Arnsberg. Der Einzelhandel in der Stadt leidet unter der Energiekrise. Existenzängste und verzweifelte Hilferufe

„Wenn alles so umgesetzt wird, wie die Politik und der Gesetzgeber so vorstellen, könnte es dieses Jahr ein trostloses Weihnachten werden.“ Rupert Schulte, Geschäftsführer des Verkehrs- und Gewerbeverein Hüsten e.V., skizziert ein ziemlich ernüchterndes Bild der kommenden Wochen und Monate. Gemeinsam mit der Vorsitzenden der Hüstener Händlervereinigung, Angelika Geue, macht er sich große Sorgen über die Folgen der Gaskrise für den lokalen Einzelhandel und die Zukunft der Geschäftsleute.

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„Es herrscht überall eine große Verunsicherung in der Branche. Viele Energieunternehmen kündigen die Gasverträge und können aktuell keine richtigen Angebote machen, weil sie selbst nicht wissen, wie sich die Kosten in den kommenden Wochen und Monate am Markt entwickeln“, erklärt Geue, die ihre Metzgerei seit 1987 in Hüsten betreibt.

Kostendruck in Hüsten

Der Familienbetrieb existiert seit 125 Jahren und hat schon einige schwierige Situationen erlebt, aber für Angelika Geue ist die aktuelle Situation eine der größten Krisen der Firmengeschichte. „Damals die Sache mit der Rinderseuche BSE war schon eine enorme Belastung, aber jetzt mit den explodierenden Energiepreisen steht die Existenz ihrer Metzgerei auf dem Spiel. Denn die Kühlung muss trotz steigender Kosten weiterlaufen. „Ohne Energie kann ich keine Produkte herstellen und bei höheren Energiekosten werden die Produkte natürlich auch teurer. Aber die Kundinnen und Kunden gucken natürlich beim Einkauf auch auf jeden Cent.“

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So wie der Metzgerei Geue geht es vielen Einzelhändlern derzeit. Das sieht auch Thomas Frye von der IHK Arnsberg so. Er beobachtet die Situation in den Innenstädten ganz genau: „Die Kaufkraft der Kundinnen und Kunden ist natürlich geschmälert und die Menschen überlegen es sich ganz genau, ob sie ein Paar Schuhe oder die neue Winterjacke wirklich benötigen. Viele verzichten derzeit lieber darauf.“

IHK hofft auf Entlastungspakete

Über die Dachorganisation DIHK setzen sich die lokalen Industrie- und Handelskammern bei der Politik in Berlin dafür ein, dass es für die Unternehmen des Einzelhandels und des Gastgewerbes Entlastungspakete gibt. „Wir müssen schauen, dass die Regelungen einfach sind und es möglichst wenig Wettbewerbsverzerrung gibt“, mahnt Frye.

Die Metzgerei Geue in Hüsten kann bei der Produktion ihrer Waren nicht wirklich Energie einsparen. Dementsprechend müssen die gestiegenen Preise an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden.
Die Metzgerei Geue in Hüsten kann bei der Produktion ihrer Waren nicht wirklich Energie einsparen. Dementsprechend müssen die gestiegenen Preise an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden. © Eric Claßen/WP | Eric Claßen

Zugleich blickt er auf das Weihnachtsgeschäft. „Die Energiesparvorgaben des Gesetzgebers verpflichten den Einzelhandel dazu, in der kalten Jahreszeit die Türen zu schließen und die Beleuchtung von Schaufenstern und Werbeanlagen einzuschränken. Das muss aber nicht unbedingt negativ für die Kundengewinnung sein, denn den meisten ist klar, dass Energie gespart werden muss“, so Frye. Wichtig sei aus seiner Sicht, dass man den Kundinnen und Kunden vermittle: „Die Türe ist zu, aber der Laden bleibt offen!“

Angst vor trostlosen Innenstädten

Dem widerspricht Rupert Schulte vom Verkehrs- und Gewerbeverein Hüsten vehement. „Wenn wir im Herbst und Winter die Türen schließen und das Licht dämmen, dann schreckt das die Kunden ab. Und wenn die Weihnachtsbeleuchtung fehlt, sieht es in den deutschen Innenstädten noch trostloser aus, als es durch Corona und den Strukturwandel eh schon ist.“

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Das sieht man auch bei der Händlervereinigung Aktives Neheim so. „Nach über zwei Jahren Pandemie geht der Einzelhandel am Stock, die Reserven sind aufgebraucht und das Weihnachtsgeschäft zum Jahresende ist für viele Händler das letzte Fünkchen Hoffnung, um die bereits eingefahren Rückschläge zu minimieren“, sagen Vorsitzender Herbert Scheidt, Konrad Buchheister und Marco Hoffmann.