Neheim. Der Neheimer Markt als Hot-Spot für Jugendgewalt? Nach der Schlägerei im April wird die Stadt Arnsberg nun aktiv: Das sind die Maßnahmen.

„Man trifft sich dort, wo man wahrgenommen wird und selbst etwas wahrnehmen kann“, sagt Arnsbergs Bürgermeister Ralf Paul Bittner, „das spricht erst einmal für die Örtlichkeit. Dafür, dass dort was los ist.“ Das sei nicht nur am Neheimer Markt der Fall, sondern auch an vielen anderen Orten in den Arnsberger Ortsteilen. Er bezieht sich dabei auf die Treffen Jugendlicher, die insbesondere durch die Schlägerei am 4. April wieder zum öffentlichen Diskussionsthema geworden sind.

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„Das haben wir zum Anlass genommen, in einer Arbeitsgruppe im Fachgespräch einmal zu schauen, was genau dort passiert ist“, so Michael John, Leitung des Jugendamtes der Stadt Arnsberg, „und was man ggf. tun kann, um Dinge in die richtige Richtung zu bewegen.“ Das Expertenteam habe festgestellt, dass es schon verschiedene Gruppen Jugendlicher gebe, die auch über das normale Maß von Müll herumwerfen oder Lärmbelästigung hinaus auffällig – und zum Teil auch straffällig – würden.

„Das ist aber jetzt kein neues Phänomen“, so Michael John weiter, „das gab es schon immer. Deswegen gibt es auch im Jugendamt zweieinhalb Kräfte, die im Jugendhilfestrafverfahren arbeiten. Wenn dann Anzeigen vorliegen, beschäftigen die sich damit und begleiten die Jugendlichen.“

Strafunmündige bereiten Sorge

Jetzt in der aktuellen Situation könne man jedoch sagen, dass man sich bestimmten Jugendlichen noch einmal intensiv widmen wolle. Gemeint sind sogenannte „gefährdete Jugendliche“. Eben Kinder und Jugendliche, die – salopp gesagt – kurz davor stehen, straffällig zu werden. „Uns ist aufgefallen, dass auch die sogenannten nicht-strafmündigen Kinder und Jugendlichen Sorge bereiten“, sagt Michael John. Eben jene, die genau wissen, dass sie noch keine 14 Jahre alt sind und deshalb gern über die Stränge schlagen. „Wir haben jetzt im Jugendamt beschlossen, dass Kinder und Jugendliche bei Meldungen durch die Polizei ans Jugendamt automatisch einen Besuch des Allgemeinen Sozialen Dienstes erhalten“, so der Jugendamtsleiter, „sollte dies erfolglos sein, wird auch das Familiengericht eingeschaltet – zur Ausübung eines erzieherischen Gesprächs.“

Damit soll den Kindern und Jugendlichen auch klargemacht werden, wo ihre Grenzen liegen. Des Weiteren sei natürlich auch die Polizei am Ball. Diese insbesondere durch vermehrte Kontrollen in den „subjektiven Angsträumen“, wie am Neheimer Markt oder auch beispielsweise am Feauxweg/Gebrüder-Apt-Platz.

Wenige Jugendintensivtäter

„Wir sprechen hier über Jugendliche einer Altersstruktur, die über die verschiedensten sozialen Kanäle vernetzt sind“, erklärt Olaf Wiesenberg, Leiter der Polizeiwache Arnsberg in Hüsten, „als jugendliche Intensivtäter wird bei uns nur eine einstellige geringe Zahl geführt.“ Diese Jugendlichen sollen in ein ausgearbeitetes Programm kommen, an dem die Kriminalbeamten derzeit arbeiteten. In dem ein oder anderen Fall würde es auch Sinn ergeben, mal einen Jugendarrest zu verhängen – dies bearbeiteten Jugendstrafermittler der Polizei in Zusammenarbeit mit einem Jugendstaatsanwalt und einem Jugendrichter.

Alle anderen Jugendlichen, die ggf. als „gefährdet“ gelten, sollen über die Zusammenarbeit mit dem Arnsberger Ordnungsamt und insbesondere den Familien- und Jugendeinrichtungen bzw. Institutionen der Stadt Arnsberg „auf den richtigen Weg“ gelotst werden.

Verstärkter Fokus auf Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren

Hierzu gehört unter anderem auch, dass ein verstärkter Fokus auf die strafunmündigen Kinder und Jugendlichen durch die Jugendhilfe im Strafverfahren und dem Allgemeinen Sozialen Dienst gelegt wird und eine verstärkte Unterstützung gefährdeter Jugendlicher in ihrer schulischen und beruflichen Entwicklung greifen soll. Aktuell laufe auch eine Abstimmung von Sportangeboten und erlebnispädagogischen Angeboten der Zielgruppe entsprechend.

Mittelfristig soll ein Konzept „Gewaltprävention Jugend“ erarbeitet werden – und dies bis 2024. Kurzfristig soll eine Fachgruppe und eine Präventionsgruppe „Jugendgewalt“ initiiert werden.

Ein reines Wegjagen funktioniere nicht. „Ich habe das in Sundern einmal gemacht – Parkbank abgebaut und Wlan ausgestellt“, so Olaf Wiesenberg, „dann waren die Jugendlichen weg – vom Platz weg.“ Träfen sich dann aber an einem anderen Ort wieder. Das „Problem“ löse man dadurch also nicht. „Es gibt auch nicht die eine Lösung, die eine richtige“, so Michael John, „wir können die Jugendlichen nur da abholen, wo sie jetzt stehen, indem wir ausprobieren, was funktioniert.“

Interkulturelle Unterstützung inbegriffen

Um auch Kinder und Jugendliche wie auch ihre Eltern aus migrierten Familien erreichen zu können, soll der Integrationsrat der Stadt Arnsberg eine wichtige Schlüsselrolle spielen. „In meiner Funktion als Schnittstelle zwischen dem Integrationsrat und der Stadt Arnsberg habe ich auch mit Samawal Karkoutly (Vorsitzender des Integrationsrats) gesprochen“, sagt Michael John, „dieser hat seine Unterstützung zugesagt – zum Beispiel, um mit den Eltern zu sprechen.“

Videoüberwachung wird im Ausschuss beraten

Insgesamt hat auch der Ausschuss für Sicherheit, Ordnung und allgemeine Bürgerdienste die zunehmende Anzahl von Vandalismusschäden, Bedrohungen, Angriffe und Körperverletzungen, Diebstähle, Handel mit Betäubungsmitteln, illegale Straßenrennen und die Vermüllung im öffentlichen Raum im Blick.

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Den zunehmenden Wunsch aus der Öffentlichkeit, vielerorts Videoüberwachungen einzusetzen, kann jedoch aktuell nicht nachgekommen werden – hier spielen die Wahrung von Persönlichkeits- und Freiheitsrechten eine größere Rolle. Was die temporäre Videoüberwachung der „Hot-Spots“ beträfe, würde jedoch geprüft, ob nach weiteren Auswertungen und Beurteilungen der Polizeibehörde eine datenschutzkonforme Videoüberwachung möglich sei.