Arnsberg/Hannover. Thomas Vielhaber war 29 Jahre in Arnsbergs Verwaltung tätig. Mittlerweile krempelt er als Baurat die niedersächsische Landeshauptstadt um
Der Arnsberger Thomas Vielhaber ist seit 1. November 2020 Stadtbaurat der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover. Zuvor hat er maßgeblich die Stadtentwicklung in Arnsberg mitgeprägt und galt als kompetenter Bau- und Planungschef der Stadtverwaltung.
Haben Sie den Wechsel vom „Land“ in die Großstadt schon einmal bereut?
Nein. Meine Zeit in Arnsberg war sehr gut und ich konnte einiges bewegen. Aber die neuen Herausforderungen in Hannover sind so spannend, dass ich jetzt ausschließlich nach vorn schaue.
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Sie waren 29 Jahre für die Stadt Arnsberg tätig, zuletzt als verantwortlicher Dezernent. Vermisst man da nicht Kollegen, Freunde und Region und verläuft sich mitunter im „fremden“ Rathaus?
Ich bin mittlerweile – trotz Corona – sehr gut in der Stadt angekommen, habe viele Menschen kennengelernt und bin über meinen engsten Mitarbeiterstab immer gut orientiert, innerhalb und außerhalb der Verwaltung. Und wenn ich Kontakt suche in meine Netzwerke in Arnsberg und NRW, finden sich dafür immer Gelegenheiten - und sei es auf digitalem Wege.
In Arnsberg waren Sie einer der Vorreiter für einen Verkehrsmix mit vielen Fahrradwegen. Dieses Ziel haben Sie sich auch für Hannover gesteckt. Kommen Sie da gut voran oder ist dort, in der Stadt des ehemaligen Auto-Kanzlers, die Entscheidungsfindung wesentlich komplizierter?
Es gibt in Hannover klare Ratsaufträge in Sachen Klimaschutz und Verkehrswende, aber auch zur Innenstadtentwicklung. Es geht also nicht um das Ob, sondern um das Wie. Natürlich wird in Politik und Öffentlichkeit darüber gestritten, wenn für die radial aus dem Stadtzentrum in die Stadtteile verlaufenden Velorouten zahlreiche Parkplätze wegfallen. Oder wenn die Innenstadt weitgehend autofrei werden und das Parken im öffentlichen Raum zugunsten anderer Nutzungen nach und nach verschwinden soll. Andererseits haben neue Ansätze, z.B. die Planungen zur neuen fahrradfreundlichen „Wasserstadt Limmer“ mit rund 1200 Wohnungen auf einer ehemaligen Industriefläche, für die rund 5000 Fahrradabstellplätze, ein Mobilitäts-Hub, eine neue Buslinie und Planungen zum Stadtbahnanschluss vorgesehen sind, große Akzeptanz. Aber auch hier gibt es genügend Diskussionsstoff.
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Sie wollten in Hannover auch die Bürgerbeteiligung bei stadtplanerischen Projekten optimieren. Greifen Sie dabei auch auf Ihre Erfahrungen aus Arnsberg wie beispielsweise bei der Umgestaltung des Brückenplatzes zurück?
Ja, denn das Handwerkszeug ist weitgehend das gleiche. Es sind in Hannover aber oft länger dauernde, planungsbegleitende Prozesse mit viel stärker institutionalisierten Interessengruppen, die ihre Mitwirkung auch aktiv einfordern.
Welche wichtigen Lehren und Erfahrungen haben Sie aus Ihrer langjährigen Tätigkeit in Arnsberg mit ins Niedersächsische nehmen können, wo gerüchteweise die Menschen mitunter noch dickschädeliger sein sollen als im Sauerland?
Ich habe gelernt, dass vor allem langfristige Strategien und Konzepte helfen, die aktuellen und erkennbaren großen Herausforderungen zu bewältigen, z.B. im Kontext zu den Themen Wohnen, Verkehr, Infrastruktur. Konkret bedeutet das: gut planen, in Politik und Öffentlichkeit vermitteln und erklären, aber immer auch fachlich tragfähige Kompromisse zu suchen. Und dickköpfig sind die Menschen hier nach meinem Eindruck überhaupt nicht.
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Wo liegen in einer gut 550.000 Einwohner zählenden Stadt die besonderen Herausforderungen für Sie?
Natürlich in der Größenordnung: z.B. ist das Gebäudemanagement in meinem Dezernat mit allein über 400 Mitarbeitenden u.a. für rund 1000 städtische Schul- und Kita-, Sport- und Kultur- sowie Verwaltungsgebäude verantwortlich, von denen viele jetzt saniert, erweitert oder auch neu gebaut werden müssen. Jährlich investieren wir nur in diesem Bereich rund 120 Millionen Euro. Welche Schwierigkeiten das in Zeiten ungeahnter Preisentwicklungen mit Lieferengpässen mit sich bringt, kann sich jeder vorstellen. Gleichzeitig wächst die Stadt weiter – im letzten Jahr um 8.000 Menschen auf mehr als 550.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Wir schaffen neue Baurechte hauptsächlich auf Konversionsflächen und im Bestand, erteilen jährlich Baugenehmigungen für mehr als 2.000 Wohnungen – und dennoch wird bezahlbarer Wohnraum immer knapper. Zusammen mit der Wohnungswirtschaft und der Politik stimmen wir gerade weitere Instrumente zur Wohnraumschaffung ab und haben auch ein eigenes städtischen Wohnraumförderprogramm aufgelegt.
Wenn Sie zurück auf Arnsberg blicken: Gibt es etwas, was Sie gerne noch in ihrer Funktion als Stadtplaner realisiert hätten?
Die Innenstadt- und Stadtteilzentrenentwicklung, die Zuordnung der öffentlichen Infrastrukturen und „neues Wohnen“ sind die Themen, die ich sicher gern weiterbearbeitet hätte.
Gibt es besondere private Pläne für die Zukunft?
Meine Wahlperiode beträgt acht Jahre. In den nächsten knapp sechs Jahren möchte ich neben der Arbeit noch ganz viel von der Stadt erfahren, die ein so breites kulturelles und gesellschaftliches Angebot hat. Was danach kommt, werden wir sehen ….