausforderung, Dienstpläne durch die jeweils in der Verantwortung stehenden Mitarbeitenden zu stellen und dafür zu sorgen, dass eventuelle personelle Ausfälle ausgeglichen werden.

Und wie viele Menschen kommen aktuell zu den drei Ausgabestellen der Arnsberger Tafel?

Bis vor einem Jahr hatten wir etwa 1800 Kundinnen und Kunden. Durch den Krieg in der Ukraine sind etwa 900 dazugekommen, so dass wir jetzt bei etwa 2700 sind.

Das bedeutet aber auch einen erhöhten Bedarf an Nahrungsmitteln. Wie managen Sie diesen?

Das ist schon eine wahnsinnige Leistung, die hier vom gesamten Team vollbracht worden ist. Insbesondere von der Kundenverwaltung. Anni Künkenrenken hat teilweise auch samstags hier gesessen, um die Kundenbescheinigungen inkl. der Kriterien (Einzelperson, Familie mit wie vielen Mitgliedern) etc. ins System einzupflegen. Bezüglich der Ware hatten wir natürlich auch mal Zeiten, wo es nicht so viel gab. Wir haben dann Aufrufe gestartet und superviele Lebensmittelspenden aus der Bevölkerung bekommen. Auch haben wir ein gutes Verhältnis zum Sankt-Ursula-Gymnasium. Die haben dann schulintern auch beispielsweise einen Aufruf gestartet und sehr viele haltbare Lebensmittel gespendet. Aber auch das Laurentianum und viele andere Schulen und Kindergärten waren für uns aktiv.

Wie sieht die Versorgungslage aktuell aus?

Wir haben natürlich immer mal Zeitpunkte, an denen wir weniger Lebensmittelspenden bekommen. Aber auch dann sorgen wir dafür, dass die Menschen abwechslungsreiche Lebensmittel bekommen. Wir können dann auch über die Zentrale Tafel Waren aus dem Großlager beziehungsweise aus anderen Tafeln beziehen. Das klappt in der Regel sehr gut. Februar/März zum Beispiel haben wir immer eine kleine Flaute.

Holt die Tafel Lebensmittel selber ab oder wird sie von Geschäften beliefert?

Ja, wir haben eigene Fahrer, die sogar samstags (also 6 Tage die Woche im Wechsel) fahren, um Lebensmittel abzuholen und dann an das ebenfalls auch samstags aktive Sortierteam zu übergeben, die dann alles in unserem Lager sortieren. Es steckt eine Wahnsinnslogistik hinter der Arnsberger Tafel. Das glaubt man manchmal gar nicht.

Wie halten Sie die Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei Laune? Schließlich steckt eine Menge handfeste Arbeit hinter diesem Ehrenamt.

Wir sind alle mit Herz und Seele dabei. Und viele unserer Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler sind selbst bereits im Rentenalter und nutzen es auch, um soziale Kontakte zu halten, sich auszutauschen und etwas Gutes zu tun. Natürlich achten wir auch darauf, dass niemand körperlich überlastet wird. Wenn also jemand nicht schwer heben kann oder darf, schauen wir, welche anderen Aufgaben er/sie übernehmen kann. Das ist uns wichtig, eben weil es ein Ehrenamt ist und alle es freiwillig machen.

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Und die seelische Belastung? Ist es nicht manchmal schwierig, wenn man die Menschen vor sich hat, die in Not sind?

Ja, das ist es. Aber am Ende des Tages sehen wir auch, wen wir aktiv helfen konnten. Es ist ein tolles Gefühl, dies zu sehen. Auch, wie sehr unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihren Aufgaben aufgehen - trotz manchmal schwieriger Umstände.

Von welchen Umständen sprechen Sie?

Manche Kundinnen und Kunden sind sehr anspruchsvoll - vergleichen uns mit Lidl, Aldi und Netto, inklusive der Servicevorstellungen. Da dann auch oftmals noch sprachliche Barrieren hinzukommen, sind wir teils auch auf Dolmetscherinnen der Stadt angewiesen, die dann erklären, was die Arnsberger Tafel ist. Nicht immer einfach - aber auch das gehört dazu.