Arnsberg. Paprikasoße oder Schokokuss. Diskussionsstoff, weil die vorherigen Bezeichnungen rassistisch sind. Was der Arnsberger John Vijenthiran dazu sagt.

M-Wort, N-Wort, Z-Wort - alles rassistische Wörter, die jeder kennt und niemand (ohne entsprechende Intention) auszusprechen vermag. Wörter, die verletzten, ausgrenzen, enthumanisieren und auf rassistisches Gedankengut zurückzuführen sind. Dabei wurde das Z-Wort stark diskutiert. Während viele Menschen in Deutschland nicht verstehen (wollen?), warum die Z-Soße nun „Paprikasoße ungarischer Art“ heißt, scheint es beim „N-Kuss“, der im Jahr 2005 zum Schokokuss oder Schaumkuss umbenannt wurde, etwas klarer zu sein.

Jemand, der mit genau diesem Namen für das Gebäck aufgewachsen ist, ist der Arnsberger John Vijenthiran. Der 37-Jährige hat das Wort „N-Kuss“ niemals verwendet. Sah es jedoch auch nicht als Beleidigung ihm gegenüber an, wenn Kumpels es benutzten - außer, es zielte eben direkt auf ihn ab. Denn er sagt: „Die Mimik, der Kontext und die Intention spielen eine wesentlich größere Rolle als die Worte selbst.“

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John Vijenthiran erlebte in seiner Kindheit und Jugend, wie er selbst beschreibt, keinen direkten Rassismus. Er spricht der Stadt Arnsberg daher auch kein Rassismusproblem zu. Und dennoch habe sich seine Situation ein wenig verändert. Seit der berüchtigten Silvesternacht 2016 sei auch er auf der Straße „schräg“ angesehen worden, sei auch er wieder „der Ausländer“ gewesen. Plötzlich sei er gefragt worden, ob er Deutsch spreche. Natürlich spricht der verheiratete Familienvater Deutsch, denn schließlich wuchs er in Arnsberg auf.

Solchen Fragen misst er jedoch ausschließlich dann eine gewisse Bedeutung zu, wenn die Mimik, der Kontext und auch die Intention negativ sei. „Wenn mich jemand fragt, wo ich herkomme, weil es ihn wirklich interessiert, dann sage ich ihm, dass meine Eltern aus Sri Lanka kommen“, sagt er. Denn das sehe er als schlichtes Interesse an. Außerdem erginge es deutschen Menschen in anderen Ländern auch nicht anders. Auch diese würden dann beäugelt und gefragt, wo sie herkommen. „Wenn mich aber jemand schräg anschaut und dann vorwurfsvoll fragt, wo ich denn herkomme, dann fühle ich mich beleidigt.“

Mehr Diskriminierung im Alltag

„Kriegskenner sind anders“, sagt John Vijenthiran, „meistens sind die älteren Menschen, die selbst noch den Zweiten Weltkrieg erlebt haben, diejenigen, die mir offen und vorurteilslos gegenübertreten.“

Der gelernte Versicherungsfachmann habe damals auch viele Kundinnen und Kunden „im tieferen Sauerland“ besucht und habe auch dort keine Berührungspunkte mit Rassismus gehabt. Ganz im Gegenteil. Der Versicherungsbranche kehrte er dennoch den Rücken zu. Arbeitete lange als Security (unter anderem auch in der damaligen Notunterkunft Pestalozzischule), aktuell ist er Sozialbetreuer in einer zentralen Unterbringungseinrichtung für geflüchtete Menschen.

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Mittlerweile habe sich das Blatt, ein wenig gewendet - denn nun erlebe auch er den Alltagsrassismus beziehungsweise die „versteckte Diskriminierung“. Einmal, so erzählt er, habe er in einer Bäckerei Brötchen holen wollen - und obwohl er direkt vor dem Tresen gestanden habe, seien erst die Personen um ihn herum bedient worden. In diesem Moment fühlte er, was es heißt, plötzlich „der Schwarze“ zu sein. Auch sei es mittlerweile ein großes Problem, dass allein schon sein Name Probleme bereiten könne. So zum Beispiel auf der Wohnungssuche. „Da reicht der Nachname schon aus, dass man direkt aussortiert wird“, sagt er, „so auch bei der Jobsuche.“

Genau das sei das Problem in der modernen Gesellschaft. Nicht das einzelne Wort, das aufgrund mangelnden Wissens ausgesprochen würde, sondern das bewusste Ablehnen eines Menschen, nur weil dieser nicht Müller oder Schulte heiße. „Nicht das Wort an sich ist das Problem, sondern die Intention dahinter, es auszusprechen.“

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