Neheim. In Neheim entsteht eine neue Anwaltskanzlei, die sich in das historische Stadtbild einfinden soll. Was sich dahinter verbirgt, lesen Sie hier.
Manchmal sind es die Dinge, die noch nicht da sind, über die mehr gesprochen wird als über die Dinge, die schon existieren. In gewisser Weise trifft das auch auf den Hausneubau in der Burgstraße 10 in Neheim zu. Dort lässt die Anwältin Dr. Christine Lanwehr derzeit eine Kanzlei errichten.
Jetzt ist der Bau einer Kanzlei grundsätzlich nichts Besonderes, doch das Umfeld und die Art und Weise wie dieses Bürogebäude entsteht, sorgt dann doch dafür, dass die Angelegenheit zum Teil kritisch beäugt wird. Die Burgstraße befindet sich mitten im Historischen Strohdorf.
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„Ich habe direkt in Gesprächen noch keine persönliche Kritik erfahren, aber ich weiß, dass es in den sozialen Medien Anfeindungen mir gegenüber gab, weil ich das Vorgängergebäude habe abreißen lassen“, erklärt die erfahrene Juristin. „Das alte Gebäude hatte einen schweren Wasserschaden und war so marode, dass man es nicht mehr restaurieren und erhalten konnte“, verteidigt sich Lanwehr.
Eine digitale Anwaltskanzlei
Die gebürtige Neheimerin wohnt in der Straße und will künftig ganz in der Nähe ihrer Arbeit nachgehen. Sie führt eine digitale Anwaltskanzlei für Erbrecht und möchte mit dem Neubau gewissermaßen ihre eigene Arbeit darstellen. Aus diesem Grund nahm Christine Lanwehr auch vor zwei Jahren Kontakt mit dem Architekten Dietmar Riecks auf, der in Bochum arbeitet, selbst aber auch aus Neheim stammt.
„Für mich ist das Projekt eine große Herausforderung und sehr spannend. Hier wird nicht einfach auf der grünen Wiese völlig frei gebaut, hier soll ein Gebäude entstehen, dass sich der Umgebung mit den alten Häusern anpasst. Deshalb wird hier wie bei den historischen Bauten auch eine Holzrahmenbauweise verwendet. Doch statt des Fachwerks wird eine Wärmedämmung eingesetzt“, erklärt der Architekt.
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Bevor die Baumaßnahmen starten konnte, suchten Bauherrin und Architekt Kontakt mit verschiedenen Gruppen und Institutionen. Mit der Unteren Denkmalbehörde und der Stadt Arnsberg gab es eine rege Kommunikation. „Transparenz war mir von Anfang an sehr wichtig“, macht Christine Lanwehr deutlich.
Kontakt nahm sie auch zum Heimatbund Neheim-Hüsten auf. Anfang des Jahres stellte sie das Neubauprojekt und die Idee dahinter vor. „Natürlich war ich etwas nervös, weil ich nicht wusste, wie man meine Präsentation aufnehmen würde“, so Lanwehr. Doch die Sorgen verflogen schnell, weil die Mitglieder des Heimatbunds der Idee aufgeschlossen und freundlich begegneten. Karl-Georg Wuschansky, Heimatbund-Mitglied und Ortsheimatpfleger, sagt: „Wir sind sehr erfreut darüber, wie offen Frau Lanwehr mit uns darüber gesprochen hat. Das ist keinesfalls selbstverständlich. Der Bauherr, der aktuell in der Mendener Straße den Neubau hochziehen lässt, hat so etwas beispielsweise leider nicht gemacht!“Positiv wurde auch registriert, dass das Konzept zum Hausneubau in der Burgstraße in den Denkmalpflegeplan „Historisches Strohdorf“ aus dem Jahr 2014 passt, an dem auch der Heimatbund beteiligt war. „Das hat uns angenehm überrascht“, verrät Wuschansky.
Obergeschoss soll vielleicht vermietet werden
Im Erdgeschoss des Neubaus soll die Kanzlei eingerichtet werden, im Obergeschoss entstehen Räume, die möglicherweise vermietet werden. Auch bei der Energieversorgung hat sich Christine Lanwehr gemeinsam mit Architekt Dietmar Riecks Gedanken gemacht. „Durch Photovoltaik soll der Strom erzeugt werden, mit dem dann die Wärmepumpe betrieben wird. Aufgrund des wenigen Platzes war die Nutzung von Geothermie an dieser Stelle gar nicht so einfach“, unterstreicht Riecks.
Dass man trotzdem klimaneutral bauen könne, sei eine tolle Sache und durchaus aus als Vorbild für weitere Neubauten in Neheim zu verstehen. „Wir müssen die Innenstädte wandeln. Statt Leerstände benötigen wir neue Ideen, um andere Funktionalitäten in der City zu schaffen“, so Riecks. Bei der Auswahl der beteiligten Firmen achteten Architekt und Bauherrin bewusst darauf, dass lokale Firmen zum Zug kamen. Auch dies sei Zeichen für Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Die Kanzlei soll nach Fertigstellung einen Dreiklang ausstrahlen. „Zum einen soll die Innenstadtlage die Nähe zu meinen Mandanten symbolisieren. Die modernen Aspekte des Baus stehen für die Digitalität in der Kanzlei und die alte Struktur durch die Holzrahmenbauweise drücken das alte Rechtsgebiet des Erbrechts aus“, verdeutlicht Christine Lanwehr.
Lediglich die erdberührten und brandschutzklassifizierten Bereiches des Gebäudes bestehen aus Stahlbeton, der Rest ist als Holzbaukonstruktion geplant. Verglasungen sind als Dreifachglas mit Wärmeschutzfunktionalität sowie, nach spezifischer Anforderung, mit Sonnenschutzfunktionalität vorgesehen, erklärt das zuständige Architektenbüro Banz und Riecks.
Wenn alles normal verläuft, soll das Gebäude im Herbst fertiggestellt werden. Wie groß die Kosten hierfür sind, möchte Bauherrin Christine Lanwehr nicht verraten. Nur so viel deutet sie an. „Wenn ich auf der grünen Wiese eine Kanzlei gebaut hätte, wäre es nicht aufwendig geworden. Aber ich wollte das so, um auch näher an meiner Familie und meinen Mandanten zu sein.“