Arnsberg. Arnsbergs CDU-Fraktionschef Jochem Hunecke setzt auf kritischen Austausch mit Verwaltung unter Einhaltung demokratischer Spielregeln
Vor zwei Jahren wurde der neue Rat der Stadt Arnsberg gewählt. Unsere Zeitung sprach nun nach dem ersten Sitzungslauf nach der Sommerpause mit den Fraktionsspitzen der „großen Parteien“ im Rat über die vergangenen beiden Jahre, die politische Kultur und die Herausforderungen bis zur nächsten Kommunalwahl in 2025. Heute beantwortet CDU-Fraktionschef Jochem Hunecke unsere Fragen.
So sieht das Zwischenfazit der Arnsberger Grünen aus>>>
Es liegen turbulente Wochen im Rat hinter Ihnen: Wie bewerten Sie die getroffenen Entscheidungen und den Weg dort hin?
Jochem Hunecke: Wer denkt oder schreibt, der Rat in unserer Stadt sei heillos zerstritten und CDU/Grüne stünden im Dauerstreit mit dem Bürgermeister und seiner Verwaltung, liegt falsch. Mehr als 90 Prozent aller Entscheidungen werden völlig geräuschlos gefällt. Jetzt hat es eine kontroverse Auseinandersetzung um den längst versprochenen neuen Standort für die Grimmeschule gegeben. Nicht über das ob sondern das wie und vor allem das wann endlich. Meiner Partei liegt unsere Schullandschaft nämlich besonders am Herzen. Wir haben dazu einen klugen Verfahrensvorschlag gemacht, der mit großer Mehrheit verabschiedet wurde.
Seit 27 Jahren im Rat der Stadt Arnsberg
Der Arnsberger Jochem Hunecke ist mit 65 Jahren einer der erfahrensten Ratspolitiker in der CDU-Fraktion im Arnsberger Stadtrat.
Das bezieht sich aber weniger auf seine Lebensjahre als vielmehr auf seine Zugehörigkeit zum Stadtparlament. Er ist Ratsmitglied seit 27 Jahren.
Vor fast fünf Jahren übernahm er den CDU-Fraktionsvorsitz im Arnsberger Rat von Klaus Kaiser.
Beruflich ist Jochem Hunecke als Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hochsauerland tätig.
Zuletzt wurde über den politischen Stil im Rat diskutiert: Verstehen Sie das?
Persönliche Anfeindungen haben erheblich zugenommen. Wir haben uns auch in der Vergangenheit in einigen politischen Entscheidungen hart in der Sache auseinandergesetzt, was aber erstmal ein gutes Zeichen einer lebendigen Demokratie ist. Jetzt wird seit einigen Jahren aber in den sozialen Medien häufig sehr unsachlich und persönlich diffamierend nachgekartet. Sogar in Sitzungen nehmen wir das neuerdings wahr. Beispielsweise einen Redebeitrag zu einer Grundsatzfrage mit wüsten Beschimpfungen zu unterbrechen, ist mindestens unhöflich. Hier hätte der Sitzungsleiter deutlich eingreifen müssen.
Wird jetzt im politischen Handeln jetzt schon Wahlkampf mit Blick auf 2025 gemacht?
Die Aufgabe des Rates ist, Impulse zu setzen und die Verwaltung zu kontrollieren. In einigen Fällen eine andere Auffassung zu haben als der Bürgermeister, ist kein Wahlkampf. CDU und Grüne wollen und werden auch in dieser Periode gestalten. Die dezentralen Lehrschwimmbecken in Arnsberg halten wir zum Beispiel für unbedingt richtig. Auch wenn wir an die Erledigung und Umsetzung von Ratsbeschlüssen erinnern oder die Verwendung der zahlreichen Fördergelder anmahnen, ist dies gewiss kein Wahlkampf. Nur am Rande: rasche Umsetzung spart bei der jetzigen Inflation und den Kostensteigerungen auch noch Geld.
Was muss in der Rats- und Zusammenarbeit aller Parteien für den Rest der Wahlperiode (Ende 2025) besser werden?
Aufgabe aller Fraktionen ist es, offen miteinander zu sprechen und nach Lösungen zu suchen. Das ist uns im übrigen ja gerade bei angesprochenen „turbulenten“ Ratssitzung auf unsere Initiative hin gelungen. Demokratie bedeutet, dass Parteien unterschiedliche Auffassungen haben, weil sie unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Dafür sind wir jeweils gewählt worden. Eine demokratische Gesellschaft ist in der Lage eine auch manchmal knappe Mehrheitsentscheidung hinzunehmen und zu akzeptieren - welch Geschenk! Nur in Diktaturen gibt es immer Einstimmigkeit. Nachtreten jedoch ist nicht nur im Fußball ein grobes Foul. Hier müssen sich einige besinnen.
Was können die CDU und der Mehrheitspartner Grüne besser machen?
Wir sind in regem Austausch mit unserem Bündnispartner. Selbstverständlich müssen wir zum Beispiel die Umwelt entlasten und den Ausbau regenerativer Energien vorantreiben. Windenergie und PV-Anlagen, bestenfalls mit Bürgerbeteiligung bieten gerade jetzt große Chancen. Deutschland aber ist die größte Industrienation Europas, unsere Unternehmen sichern unsere Lebensgrundlagen - die Wepa genauso wie unsere Bäcker. Wie können wir also in Arnsberg das Klima schützen und gleichzeitig das Überleben unserer Unternehmen sicherstellen oder Mobilität weiter ermöglichen? Energie muss für alle verfügbar und bezahlbar bleiben. Wenn wir uns ehrlich machen, sind viele gute Ansätze wie grüner Wasserstoff oder Wärmepumpen noch Zukunftsmusik.
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit der CDU mit Bürgermeister Ralf Bittner?
Unsere Fraktion und auch ich persönlich haben ein gutes Verhältnis zum Bürgermeister. Hilfreich wäre es sicherlich, wenn der Bürgermeister im Vorfeld auf CDU und Grüne zugehen würde - also bevor eine Verwaltungsvorlage veröffentlicht ist, um zu erfahren, wie die Mehrheit des Rates zur Sache steht. Wenn Vorhaben dagegen zu allererst in Medien veröffentlicht werden, müssen wir davon ausgehen, dass eine geräuschlose Entscheidung eher nicht gewollt ist. Informationen müssen so rechtzeitig erfolgen, dass wir Ehrenamtspolitiker diese in unseren Gremien beraten können.
Was sind aus Sicht der CDU-Fraktion die großen Herausforderungen der nächsten Jahre?
Arnsberg bleibt trotz der schwierigen Rahmenbedingungen ein attraktiver Magnet für die Menschen, aber auch für Industrie, kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe. Arbeitsplätze sichern den Wohlstand des Einzelnen, aber auch die positive Entwicklung unserer Stadt insgesamt zum Beispiel durch Steuereinnahmen. Gemeinsam mit den Grünen wollen wir uns deshalb für Industrie- und Gewerbeflächen einsetzen, den Wohnungsmarkt verbessern und Möglichkeiten schaffen damit Bauwillige ihren Wunsch nach einem Eigenheim realisieren können. Besondere Aufmerksamkeit bedarf unsere Schullandschaft. Jedes Kind soll sich in seiner Schule gut aufgehoben fühlen. Viel davon wird in Düsseldorf entschieden, aber wir als Stadt müssen tun, was in unserer Macht steht. Erheblichen Bedarf gibt es im Grundschulbereich, auch weil inzwischen viel mehr Eltern die Offenen-Ganztags-Angebote nutzen. Der Bau oder Weiterbau der Autobahn ist für die CDU deutlich schwerer als für unseren Bündnispartner. Mit einer Stimme Mehrheit haben wir den Klimaausschuss installiert. Klimaschutz hat nun in Arnsberg auch offiziell den Stellenwert, der ihm gebührt. Bei allem aber ist die Transformation zu einer klimaschonenden oder besser noch einer klimaneutralen Gesellschaft wirklich am herausforderndsten und muss mit Abwägung vorangetrieben werden.