Arnsberg. Eine Neheimer Familie hat gegen die Quarantäne ihrer Tochter Eilantrag eingereicht. Das Verwaltungsgericht lehnte ab.
Der vom Neheimer Max Humpe eingereichte Eilantrag auf Aufhebung der Quarantäne für eine Tochter, die in Neheim die dritte Klasse der Grundschule Müggenberg-Rusch besucht, wurde am Donnerstagmittag vom Verwaltungsgericht Arnsberg abgelehnt. Das bestätigte nun Gerichtssprecherin Silke Camen.
Das ist die Geschichte der Quarantäne>>>
Diskussion angestoßen
Der Neheimer Vater hatte am Wochenende eine Diskussion über die Praxis der Quarantäneregeln in Grundschulen angestoßen. Seine Tochter war nach einem gemeinsamen Frühstück in der Klasse wie andere Kinder auch in Quarantäne geschickt worden, nachdem in der Klasse ein Coronafall nachgewiesen worden war.
Das ist die Stellungnahme der Schule>>>
Gericht lehnt ab
„Eine Absonderungsanordnung nach dem Infektionsschutzgesetz darf auch gegen eine Schülerin erlassen werden, die keine unmittelbare Sitznachbarin einer an Corona erkrankten Mitschülerin beziehungsweise eines Mitschülers ist“, so das Gericht. Eine entsprechende Entscheidung des Gesundheitsamts des Hochsauerlandkreises hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg in einem heute ergangenen Beschluss bestätigt.
Die Antragstellerin, die die dritte Klasse der Grundschule Müggenberg-Rusch besucht, hatte im Rahmen des Schulunterrichts letztmals am Mittwoch, 18. August 2021, Kontakt zu einem beziehungsweise einer am darauffolgenden Tag positiv auf das SARS-CoV-2-Virus getesteten Mitschüler. An diesem Schultag haben die Schülerinnen und Schüler zudem für einen Zeitraum von 15 Minuten gemeinsam gefrühstückt; dabei sollen sie an ihren Plätzen verblieben sein. Das Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises ordnete daraufhin mit Bescheid vom 23. August 2021 eine Absonderung der Antragstellerin in häuslicher Quarantäne ab dem 20. August 2021 bis mindestens 1. September 2021 an. Diese Quarantäneanordnung soll den Angaben der Eltern der Antragstellerin zufolge inhaltsgleich an die Erziehungsberechtigten sämtlicher Schülerinnen und Schüler der betroffenen Klasse ergangen sein.
Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat nunmehr entschieden, dass die Absonderungsanordnung gegen die Antragstellerin voraussichtlich zu Recht ergangen ist.
Begründung vorgelegt
Die Begründung: Im Hinblick auf das SARS-CoV-2-Infektionsrisiko habe das Robert-Koch-Institut (RKI) acht Faktoren erarbeitet, die für die Einschätzung und Bewertung des Infektionsrisikos im Fall einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion bei einer Person im Klassenverband zu berücksichtigen sind. Dabei unterscheide das RKI hinsichtlich des je nach situativer Ausgestaltung des jeweils zu berücksichtigenden Umstands bestehenden Infektionsrisikos für den Klassenverband zwischen drei Risikostufen (gering, höher oder am höchsten). „Liegen im konkreten Fall überwiegend Faktoren vor, die mit einem höheren oder hohen Infektionsrisiko einhergehen, so reicht laut den Ausführungen des RKI die Quarantäne der umgebenden Sitznachbarn des Quellfalls nicht aus, sondern es ist die Anordnung umfassenderer Quarantänemaßnahmen beziehungsweise einer Quarantäne des gesamten Klassenverbandes zu prüfen“, so das Verwaltungsgericht. Überwiegen hingegen Faktoren, die für ein geringes Infektionsrisiko sprechen, so kann das Gesundheitsamt gezieltere Maßnahmen anordnen und eine Quarantäne des gesamten Klassenverbandes ist nicht grundsätzlich erforderlich.
Die Kammer führt in ihrer heutigen Entscheidung aus, dass ausgehend hiervon im entschiedenen Fall für mindestens fünf der zu berücksichtigenden Einflussfaktoren (Symptomatik Quellfall, Mund-Nasen-Schutz Quellfall, Mund-Nasen-Schutz exponierte Person, Aktivität und Dauer der Exposition) von der erhöhten oder höchsten Risikostufe auszugehen sei, da die Schülerinnen und Schüler mehrere Schulstunden gemeinsam im Klassenverband verbracht hätten, bei dem Quellfall bereits deutliche Symptome festzustellen gewesen seien und – jedenfalls zeitweise – weder von diesem noch von den exponierten Personen ein Mund-Nasen-Schutz getragen worden sei. Außerdem habe ein gemeinsames Essen stattgefunden. Dies trage in der Gesamtschau den Erlass einer Absonderungsverfügung.
Auch wenn die Kammer nachvollziehen könne, dass durch die den Erlass begleitende Kommunikation der Landesregierung möglicherweise eine andere Erwartungshaltung der Betroffenen entstanden sein mag, sei eine solch differenzierte Betrachtung bei Infektionsfällen in Schulen weiterhin erforderlich und werde durch die Hilfestellung des RKI gerade ermöglicht. Die streitbefangene Absonderungsverfügung erweise sich – so das Gericht – auch im Ergebnis nicht als unverhältnismäßig, auch wenn nicht verkannt werde, dass die damit einhergehenden Einschränkungen für Schulkinder und deren Eltern unter anderem unter Berücksichtigung der Dauer pandemiebedingter Beeinträchtigungen äußerst belastend seien. „Denn derzeit sei es vor dem Hintergrund der wieder rasch ansteigenden Infektionszahlen und der gleichzeitigen erneuten Zunahme intensivmedizinisch behandlungsbedürftiger Fälle mit Blick auf die hohen Schutzgüter der menschlichen Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems erneut von besonderer Bedeutung Infektionsketten zu unterbrechen“, teilt das Gericht mit.
Gegen den Beschluss vom 26. August 2021 kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erhoben werden.