Arnsberg. Experten von Wald & Holz NRW setzen auf Kombinationen von Baumarten. Ein Besuch im Lehr- und Versuchsrevier am Lattenberg.

Wer den Lattenberg hochfährt, wird mit einem traurigen Bild konfrontiert: Längs der Landstraße blickt der Autofahrer im großen Umkreis auf riesige Kahlflächen. Denn als Folge mehrjähriger Trockenperioden hat der Borkenkäfer massiv zugeschlagen, was einen umfangreichen Holzeinschlag zur Folge hatte. Doch wie soll es nun weitergehen - hier am Lattenberg und auch in den anderen Waldschadensgebieten? Das in Arnsberg ansässige Zentrum für Wald und Holzwirtschaft hat hierfür in Zusammenarbeit mit dem Regionalforstamt Arnsberger Wald schon vor Jahren (noch vor den Trockenperioden 2018 bis 2020) Ideen und Neuanpflanzungskonzepte entwickelt, die sich unsere Zeitung am Beispiel des Lehr- und Versuchsreviers am Lattenberg näher anschaute.

Blick auf die Nadeln der Atlaszeder,  die ursprünglich im nordwestfarikanischen Atlasgebirge beheimatet ist und nun als neue, gegenüber der Fichte, klimatisch deutlich widerstandsfähigere Baumart in einem Großversuch am Lattenberg  angepflanzt wurde.
Blick auf die Nadeln der Atlaszeder,  die ursprünglich im nordwestfarikanischen Atlasgebirge beheimatet ist und nun als neue, gegenüber der Fichte, klimatisch deutlich widerstandsfähigere Baumart in einem Großversuch am Lattenberg  angepflanzt wurde. © Martin Schwarz | Martin Schwarz

In dem etwa 1855 Hektar großen Forstrevier am Lattenberg wurden bereits im Frühjahr 2018 - noch vor der Borkenkäferplage - rund 5000 zweijährige Atlaszedern gepflanzt. Diese Baumart ist ursprünglich im nordwestafrikanischen Atlasgebirge (Marokko / Tunesien / Algerien) beheimatet und gilt klimatisch als widerstandsfähig. Nun soll in einem Langzeitversuch herausgefunden werden, ob die Atlaszeder auch unter deutschen Witterungs- und Vegetationsbedingungen das hält, was sie in Afrika versprochen hat.

5000 Atlaszedern gepflanzt

„Wir können für diese Schonung mit 5000 Pflanzen eine positive Zwischenbilanz ziehen“, berichtet Jana Hanke, Mitarbeiterin des Teams Waldbau innerhalb des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft. Die 34-jährige Försterin betont aber auch, dass diese positive Erkenntnis auf diesen speziellen Standort am Lattenberg bezogen ist. An anderen Standorten könne es durchaus Probleme geben, wenn zum Beispiel neben den Atlaszedern Brombeersträucher oder Reitgras wächst. Schäden an Atlaszedern könne es auch durch Mäuse oder durch Hallimasch geben. „Man muss stets jeden einzelnen Standort genau betrachten, bevor man eine Empfehlung für eine Baumanpflanzung geben kann“, betont Jana Hanke.

Hohe Risikostreuung als Ziel

Doch eine Empfehlung für Neuanpflanzungen, die künftig deutlich klimastabiler sein können, gibt es gleichwohl von den Experten des Landesbetriebs „Wald und Holz NRW“. „Mischwald“ heißt hier das Leitwort.

Machen Sie mit und werden Sie selbst Waldretter

Auch unsere Zeitung beteiligt sich an der Rettung der heimischen Wälder – hier nochmals Details zur Aktion Waldretter.

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Eine Baumspende ist ab 5 Euro möglich. Dafür wird die Fläche hergerichtet, ein Setzling gepflanzt und gepflegt. Hier geht’s zur Spende wp.de/waldretter

Auch Direkt-Überweisung ist
natürlich möglich, die Konto­verbindung lautet: WaldLokal gGmbh, IBAN: DE79 4145 0075 0000 0283 57, Verwendungszweck: Waldretter und gewünschter Ort der Aufforstung (zum Beispiel Sundern).

Baumpate werden: Da die Wiederaufforstung eine Generationenaufgabe ist, kann man auch Baumpate werden. Für monatlich 10 Euro wird der Spender Pate einer 50 Quadratmeter großen Waldfläche, um für eine kontinuierliche Wiederaufforstung zu sorgen. Wer 19 Euro monatlich spenden möchte, wird Pate von 100 qm Mischwald.

Weitere Info: waldlokal.com/waldretter-projekt

Olaf Ikenmeyer, Leiter des Regionalforstamts Arnsberger Wald, sagt: „Drei Ansätze könnten für die nächste Waldgeneration verfolgt werden: 1. Es könnten heimische Bäume wie Eiche oder Buche, die aufgrund ihrer breiten genetischen Streuung auch das Potenzial haben, unter veränderten Klimabedingungen wachsen 2. Bäume der gleichen Art aber aus nach Deutschland eingeführten Herkunftsländern pflanzen (Beispiel: slawonische Eiche aus Kroatien), 3. Ganz andere Baumarten aus anderen biogeographischen Regionen (wie zum Beispiel die Atlaszeder) nutzen.“ Jana Hanke ergänzt: „Auf der gleichen deutschen Kahlschlagfläche könnten alle drei Ansätze kombiniert werden, um eine möglichst hohe Risikostreuung zu erreichen.“

Forstamtsleiter Ikenmeyer: „Früher war die Fichte die Sparkasse der Waldbauern, heute ist sie ein hochriskanter Hedgefonds“

Waldbauern, die früher Fichten anbauten und nun nach Baumarten suchen, die einen geeigneten Ersatz für Bauholz bieten könnten, könnten an dieser Stelle einhaken und sagen: „Das klingt alles schön und gut, aber der wirtschaftliche Ertrag könnte bei einer solchen Mischstruktur deutlich niedriger ausfallen.“ Dazu sagt Olaf Ikenmeyer: „Die Fichte war früher die Sparkasse der Waldbauern, heute ist die Fichte ein hochriskanter Hedgefonds.“ Jeder private Waldbauer müsse selbst entscheiden, wie viel klimatisches Risiko er für seinen künftigen Waldbestand auf sich nehmen wolle. „In unserem Forstamt werden jedenfalls keine Fichten mehr gepflanzt“, betont Ikenmeyer.

Fördermittel des Landes

Der 42-jährige Förster zeigt privaten Waldbauern aber auch Fördermöglichkeiten des Landes für Waldbesitzer auf, die neue Mischwälder anlegen wollen. „Hier gibt es Förderprogramme“, so Ikenmeyer. Der Landesbetrieb Wald und Holz nutzte übrigens 2017 selbst ein Förderprogramm, um mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ein Forschungsprojekt zur nachhaltigen Holzproduktion unter der Nutzung eingeführter Baumarten zu starten. In diesem Rahmen wurde auch die besuchte Schonung mit Atlaszedern im Lehr- und Versuchsrevier Lattenberg angelegt. Dr. Norbert Asche von Wald und Holz NRW hatte hierfür die Idee.

An einem Hang am Lattenberg wurde die Schonung mit 5000 Atlaszedern angelegt. Die Bäume wurden 2018 als zweijährige Setzlinge gepflanzt.
An einem Hang am Lattenberg wurde die Schonung mit 5000 Atlaszedern angelegt. Die Bäume wurden 2018 als zweijährige Setzlinge gepflanzt. © Martin Schwarz | Martin Schwarz

Das Regionalforstamt und auch das Zentrum für Wald und Holzwirtschaft wollen in den Lehr- und Versuchsrevieren Erfahrungen sammeln, damit auf diesen Erkenntnissen basierend Waldbauern über alternative Anpflanzungen entscheiden können. So gibt es neben dem Versuchsanbau mit Atlaszeder auch solche mit nordamerikanischer Küstentanne, Libanonzeder, Robinie aus Südosteuropa und Edelkastanie (aus dem Mittelmeerraum stammend).

Hier weitere Folgen aus der WP-Artikelserie „Waldretter“:

Arnsberg und Sundern trotz Sturm und Käfern sehr waldreich

Die heimischen Waldbauern kämpfen an allen Fronten

Wie Sunderns Wald künftig aussehen soll

Für Waldbauern, die die Holzindustrie beliefern, sind neue Erkenntnisse über alternative Nadelbaumarten interessant. „Denn das Holz von Laubbäumen wäre für die Baustatik neuer Häuser zu schwer“, erklärt Olaf Ikenmeyer. Wegen der schnelleren Ertragsreife sind Nadelbäume für die Forstwirtschaft oft deutlich attraktiver als Laubbäume. Bis eine Buche geerntet wird, könnten 50 bis 70 Jahre mehr vergehen als bei einem Nadelbaum. Deshalb geht’s im Lehr- und Versuchsrevier auch insbesondere um neue Erkenntnisse zu alternativen Nadelbäumen für die Holzwirtschaft.

Wegen schwerer langfristiger Prognose bleibt ein Restrisiko

Ein Restrisiko bleibt jedoch jedem Waldbauern erhalten. Jana Hanke sagt abschließend: „Ob letztlich die aus dem Ausland eingeführten Baumarten den Ertrag bringen, den man sich erhofft, weiß man erst nach etwa 80 Jahren, wenn die Bäume geerntet werden. Denn es könnten sich ja zum Beispiel zwischenzeitlich neue Krankheiten ausbilden, an die man heute noch gar nicht denken kann. Wir können aber heute mit einem neuen Mischwaldkonzept die Voraussetzungen schaffen, dass Baumschädigungen durch Trockenzeiten künftig verringert werden und insofern der Wald klimastabiler werden kann.“