Arnsberg. Schulpflegschaftsvorstand der Grundschule Dinschede schreibt wegen der neuen Testverfahren an Grundschulen eine scharfe Mail an die NRW-Regierung.
Die Lage ist verzwickt: Der Wunsch nach Präsenzunterricht für die Kinder, gleichzeitig im Hochsauerlandkreis mit 2289,7 am Donnerstag die bundesweit achthöchste Sieben-Tage-Inzidenz, die bei den 5- bis 14-Jährigen im HSK sogar inzwischen bei 5941,2 liegt. „Die Situationen an den Grundschulen ist nach der neuen Teststrategie für alle Beteiligten belastend, irritierend und verunsichernd“, sagt Julia Pauli als Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft Arnsberg. Sie verweist auf einen Brandbrief, den die Schulpflegschaftsvorsitzenden der Grundschule Dinschede in Oeventrop nun per E-Mail an NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und auch an lokale Politiker schrieben.
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„Die übereilte und sachlich mangelhafte Umstellung des Corona-Testverfahrens an Grundschulen in NRW hat zu großer Aufregung, Unsicherheit, Ärger und Verbitterung in den Familien und im Kollegium unserer Grundschule geführt“, schreiben Christiane Hoffschildt und Prof. Dr. Patrick Scheunemann. Sie kritisieren nicht, dass die Teststrategie umgestellt wurde, sondern das „Wie“. „Die Maßnahme ist wörtlich über Nacht umgesetzt worden. Ein sich wiederholendes Schema, das weder von vorausschauendem Handeln noch von Verständnis der Lebenswirklichkeit in Familien und Schulen zeugt“, so heißt es in der Mail.
Änderung Ende Januar
Hintergrund: Für Schülerinnen und Schüler eines positiv getesteten Pools gilt, dass sie am nächsten Tag zu Unterrichtsbeginn in den Schulen mit Antigenschnelltests einzeln getestet werden. Alternativ können sie auch ein negatives Testergebnis von einer der vielen Bürger-Teststellen nachweisen. Bis zur Änderung wurden die PCR-Pool-Tests in den Laboren individuell aufgelöst.
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Das sorgt nun Verunsicherung, weil die Sensitivität der Antigen-Tests nicht denen der PCR-Tests entspricht. „Es wird häufig vorkommen, dass Kinder und Lehrkräfte den Unterricht mit der Gewissheit bestreiten, dass ein Corona-positives Kind anwesend ist, das man jedoch nicht identifizieren kann“, schreiben Christiane Hoffschildt und Prof. Dr. Patrick Scheunemann. Das würde auch die Psyche der Kinder belasten, die ja wissen, dass eine Ansteckung für Ältere (z.B. Großeltern) gefährlich sein kann. Die Schulpflegschaftsvorsitzenden sprechen von „menschenverachtender Einstellung, diese Gewissenskonflikte der Kinder einfach so in Kauf zu nehmen“. Und mehr noch: „Die aus unserer Sicht derart fehlkonstruierte Testkombination weist Merkmale der vorsätzlichen Kindeswohlgefährdung auf!“.
Psychische Belastung für Kinder
Hinzu kommt aber auch, dass es für Kinder ein Schockmoment ist, wenn ihr Antigen-Test am Morgen in der Schule - egal, ob richtig oder falsch - positiv angezeigt wird und sie nach Hause geschickt oder abgeholt werden müssen. Da fließen dann schon einmal schnell Tränen.
Die fehlenden PCR-Tests bringen für Eltern aus Sicht der Schulpflegschaft ein weiteres Problem mit sich. „Offenbar erfolgt in vielen Fällen eine Lohnfortzahlung bei den Eltern nur unter Vorlage eines individuellen positiven Testergebnisses. Ärger und Zusatzbelastung bei den Eltern sind vorprogrammiert“, heißt es in der Mail.
Auch Stadtschulpflegschaftssprecherin Julia Pauli kennt die Verunsicherung der Eltern. Die habe sich auch bei Rückmeldungen von Grundschuleltern widergespiegelt. „Insbesondere für berufstätige Eltern stellt die ständige Gefahr, ihr Kind schon kurz nach Schulbeginn wieder abholen und betreuen zu müssen, eine große Belastung dar. Die Situation ist für sie weniger planbar denn je“, sagt sie. Zudem hätten auch nicht alle Familien die Möglichkeit, nachmittags mit ihren Kindern einen Bürgertest durchführen zu lassen. Sofern ein solcher gefordert wird, entstehe für diese Familien zusätzlicher Druck und Stress. „Alles in allem gehen viele Familien jetzt noch mehr auf dem Zahnfleisch als ohnehin schon“, so Julia Pauli. Vielen Eltern fehle jedes Verständnis für die neue Regelung. Sie seien regelrecht fassungslos.
Kinder, die von einem positiven Pooltest informiert wurden und am nächsten Tag zur Schule gehen, seien ebenso verunsichert. Da sie nicht wüssten, ob sie selbst oder ein Sitznachbar infiziert sind, sei ihnen entsprechend mulmig zumute und sie sind angespannt. Diese Verunsicherung werde noch größer, wenn der Pooltest der Klasse positiv war, die Schnelltests am nächsten Morgen in der Schule aber alle negativ ausfallen. Fakt ist: Es ist auch schon vorgekommen, dass Kinder beim Schnelltest in der Schule positiv getestet wurden, beim nachfolgenden Bürgertest dann aber wieder ein negatives Testergebnis vorgelegen habe, was an der unterschiedlichen Empfindlichkeit der eingesetzten Tests liegt. „Insgesamt sorgt das neue Verfahren bei allen Beteiligten für maximale Unsicherheit und Verwirrung“, so Julia Pauli.
Mehr Routine
An den weiterführenden Schulen, so die Stadtschulpflegschaftsvorsitzende, sei „dieser Aufschrei so nicht zu hören“. Julia Pauli hat selbst zwei Kinder im Alter von 11 und 13 Jahren am Franz-Stock-Gymnasium und an der Agnes-Wenke-Sekundarschule Neheim. Ab Klasse 5 wird seit Ende der Winterferien dreimal wöchentlich die komplette Schulgemeinde mit Selbsttests getestet. Auch hier häufen sich Ausfälle und Quarantänen, einzelne Klassen werden ins Homeschooling geschickt, doch herrscht im Umgang mit der Lage schon eine Routine.