Arnsberg. Wegen der Schweigepflicht können Apotheker Impfpass-Betrüger schwer anzeigen. Und wenn Zweifel überwiegen? Gespräch mit Arnsberger Apothekerin.
Eine Detektivin wollte Maria Bertelsmann nie sein. Aber wenn ein ihr unbekannter Kunde die Engel-Apotheke in Neheim betritt, seinen gelben Impfpass vorzeigt und einen schriftlichen Ausdruck eines QR-Codes für den digitalen Impfpass verlangt, dann wird die Fachapothekerin hellhörig. „Man kann nicht jede Person unter Generalverdacht stellen“, sagt sie. In einigen Fällen schwingt bei ihr jedoch Zweifel mit.
Die Zahl der Fälle von mutmaßlich gefälschten Impfpässen hat in Nordrhein-Westfalen (NRW) zugenommen. Nach Angaben des Landeskriminalamtes hat die Polizei in NRW seit April in mehr als 1200 Fällen im Zusammenhang mit manipulierten Corona-Impfnachweisen ermittelt. Wie viele gefälschte Impfpässe im Hochsauerlandkreis bislang zur Anzeige gebracht wurden, kann die Polizei nicht sagen.
Aber die Apotheken aus der Region sind vorbereitet: An einer Pinnwand im Hinterzimmer der Engel-Apotheke in Neheim hängt ein Zettel mit „Tipps und Tricks“, auf die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders achten sollten. „Es ist nicht so schwer, eine Fälschung zu erkennen, wenn man vom Fach ist“, sagt die Apothekerin Bertelsmann.
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Sie achtet unter anderem auf das erste Impfdatum und die Abstände zwischen den jeweiligen Terminen. Je nach Impfstoff müssen die mehrere Wochen auseinander liegen. Für Maria Bertelsmann sind das erste Indizien für einen mutmaßlichen Betrug. Skeptisch wird sie auch, wenn jemand seine Impfung außerhalb der Region erhalten hat und nun hier vor Ort in der Apotheke den schriftlichen Nachweis erbittet.
Dann sucht sie das Gespräch mit den Kunden: „Niemand wird verhört, um Gottes willen“, sagt sie, „aber ich frage nach und bin auf die Erklärung der Person gespannt“. In einigen Fällen ließen sich die Ungereimtheiten schnell aufklären. Viele seien außerdem Stammkunden. „Die sind mir vertraut, ebenso die Stempel und Unterschriften der Ärzte“, so Maria Bertelsmann.
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Kann der Kunde jedoch keine glaubwürdige Erklärung abgeben, dann gilt in der Engel-Apotheke das Vier-Augen-Prinzip und im schlimmsten Fall verweigert Maria Bertelsmann die Ausstellung eines digitalen Impfzertifikats.
Folgt dann eine Strafanzeige? In vielen Fällen nicht. „Ich habe schon einige QR-Codes verweigert, aber ich habe noch nie eine Strafanzeige gestellt“, sagt Maria Bertelsmann.
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Der Grund dafür ist der Paragraf 203 des Strafgesetzbuches: Es gilt die Schweigepflicht. Demnach dürfen Apothekerinnen und Apotheker nicht weitergeben, was sie im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung erfahren haben. „Ich kann mich also strafbar machen“, betont Maria Bertelsmann. Bevor sie in Einzelfällen Strafanzeige stellen könnte, müsste sie sich von der Staatsanwaltschaft verbindlich bestätigen lassen, dass der Verstoß gegen die Schweigepflicht in diesem Fall nicht strafbar für sie sei. Umsetzung im Alltag? Unmöglich.
Wer dennoch einen Impfpass fälscht oder ein manipuliertes Dokument wissentlich nutzt, dem drohen seit dem 24. November nun Geld- oder sogar Freiheitsstrafen. Vor dem Stichtag gab es im Strafgesetzbuch dazu eine Lücke.
Apothekerinnen und Apotheker können es den mutmaßlichen Impfpass-Betrügern unterdessen nur so schwer wie möglich machen, mit ihren manipulierten Dokumenten erfolgreich zu sein. „Unser Job ist es nicht, Detektivin zu spielen“, sagt die Fachapothekerin Maria Bertelsmann, „aber man bekommt immer mehr ein Gefühl dafür, ob ein Impfpass gültig oder gefälscht ist“.