Hüsten. In Hüsten haben Bernd Aukam und Elisabeth May den Pflegedienst „Via Nova“ gegründet. Warum sie das Risiko der Selbstständigkeit eingehen.

Die Aufgabenverteilung im Team des neuen ambulanten Pflegedienstes „Via Nova“ in Hüsten scheint klar definiert zu sein: „Bernd kommuniziert gerne und das Organisatorische liegt mir eher“, sagt Elisabeth May. Zusammen mit Bernd Aukam hat die 31-Jährige Anfang September den Pflegedienst in der Markstraße 27 gegründet.

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Zuvor haben sie bereits etwa zehn Jahre miteinander bei einem anderen Pflegedienst aus Arnsberg gearbeitet – und nun den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. „Wenn wir sowieso schon so viele Stunden in der Pflege arbeiten, warum sollen wir uns dann nicht selbstständig machen?“, fragt Bernd Aukam rhetorisch, der als examinierte Pflegefachkraft bei „Via Nova“ die Pflegedienstleitung übernommen hat.

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Also sehen sie in der Gründung mehr eine Chance statt ein Wagnis? „Ein Risiko ist immer mit dabei“, sagt Elisabeth May, „aber es ist überschaubar, weil die Nachfrage für Pflege hoch ist. Der Blick auf die Bevölkerungszahlen in der Stadt Arnsberg verdeutlicht diese Annahme: Schon jetzt bildet die Altersgruppe der 45- bis 55-Jährigen mit rund 11.200 Menschen den größten Anteil in der städtischen Bevölkerung mit insgesamt rund 75.000 Einwohnerinnen und Einwohner.

Durch die Entwicklung des demografischen Wandels wird der Anteil der Menschen in der Altersgruppe 65 bis 99 Jahre in Arnsberg laut Stadtverwaltung bis 2040 um etwa neun Prozentpunkte ansteigen – von derzeit rund 23 Prozent auf 32 Prozent in weniger als 20 Jahren. „Die Nachfrage an Altenpflege wächst bereits jetzt und der demografische Wandel verstärkt diesen Trend“, bekräftigt auch die Pflegefachkraft Bernd Aukam.

„Via Nova“ in Hüsten: Pflegedienst setzt auf ambulantes Angebot

Eine Herausforderung sei eher der Kampf um Nachwuchs mit den anderen Wettbewerbern auf dem Markt. Die Corona-Pandemie hat noch mal deutlich gezeigt: Schlechte Arbeitsbedingungen und wenig Perspektive auf Verbesserung drängen junge Fachkräfte aus dem Beruf. Viel Arbeit muss von wenigen Schultern getragen werden. Einige Pflegekräfte gucken sich nach Alternativen um. „Es ist schon logisch“, berichtet Bernd Aukam, „ein Pflegedienst ist auch ein Wirtschaftsunternehmen.“ Aber mit Blick auf die Entwicklung in den vergangenen Jahren bedauert der 37-Jährige die zunehmende Fokussierung auf das Profitdenken vieler Anbieter.

Und er weiß: Die Arbeit als Pflegefachkraft sei mehr eine Berufung statt ein Beruf: „Man muss mit Herz und Seele dabei sein.“ Seine Berufung hat Bernd Aukam während seiner Zeit im Zivildienst gefunden, „da habe ich meine soziale Ader entdeckt.“ Zuvor hatte er eine Ausbildung zum Klempner absolviert. Die examinierte Pflegefachkraft Elisabeth May hingegen ist schon mit 17 Jahren mit einem Praktikum in der Branche gestartet – und bis jetzt drangeblieben.

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Doch welche neuen Wege (lat.: via nova) möchten Elisabeth May und Bernd Aukam nun mit ihrem Pflegedienst gehen? Bei „Via Nova“ setzen sie auf ein ambulantes Angebot, um die Menschen nicht aus ihrem gewohnten Umfeld zu reißen. Das Leistungsspektrum erstreckt sich unter anderem über die Grundpflege, Medikamentenversorgung, palliative Tätigkeiten oder Hilfe in der Hauswirtschaft. Der Pflegedienst wirbt auch mit einer 24-stündigen Rufbereitschaft. „Wir wollen ein familiäres Umfeld schaffen“, sagt Elisabeth May.

Konkret bedeutet das: Überbelastung der Pflegekräfte vermeiden und feste Strukturen bei der Behandlung der Pflegebedürftigen herstellen. Wechselende Ansprechpartner bei der Betreuung soll es künftig nicht mehr geben.

Pflegedienst „Via Nova“ möchte auch in Sundern aktiv sein

Neben Bernd Aukam und Elisabeth May ist noch eine weitere examinierte Pflegefachkraft bei „Via Nova“ angestellt, vor kurzem ist noch eine Hauswirtschaftskraft zum Team gestoßen und die Frau von Bernd Aukam hilft in der Buchhaltung. Im Dezember beginnt dann noch eine Pflegefachkraft mit einem Ausbildungsschein ihren Dienst, sodass “Via Nova“ ab Mitte des kommenden Jahres bis zu zwei Menschen ausbilden möchte.

Das zeigt: Der Pflegedienst „Via Nova“ ist gekommen, um zu bleiben. Von ihrem Standort Hüsten aus, in den ehemaligen Räumlichkeiten des Caritasverbandes in der Marktstraße 27, wollen sie vor allem im Ort selbst, aber auch in Müschede, Herdringen sowie Hachen und anderen Dörfern in der Sunderner Umgebung abdecken.

„Wir möchten auch dorthin, wo einige Pflegedienste nicht mehr hinfahren, weil es sich wegen der Anfahrtszeit nicht lohnt“, sagt Bernd Aukam. „Aber mein Motto war immer: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“