Hüsten. Hüstener Urgestein Agnes Scharnowski feiert heute einen besonderen Geburtstag - denn sie wird 95 Jahre alt. Warum sie „gut durchgekommen“ ist.
„Das war eine ganz andere Zeit“, resümiert Agnes Scharnowski ihre Kindheit und Jugend. Das Hüstener Urgestein feiert heute seinen 95. Geburtstag. „Wenn de da irgendwo ‘nen Bütterchen krich’tes, das war was.“ Geboren auf der Breddestraße 1928 zwischen den beiden größten Weltkriegen wächst sie auf der „Moosfelder Straße“ (heute: Brückenstraße) auf. „Wir hatten nie viel Geld“, sagt sie, „meine Mutter musste jeden Pfennig dreimal umdrehen.“
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Als sie elf Jahre alt ist, beginnt der zweite Weltkrieg - und damit auch die Tatsache, dass das Geld keine Rolle mehr spielt. Es sind die Lebensmittelmarken, die jetzt einen hohen Stellenwert im Leben des damals jungen Mädchens einnehmen sollen. Mit 13 Jahren beginnt sie nach dem Pflichtjahr ihre Lehre als Verkäuferin, arbeitet viele Jahre mal hier und mal dort. „Irgendwann hab’ ich dann bei Trilux angefangen“, sagt Agnes Scharnowski, „und da habe ich auch meinen Mann kennengelernt.“
1954 heiratet das Paar - denn es gibt eine städtische Förderung zum Hausbau. „Wir hatten beide kein Geld“, sagt sie und lächelt. 32.000 Deutsche Mark seien damals eine horrende Summe gewesen. Ihr Mann habe im Haus viel selbst gemacht. Vier Kinder zieht das Paar groß - Michael (63), Beate (62), Martin (61) und Verena. Vorwiegend versorgt von Agnes Scharnowski. „Ich habe rund um die Uhr gearbeitet - es gab immer etwas zu tun.“
Jahrelang aktiv in Hüsten
Denn neben der Familie kümmert sich Agnes Scharnowski auch um gesellschaftliche Zusammenhalte - ist in Vereinen aktiv, insbesondere in der KAB St. Petri (Silberjubiläum 2011) und geht wochenends regelmäßig mit Menschen mit Behinderung schwimmen. Heute leben zwei ihrer Kinder in Kanada - und auch, wenn Beate aus beruflichen Gründen leider nicht herkommen kann, so ist Michael bereits seit ein paar Tagen da.
Denn heute wird gefeiert. „Nur mit der Familie“, sagt Agnes Scharnowski, „alles andere wird mir zu viel.“ Sie spielt auf ihr Alter an - und darauf, dass sie gesundheitlich nicht mehr so fit sei. Der Kopf spricht die eine Sprache - der Körper eine andere. Noch einmal jung sein? „Jugendlich möchte ich heute nicht sein“, sagt sie ganz klar, „das Leben von heute ist nix für mich.“ Die Gemeinschaft habe sich entzweit. Junge Menschen gingen teils aufeinander los. Und alles Mögliche würde einfach so weggeschmissen. „Manchmal vergleicht man ja“, sagt sie, „wer früher gelebt hat, hat mehr kämpfen müssen. Man hatte Hunger.“
Powerfrau und Macherin aus Hüsten wird 95 Jahre
Die Amerikaner hätten einem sogar Zigaretten geschenkt - gegen das Hungergefühl. „Da haben wir geraucht.“ Doch Agnes Scharnowski will sich nicht beschweren. „Das Wichtigste ist, dass man gesund bleibt, nich?“
Und das Schönste sei doch, ihre Kinder, ihre fünf Enkelkinder und drei Urenkelkinder wachsen zu sehen. Denn Agnes Scharnowski ist nicht nur Großmutter, sondern auch Urgroßmutter. „Ich freue mich riesig, wenn die Kinder hier sind“, sagt sie, „doch dann braucht mein Körper auch wieder eine Pause.“
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Heute lebt die einstige Powerfrau und Macherin gemächlich. Schläft bis zehn Uhr in der Früh, frühstückt ausgiebig und schaut abends schöne Natur-Dokus. „Nach Krimis kann ich nicht schlafen.“ Und auch, wenn sie liebend gern mal wieder im Garten arbeiten oder die Fenster putzen würde, so weiß sie: „Das Leben ist einfach anders als früher; das kann man nicht ändern, nur annehmen und dankbar sein“.