Neheim. Sind, insbesondere männliche, Schüler mit Migrationshintergrund wirklich respektlos? Die Erfahrungen von Lehrkräften aus Neheim für Deutsch.
Ein jugendlicher Syrer, der einer Fünftklässlerin in der Pause die Jacke zumacht, damit sie bei der Kälte nicht erkrankt - bei Weitem kein „paschamäßiges“ Verhalten eines arabischen Jungen. Im Gespräch mit der Lehrerinnen- und Lehrercrew des DaZ-Unterrichts (DaZ: Deutsch als Zweitsprache) der Agnes-Wenke-Sekundarschule in Neheim stellt sich schnell heraus: Die Jugendlichen sind überwiegend respektvoll, zuvorkommend und sensibel.
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37 Schülerinnen und Schüler lernen aktuell an der AWS Deutsch als Zweitsprache - unterrichtet von einem mehrköpfigen Team, das sich abwechselnd um den täglichen Deutschunterricht kümmert. Jede und jeder Lernende erhält ein DaZ-Buch sowie einen Arbeitsbaustein, der seinem Sprach- und Lernniveau angepasst ist. Kinder und Jugendliche, die alphabetisiert werden müssen, erhalten individuelle Lernmaterialien und eine intensivere Unterstützung.
Individuelles Lerntempo im Unterricht für Deutsch als Zweitsprache
„Auf diese Art und Weise lernen die Schülerinnen und Schüler in ihrem eigenen Tempo“, sagt Susanne Stegmann, erfahrene DaZ-Lehrerin, „vor allem aber auch individuell.“ Denn die Lernmaterialien können während der Lernphase angepasst, ausgetauscht und weiter individualisiert werden.
Neben dem reinen Deutschunterricht unterstützen die Lehrkräfte die Kinder und Jugendlichen bei ihrer Integration im schulischen wie auch außerschulischen Kontext.
Passgenaue Hilfe
Als Stadt Arnsberg und Jugendhilfe arbeiten wir über die Schulsozialarbeit und Sprachlernbegleitung eng mit den Schulen zusammen.
Benötigen die Schulen insofern Unterstützung bei bestimmten Herausforderungen, können wir passgenaue Angebote vermitteln.
Über mangelnden Respekt ihnen gegenüber kann sich das „DaZ-Team“ nicht beschweren. Ganz im Gegenteil. „Die Jungs tragen uns auf Händen“, sagt Ruleya Katalane, Lehrkraft für Deutsch als Zweitsprache, „sie halten uns den Schirm bei Regen, tragen unsere Taschen oder rücken uns den Stuhl zurecht.“ Dies seien nur Beispiele für das zuvorkommende und höfliche Verhalten, insbesondere der männlichen Schüler aus den verschiedensten Ländern. Auch untereinander gingen sie sehr respektvoll und sozial miteinander um - und seien sehr sensibel.
Neheim: Einzelfälle gibt es immer und überall
Susanne Stegmann, die auch in Regelklassen unterrichtet, erkennt keine großen Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund oder ohne. „Die schulische Integration der Kinder und Jugendlichen läuft gut“, sagt sie, „die Integration der Elternhäuser ist jedoch nicht direkt unsere Aufgabe, sondern eher eine der gesamten Gesellschaft.“
Sie berichtet von einem speziellen Fall, in dem der Vater ein „echter Pascha“ sei, sich also zu Hause von vorne bis hinten bedienen ließe und auch gar nicht mit weiblichen Lehrkräften sprechen wolle. Der Sohn, einer der DaZ-Schüler, jedoch sei das absolute Gegenteil. Er halte sich an Regeln, sei immer freundlich und fühle sich in der Schule auch sichtlich wohl.
Langjährige Erfahrung im Deutschunterricht
„Dieser Schüler lebt jedoch im Zwiespalt“, so Susanne Stegmann, „zu Hause gemäß familiärer Prägung und hier im schulischen Gefüge.“ Eher dieser Umstand bereite ihr Sorge. Sorge, dass dieser und ggf. auch andere Jugendliche, die in ähnlichen Zwiespalten lebten, mit diesen nicht klarkämen und in Folge dieser Unsicherheit „auf die schiefe Bahn“ gerieten. Einzelfälle, wie dieser, gebe es immer und überall, keine Frage - jedoch könne dies nicht pauschalisierend ins Negative gezogen werden.
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Ebensolche Situationen zu bewältigen, gelinge ausschließlich über „persönliches Engagement“. Dies beweise sich aus den Erfahrungen der letzten Jahre heraus - denn der Deutschunterricht für geflüchtete Kinder und Jugendliche findet an der AWS bereits seit Februar 2016 statt, wie an vielen weiteren Schulen im Arnsberger Stadtgebiet auch. Letztendlich seien Elterngespräche immens wichtig, notfalls mit einem Dolmetscher oder einer Dolmetscherin.