Neheim. „No Comply“ heißt der Online-Skateshop von Neheimer Olli Schomberg. Wie es dazu kam, dass er als gelernter Betriebswirt Skateboards verkauft
Schlips und Krawatte gegen Sneaker und Cap: Irgendwann tauscht Oliver Schomberg seine Arbeitskleidung einfach. Den Arbeitsplatz auch.
Aus dem Büro geht’s mitten zwischen Türme aus Skateboards. Heute verkauft er, was er liebt. Der 32-Jährige betreibt den Online-Skateshop „No Comply“ direkt an der L 745. Wie ein Hobby zum Beruf wird.
Diskussionen um die Definition von „Skateboarding“ nerven ihn, die Sache an sich liebt er. Mit dem Skateshop hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Schon immer bedeutet ihm das Skaten viel, er will das Gefühl weitertragen, hat sich einen Lebenstraum verwirklicht und verdient damit Geld.
Lager in Neheim mit Miniramp
Und manchmal kann er die Boards nicht mehr sehen.
12 Uhr Mittag, Hitze steht auf dem Parkplatz. Die Tür zum Lager steht leicht offen, Sticker zieren sie. Dahinter ist es angenehm kühl. Trotz der Hitze draußen könnte Olli Schomberg hier skaten, direkt neben seinem Arbeitsplatz in seiner selbstgebauten Miniramp.
Aber für Sport ist keine Zeit.
Persönliche Pakete
„Meinen Tag beginne ich damit, Postkarten zu schreiben“, sagt der Geschäftsführer des Online-Skateshops. Ein persönlicher Gruß. Das scheint erstmal wenig mit Skateboards zutun zu haben, für “Olli“ Schomberg hat es aber eine große Bedeutung.
+++ Lesen Sie auch: Ukrainischer Skater findet Zuflucht +++
Seit fast 20 Jahren skatet er. Er hat die Szene kennengelernt, den „Spirit“ des Skatens: „Skateboarder sind sehr familiär, entspannt. Durch nüchterne Geschäftsmodelle ist das verloren gegangen.“
Er will „back to the roots“, den Spirit weitergeben. Deshalb fehlt bei keiner Bestellung die handschriftliche Postkarte von Olli.
Online-Skateshop No Comply
2018 beginnt sein Onlineshop „No Comply“ mit dem Verkauf von Boards und allem, was mit Skateboarding zutun hat. „Herzblut steckt in jedem Paket.
Mal sind kleine Geschenke dabei, Aufkleber oder Schlüsselanhänger aus alten Boards.“ Shirts, Schuhe, Sonnenbrillen. Auch „Leute, die nicht skaten, das Thema aber fühlen“ bestellen hier. Außerdem wird für jede Bestellung ein Baum gepflanzt, der den Rohstoff für etwa 200 neue Skateboards liefert.
Meterhohe Türme aus Skateboard-Decks ragen in die Höhe. Bis zur Lagerdecke. Hier stehen Rollen, da hängt eine Kollektion seltener Boards, die Miniramp, eine halbrunde Bahn zum Skaten, scheint riesig im kleinen Lager.
Siebenstelliger Umsatz? Nicht unbedingt
Ollis Zahlen sind hoch wie die Türme: Mehrere hundert Skateboards verkauft er im Monat. „Ein gutes Skateboard sollte schon mindestens hundert Euro kosten. Billige aus dem Supermarkt sind einfach nicht sicher.“
Ob er im nächsten Jahr wirklich einen siebenstelligen Umsatz machen will, weiß er nicht. „Je größer man wird, desto unpersönlicher wird es. Und es warten noch ganz andere Probleme.“ Er will außerdem den Spagat schaffen zwischen dem Fokus aufs Onlinegeschäft und dem Persönlichen, Lokalen.
Anfangsidee: Einzelhandel in Arnsberg
Lange arbeitet der Skater in der sauerländischen Elektroindustrie. Die Identifikation mit den Unternehmen fällt ihm schwer, er sucht nach einem neuen Job. Am besten im Skatebereich. So richtig will es nirgendwo passen, also fragt er sich: Warum mache ich es nicht selber?
„Am Anfang wollte ich einen Einzelhandel“, erinnert Olli sich zurück an die erste Zeit. Der Name war direkt klar: No Comply – „nicht befolgen“ auf Deutsch.
Für Freiheit und Rebellion steht das. Dazu noch ein Skateboardtrick. Perfekt, oder?
Kleiner Showroom für Skater
Zum Einzelhandel kam es nicht. Hier im ländlichen Bereich ist das Skateboarding nicht vertreten genug. „Den lokalen Bezug möchten wir trotzdem behalten.“ Kunden können also direkt am Lager in Neheim Pakete abholen und die Produkte anschauen. „Wie ein kleiner Showroom.“
Die Marken, die No Comply verkauft, sind von Skatern. Es ist dem Geschäftsführer wichtig, die direkte Skaterszene zu unterstützen. Vor allem in der Modeindustrie kommt der Skaterstyle immer mehr durch. „Allein der Baggie-Boom beweist das.“
Mehr Aufmerksamkeit für den Sport
Skater kennt man in ihren viel zu großen Hosen und Shirts, mittlerweile ist „Oversized“ eine Stilrichtung. Eine Entwicklung, die die Szene kritisch sieht: Eigentlich will sie sich seit jeher abheben. Andererseits wächst der Sport und bekommt mehr Aufmerksamkeit.
+++ Lesen Sie auch: Junge Skateboarder tricksen, was das Zeug hält +++
Und plötzlich ist Skateboarding eine Disziplin bei den Olympischen Spielen 2021. Die öffentliche Diskussion nimmt wieder an Fahrt auf: Was ist Skateboarding eigentlich? „Ist das Gepose, ist das kindisch, ist das eine Kultur, ein Sport?“
Olli Schomberg hat schon vieles gehört. Und ist den Streit leid. Er hat eine einfache Lösung: „Skateboarding ist das, was du für dich daraus machst.“ Für ihn bedeutet das „Kopf aus, frei sein“.
Erfüllung eines Lebenstraums
Doch es stimme schon, was man sagt: Sich seine Leidenschaft zum Beruf zu machen, klingt toll – aber die Leidenschaft leidet. „Manchmal komme ich morgens hier rein und will gar keine Boards mehr sehen.“
Dennoch: Einen Lebenstraum hat der Skater sich schon verwirklicht. Die Rampe im Lager hat er selbst gebaut. Auf Boards aus Ollis Sammlung haben Skatelegenden unterschrieben. „Die Autogramme sind mir aber nicht so wichtig.“
Eher, wie oft er schon zwischen eben jenen Legenden aus der Skateboarderszene stand. Bei Contests, die das No-Comply-Team regelmäßig besucht, und bei denen der Onlineshop auch einige deutsche Profis sponsert. Das Ziel ist immer das Gleiche: Den Spirit, den Geist des Skateboarding zu verbreiten.