Arnsberg/Sundern. Steigende Futterkosten, hohe Energiepreise und sinkende Nachfrage: Schweinebauern im HSK kämpfen um ihre Existenz. Doch es gibt auch Hoffnung.

Josef Plassmann steht in den vergangenen Monaten mit einer Mistgabel in der Hand mit dem Rücken zur Wand: „Seit fast einem Jahr habe ich kein Geld verdient“, gibt der Schweinebauer mit einem Betrieb in Sundern-Hellefeld im Gespräch mit dieser Redaktion zu. Vielmehr wird die Schweinehaltung für ihn derzeit zu einem Verlustgeschäft. Bis zu 20 Euro pro Schwein zahle er derzeit drauf. Was sind die Gründe für die desaströse Lage der Schweinebauern hier im Hochsauerlandkreis?

Besonders vier Faktoren haben den konventionellen Landwirten in den vergangenen Jahren große Sorgen bereitet. Josef Plassmann spricht sogar von einem „Worst-Case-Szenario“ für seine Branche: Zunächst seien durch die Corona-Pandemie die Preise eingebrochen, anschließend sorgte das Auftreten der „Afrikanischen Schweinepest“ 2020 für Beschränkungen beim Export vor allem nach China.

Steigende Futterkosten aufgrund des Ukraine-Krieges – der Preis für Getreide hat sich in den vergangenen zwei Jahren nahezu verdoppelt – und die weiterhin nachlassende Kauflaune der Verbraucher wegen der Inflation verschlimmern die Situation nun zunehmend. „Wenn die Kosten so bleiben, dann muss der Preis hoch“, fordert Josef Plassmann im Gespräch.

Kilopreis für Schweinefleisch: Ruinöses Niveau für konventionelle Betriebe

Der Preis hatte beispielsweise in den Monaten Oktober 2021 bis Februar 2022 ein für Schweinehalter ruinöses Niveau erreicht mit einem Kilopreis von rund 1,20 Euro – wünschenswert für einen konventionellen Landwirt wäre ein Preis von 2,40 Euro pro Kilogramm oder mehr, schätzen Experten. Doch was bewegt den Sunderner Landwirt noch zum Weitermachen?

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„Es ist das Prinzip Hoffnung auf bessere Zeiten“, bekräftigt Josef Plassmann. Einen Blick in die Glaskugel vermag er aber auch nicht zu wagen. Aktuell sei er in der laufenden Produktion, die Ferkel wachsen auf. Auch im nächsten Jahr läuft der Betrieb weiter.

Bleiben die Kosten aber so hoch oder steigen noch weiter, müsse man langfristig den Schweinebestand senken. Deutschlandweit habe sich die Produktionsmenge im vergangenen Jahr bereits um ein Viertel reduziert, behauptet Plassmann. Aber was droht in letzter Konsequenz, wenn er weiterhin pro Schwein draufzahlt?

An die Aufgabe seines Hofes möchte der Sunderner Schweinebauer bislang noch nicht denken. Doch das Höfesterben in der Region nimmt auch weiter zu. In Arnsberg beispielsweise betreibt aktuell lediglich der Bio-Landwirt Friedrich Nagel, Junior-Chef vom gleichnamigen Hof in Wettmarsen, einen Schweinebetrieb im Stadtgebiet.

Biohof Nagel aus Arnsberg: Direktvermarktung als Hoffnung

Im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft sei die Lage auf dem Bio-Markt nicht ganz so dramatisch. „Nichtsdestotrotz fahren wir auch Verluste ein aufgrund der Inflation und der steigenden Energiepreise ein“, erklärt er im Gespräch.

Derzeit hält er unter anderem rund 500 Mastschweine auf dem Hof – 90 Prozent davon verkauft der Familienbetrieb an andere Schlachthöfe sowie an Großhändler, den Rest verarbeitet er selbst zu Schnitzel oder Rostbratwurst für den hofeigenen Laden.

Friedrich Nagel, Junior-Chef des gleichnamigen Biohofes in Arnsberg, hält aktuell rund 500 Mastschweine.
Friedrich Nagel, Junior-Chef des gleichnamigen Biohofes in Arnsberg, hält aktuell rund 500 Mastschweine. © Westfalenpost | Nicolas Stange

Durch die Direktvermarktung habe der Bio-Betrieb eine hohe Wertschöpfung. „Ein Landwirtschaftsbetrieb kann erhalten bleiben, wenn die Menschen direkt vom Bauern kaufen. Dafür müssen aber alle voll dahinter stehen“, so Friedrich Nagel weiter. Die steigenden Produktionskosten möchte der junge Arnsberger Landwirt bislang noch nicht unmittelbar auf den Einkaufspreis draufschlagen. Für ein Kilo frische Bratwurst müssen die Kunden derzeit rund 17 Euro zahlen.

Doch auch der Schweinebetrieb Nagel steht vor wirtschaftlich unsicheren Wochen. Die Nachfrage für Bio-Produkte sinkt aufgrund der Inflation. Wenn der Geldbeutel enger wird, rückt auch der Tierwohl-Gedanke beim Wocheneinkauf in den Hintergrund. Dann fragen sich die Verbraucher: Sommer-Urlaub oder Bio-Schweineschnitzel?

Zwar steige auch im Handel der Preis für ein Stück Schweinefleisch, aber beim Bauern kämen diese Erlöse selten an, beklagt Friedrich Nagel. „Das ist auch ein Grund für das Höfesterben in Deutschland. Die junge Generation stellt sich die Frage: Warum soll ich mich abrackern, wenn ich nicht weiß, wie die Zukunft aussieht?“