Menden. Mit 16 Jahren hat Yehor Erop seine ukrainische Heimat verlassen. In Menden hat er durch sein Hobby neue Freunde gefunden.
Auf den Straßen des ukrainischen Tschernihiws lernte der 16-jährige Yehor Erop das Scooter Fahren. Heute skatet der junge Ukrainer die Obstacles (Hindernisse) im kleinen Bösperder Skatepark rauf und runter. Vor etwa zwei Monaten kam er wegen des Angriffskriegs Russlands auf seine Heimat, die Ukraine, über Dortmund nach Menden. Hier wohnt er bei seiner Tante, und jede freie Sekunde verbringt er am Jugendtreff und lernt neue Tricks mit seinem Scooter.
Yehor nimmt Anlauf, springt auf seinen Scooter, gibt noch einmal, zweimal Gas mit seinem rechten Fuß, hebt vom Boden ab und grindet mit einer Menge Tempo über die Rail (erhöhte Metallstange) der bunt angesprayten Funbox am Treff. „Yes, man“, ruft er, als er von der Rail springt. Er hat den Trick gelandet.
„Seit drei Jahren etwa fahre ich Scooter“, erklärt Yehor Erop. Deutsch spricht er bisher kaum, er erzählt mit der Hilfe von Google Übersetzer von seinen Erfahrungen. Sein Englisch ist besser, „aber ich möchte gerne Deutsch lernen“. Doch die Sprache ist schwierig und die Schule hier in Menden besucht der 16-Jährige erst sein ein paar Tagen. Dennoch — es gefällt ihm hier gut, aus ganz verschiedenen Gründen.
Fahren auf den Straßen gelernt
Aber erstmal zurück zum Anfang seiner Scooter-Karriere. Wie kam er überhaupt dazu, mit dem Sport anzufangen? „Ich habe damals die älteren Jungs gesehen, wie sie skaten. Und ich wollte gerne so sein, wie sie, also habe ich auch angefangen zu Skaten“, erklärt Yehor. „Außerdem ist es ein guter, aktiver Sport.“
Weil es zwei Jahre lang keinen richtigen Skatepark in seiner Heimat gab, lernte er das Scooter fahren zunächst auf den Straßen Tschernihiws. „Manchmal sind wir auch in Parks in anderen Städten gefahren“, erinnert er sich zurück an seine ersten Schritte — oder eher Fahrten. Vor etwa einem Jahr bauten man in seiner Stadt dann einen ersten Skatepark. „Dann war es viel einfacher, das Skaten zu lernen.“
Schnell Freunde gefunden
Einfacher ist das Lernen von Tricks in Skateparks natürlich. Das ist auch einer der Gründe dafür, dass es dem Ukrainer hier gut gefällt. „Die Bedingungen zum Skaten sind hier sehr gut“, soweit seine Einschätzung nach zwei Monaten in der Umgebung. „Es gibt verschiedene Skateparks für jeden Geschmack. Und vor allem gibt es eine sehr coole Community, in der man schnell neue Freunde finden kann.“
Unter anderem den Skateboardfahrer Bernd (21) lernte Yehor am Treff in Bösperde kennen. Der Ukrainer hatte ihn eines Tages nach Wachs gefragt. Das benutzt man beim Skaten oder Scooterfahren dazu, die Rails zu wachsen, um bessere Boardslides machen zu können. Seitdem fahren die beiden häufig zusammen.
Internationale Skatersprache
Der Boardslide ist übrigens auch Yehors Lieblingstrick. Und der schwierigste, den er jemals gelandet hat, klingt ähnlich: „Boardslide up to Boardslide to Barspin“. In der Community ist es normal, dass alle Tricks und Hindernisse englische Namen haben. Das macht es leichter, miteinander zu kommunizieren und neue Tricks, beispielsweise auf YouTube, zu finden und zu lernen.
Beim Boardslide up to Boardslide to Barspin springt man auf der Rail noch einmal und dreht dabei den Lenker des Scooters um 360 Grad. Der junge Mann grindet ständig über die Rail am Treff, Angst kennt er dabei nicht. Auch, von hohen Hindernissen hinunterzuspringen, fürchtet der 16-Jährige nicht. Stolz zeigt er einige Videos aus seiner Heimat, in denen er locker 1,50-Meter-Hindernisse hinunterspringt.
Jeder Trick ist eine neue Herausforderung, und der Respekt vor einigen der Stunts kann einen schnell davon abhalten, weiterzumachen und sich zu verbessern. Doch zum Thema Angst hat Yehor eine klare Meinung: „Um viele Tricks zu lernen, darf man keine Angst haben. Es ist sinnlos, Angst zu haben.“
Viele Tricks kein Problem mehr
So ganz unbegründet ist der Respekt vor dem Sport nicht. „Es ist schon gefährlich“, erklärt der 16-Jährige. Für ihn sind mittlerweile viele Tricks kein Problem mehr. Die Quarter am Bösperder Treff skatet er rauf und runter, macht oben Tricks. Mit einer Menge Anlauf springt er mitsamt einer 360-Grad-Drehung über vier übereinander gestellte Skateboards, ohne Probleme.
Als diese auf einem Manual Pad (einer leichten Erhöhung) stehen, schafft er den Sprung nicht ganz, und stürzt. „Es ist ein extremer Sport“, sagt der Jugendliche. „Ich stürze und verletze mich ziemlich oft, aber das hält mich nicht auf.“ Er kennt sogar ein Sprichwort: „Keine Stürze — kein Fortschritt.“
Sein Training kann Yehor Erop jetzt in den Skateparks Mendens vertiefen. Und dass er in Bösperde neue Freunde ganz in der Nähe seines neuen Zuhause findet, macht das Ganze noch ein Stück besser.