Arnsberg. Drei Bäckereien haben die Schließung im nächsten halben Jahr bekannt gegeben, eine ist insolvent. Deswegen ist die Lage so gravierend.
Und wieder muss ein beliebter Bäckerbetrieb die Türen schließen: Bei der Neheimer Bäckerei Greshake sind die Öfen seit Heiligabend aus: Der Aushang im Schaufenster verweist auf gesundheitliche Gründe. Andere Betriebe haben andere Sorgen.
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Die Energiekrise hält das ganze Land in Schach: Die Preise für Strom und Gas sind deutlich gestiegen, und auch die Lebensmittelpreise steigen weiter, besonders für Produkte wie zum Beispiel Getreide, deren Beschaffung durch den Krieg in der Ukraine erschwert wird. Und dadurch steigen die Preise produzierter Waren. Gewinnbringender Betrieb einer Bäckerei ist das sehr schwierig, weil Preissteigerung mal nicht so eben auf die Kundschaft umgelegt werden können.
Insolvenzverfahren bei Greve
Diese Prozedur, die eigentlich viel komplexer ist, als sie gerade beschrieben wurde, trifft aktuell ganz besonders die Bäckereien in der Region. Schon im Oktober meldete die Bäckerei Greve Insolvenz an, weil das zurückhaltende Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden nach zwei schwierigen Coronajahren dem Betrieb zum Verhängnis wurde – wir berichteten. Noch wird der tägliche Betrieb aufrecht erhalten, durch eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes können die Mitarbeitenden weiter bezahlt werden. Ende Oktober hieß es, die Bäckerei erarbeite mit dem Insolvenzverwalter einen Sanierungsplan, außerdem sei man auf der Suche nach einem Investor, der den Betrieb und die Mitarbeitenden übernehmen möchte.
Auch Tuschmann gibt auf
Und auch die Bäckerei Tuschmann in Bruchhausen wird schließen, spätestens Ende März nächsten Jahres, berichtet Inhaber Theo Tuschmann. Dank der immens gestiegenen Betriebskosten ergebe es einfach „keinen Sinn mehr“, den Laden geöffnet zu halten. „Wir wollten die Reißleine ziehen, bevor es zur Insolvenz kommt“, berichtet der 59-Jährige. Seinen Job hatte er immer gern gemacht, doch sieben Tage die Woche hart arbeiten lohne sich eben auch nur, wenn man passend entlohnt würde.
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Zuletzt hatte das nicht mehr geschehen können. Das Ladenlokal an der Bruchhausener Straße werde dann wohl von der Bäckerei Jürgens übernommen werden.„Es ist eine schwierige Lage für die Branche“, sagt Innungsobermeister Peter Junker von der Kreishandwerkerschaft. Der Hachener Bäcker hat gerade erst verkündet, dass auch er aus Altersgründen sein Bäckereigeschäft schließen wird. Der 69-Jährige kennt die Sorgen und Probleme seiner Kollegen und die aktuell schwierige Gemengelage:
Grundsätzliche Probleme der Geschäftsnachfolgen treffen auf steigende Energie- und Lebensmittelrohstoffpreise und akuten Fachkräftemangel. Das in Kombination zusammen zwinge nun viele zur Aufgabe.
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„Gutes Personal ist schwer zu bekommen“, sagt er. Zwar habe das Handwerk auch durchaus erfolgreiche Kampagnen gestartet, doch reiche das noch lange nicht aus. Die Folgen sind überall sichtbar: Selbst große Bäckereibetriebe mit mehreren Filialen müssten darüber nachdenken, schwächere Standorte zu schließen oder Öffnungszeiten zu reduzieren. An anderen Stellen reiben sich Bäckermeister und Geschäftsinhaber mit Sieben-Tage-Wochen auf und betreiben Raubbau an ihrer Gesundheit, weil sie kein backendes Fachpersonal mehr finden.
„Lohnt sich das noch?“
Wer einmal in einer solchen Situation, kommt ins Grübeln: Lohnt sich das noch? Vor allem dann, wenn die Energiepreise und die Preise für Mehl und Zucker um 30 bis 40 Prozent steigen. Wäre der Energiepreisdeckel nicht auch für Bäckereien noch umgesetzt worden, wäre die Lage noch schlimmer. „Aber auch jetzt können wir die Preise ja nicht im vollen Umfang an die Kunden weitergeben“, sagt Peter Junker, „das wollen wir doch auch gar nicht.“ Zehn bis 15 Prozent müsse man in Bäckereien je nach Produkt nun aber doch mehr zahlen.
Chancen für kleine Bäckereien
Peter Junker macht sich Sorge um sein geliebtes Handwerk. „In vielen Betrieben sind die Inhaber jetzt über 60 Jahre alt“, sagt er, „und viele denken ans Aufhören.“ Dabei sieht er grundsätzlich auch weiter Chancen für die kleinen Inhaber geführten Bäckereien. „Mit einer guten Lage und guten Qualität haben auch die eine Zukunft“, hofft er, „der Kunde ist da sehr dankbar.“ Das habe er nun auch bei seinem Abschied erfahren dürfen. Für ein paar auszuliefernde Snacks backt Peter Junker selbst noch weiter. Rund ein halbes Jahr bleibt er auch noch Obermeister der Innung.
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