Bruchhausen. Weil es bei Pfleiderer noch keinen Tarifabschluss gibt, ruft IG Metall zum Warnstreik auf. 200 Teilnehmende am Standort Bruchhausen sind dabei.

„Kommste vonne Schicht, wat schönret gibt et nicht als wie Currywurst“, sang einst Grönemeyer. Nun, der kultige Snack war zwar am Dienstagmittag in Bruchhausen durchaus gefragt, aber nicht der eigentliche Anlass, warum sich gegen 13 Uhr einige Dutzend Menschen vor der Pfleiderer-Niederlassung am Westring eingefunden hatten: Die IG Metall hatte zum Warnstreik aufgerufen – und lud Streikwillige parallel auf ein Würstchen ein. Um die Wurst ging es also im doppelten Sinne, denn die Gewerkschaft fordert in den laufenden Tarifverhandlungen u.a. 6,5 Prozent mehr Entgelt für die Mitarbeitenden des auch in Arnsberg produzierenden Herstellers von hochwertigen Holzwerkstoffen.

385 Euro Corona-Prämie

Pfleiderer bietet bisher eine Entgeltsteigerung von 2,5 Prozent zum 1. Mai 2022 (acht Monate), von 2,7 Prozent zum 1. Januar 2023 (12 Monate) und von 1 Prozent zum 1. Januar 2024 (drei Monate). Zusätzlich soll es eine Corona-Prämie in Höhe von 385 Euro geben.

Pfleiderer ist ein führender Hersteller von hochwertigen Holzwerkstoffen, Laminaten und Klebesystemen. Hauptsitz ist Neumarkt (Oberpfalz), 2200 Beschäftige arbeiten an fünf deutschen Standorten und in einem Werk in Polen.

Insider werden vielleicht aufhorchen – Tarifstreit in dieser Branche?

Zwar sei in der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie Ende 2021 ein Tarifabschluss in der Fläche erzielt worden, bestätigt die heimische IGM-Geschäftsstelle; aber Pfleiderer-Beschäftigte werden auf Grundlage eines „Haustarifvertrages“ bezahlt. Und nachdem in drei Verhandlungen der noch laufenden Tarifrunde bei der Pfleiderer Deutschland GmbH kein Ergebnis erzielt werden konnte, hatte die Tarifkommission der IG Metall für den 1. März Warnstreiks an allen fünf Firmen-Standorten in Deutschland (siehe Infobox) beschlossen.

Zusätzliche Freizeit

Neben der Lohnerhöhung fordert die IGM eine überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütung sowie den Ausbau des Tarifvertrages um zusätzliche Freizeit auf insgesamt vier Tage im Jahr, die von den Beschäftigten wahlweise in Geld umgewandelt werden können. Azubis sollen in den Geltungsbereich des „Tarifvertrags zusätzliche Freizeit“ aufgenommen werden. Angemessen? „Die Beschäftigten von Pfleiderer verdienen deutlich weniger als anderswo in der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie, und auch die derzeitigen und prognostizierten Inflationsraten müssen sich in einem Abschluss wiederfinden – die Beschäftigten haben mehr verdient“, erklärt dazu Christian Iwanowski. Pfleiderer habe 2021 sehr gut verdient und wolle dieses Jahr weiter wachsen – „die Beschäftigten haben ihren Anteil daran mehr als verdient“, so der IGM-Verhandlungsführer weiter.

Der Standort von Pfleiderer (duropal) am Bruchhausener Westring. Deutschlandweit wird an fünf Standorten produziert.
Der Standort von Pfleiderer (duropal) am Bruchhausener Westring. Deutschlandweit wird an fünf Standorten produziert. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Auch Carmen Schwarz findet deutliche Worte: „Angesichts der guten wirtschaftlichen Situation der Holzwerkstoffindustrie in Deutschland und bei Pfleiderer ist das bisherige Angebot der Arbeitgeber unzureichend. Auch die angebotene Corona-Prämie macht das Angebot nicht besser.“ Zumal Pfleiderer im Vergleich zu anderen Industriebetrieben hier in der Region in der Entgeltentwicklung und auch bei anderen Arbeitsbedingungen deutlich hinterherhinke, fügt die Erste Bevollmächtigte der IG Metall Arnsberg hinzu. Das müsse sich ändern – sonst gingen Pfleiderer bei der demografischen Struktur der Belegschaft bald die Fachkräfte aus.

Und was sagt der Arbeitgeber? (Noch) nicht viel: Vom Warnstreik erwarte man keine nennenswerten Beeinträchtigungen, hieß es dazu auf Anfrage. „Darüber hinaus kommentieren wir die laufenden Tarifverhandlungen nicht“, so Stefan Göldner, „Head of Communication“ des Unternehmens. Die vierte Verhandlungsrunde findet am nächsten Montag, 7. März, statt.