Arnsberg/Neheim/Sundern. Durch Lockdown und Kurzarbeit fehlt es in Restaurants und Co. an Personal, auch im HSK. Drei Gastronomen berichten von den Problemen damit:

Innerhalb des vergangenen Jahres hat das Hotel- und Gastronomiegewerbe im Hochsauerlandkreis rund 1000 Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte verloren. Das hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Südwestfalen unter Berufung auf die jüngsten Zahlen der Arbeitsagentur nun veröffentlicht. Auch hier in Arnsberg, Neheim und Sundern fehlt es an Mitarbeitern in der Branche, wie sich auf Nachfrage dieser Zeitung zeigt.

Neue Anstellungen gefunden

Hans-Dietmar Wosberg, Präsident der Dehoga Westfalen, Präsidiumsmitglied der Dehoga NRW und selbst Gastronom, kann den Mangel an Mitarbeitern bestätigen.

„Uns fehlen 450-Euro-Kräfte und Fachkräfte“, sagt er stellvertretend für die gesamte Branche. Ein großes Problem aktuell sei es, erklärt er, die Fachkräfte und Aushilfen wieder zurückzuholen. Viele hätten bereits alternative Festanstellungen, zum Beispiel in der Industrie, gefunden. Ausschlaggebender sei allerdings, dass die Situation momentan einfach noch zu unsicher sei, um neue Kräfte einzustellen. „Keiner weiß genau, wo es hingeht. Wie sieht es im September aus? Das Risiko ist für viele einfach zu hoch“, sagt er.

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Das sei sowohl von Seiten des Gastronomen jemanden einzu­stellen, als auch von möglichen Mitarbeitern, eine Stelle anzunehmen, der Fall.

Ein weiterer Grund für den Fachkräftemangel in Gastronomie und Hotellerie seien die fehlenden Auszubildenden. Ganze zwei Jahrgänge sind wegen Corona „ins Wasser gefallen“, und es fehlen die Bewerber. Hinzu komme, dass Restaurants, Bars, Cafés und Co. derzeit auch aufgrund der Corona-Regeln noch nicht auf 100 Prozent fahren. Darum, und weil die Mitarbeiter fehlen, haben einige seiner Kollegen zurzeit auf kleinere Speiseangebote umgestellt. Er selbst ist nicht von Mitarbeitermangel betroffen – Hans-Dietmar Wosberg führt das Feinkostgeschäft und die Kochschule „Kochschmiede Wosbergs Genusslandschaft“ in Arnsberg in Eigenarbeit – gemeinsam mit seiner Frau Angelika. Für die nächsten Monate wünscht er sich eine stärkere Zusammenarbeit mit Gewerkschaft und Politik, um die zahlreichen Probleme der Branche in den Griff zu bekommen.

Mitarbeiter lehnen Kurzarbeit ab

Unter der Pandemie musste auch das China Restaurant „Dynastie“ in Neheim leiden. Inhaber Shiao-Feng Yu bezeichnete das Corona-Virus als Stigma für sein Restaurant. Zu Beginn der Pandemie hätten viele Kunden das chinesische Restaurant gemieden – und der Umsatz sank. Daraufhin konnte der 41-Jährige seinen Mitarbeitern größtenteils nur Kurzarbeit anbieten. „Einige Angestellte lehnten die Kurzarbeit ab und suchten sich lieber eine neue Arbeitsstelle“, so Yu. Da das Restaurant unter der Woche hauptsächlich ein Buffet anbot, das während der hohen Infektionszahlen nicht weiter umsetzbar war, musste der Betrieb auf das Wochenende gekürzt werden. Es wurden dann ausschließlich Gerichte von der Karte und zum Mitnehmen serviert. Einige der frischen Gerichte mussten dabei von der Karte gestrichen werden. Das Verkaufen von beispielsweise Salat hätte sich angesichts der Nachfrage und des Ertrags nicht gelohnt. Im Lokal sei eine Kernsanierung geplant gewesen, die aber ebenfalls aus finanzieller Sicht aufgrund der Pandemie nicht möglich war.

Schwierig ist die Lage auf der MS „Sorpesee“: Vier Aushilfskräfte haben sich in der Coronazeit anders orientiert, ersetzt werden konnten sie von Dagmar und Udo Bierhoff bislang nicht.
Schwierig ist die Lage auf der MS „Sorpesee“: Vier Aushilfskräfte haben sich in der Coronazeit anders orientiert, ersetzt werden konnten sie von Dagmar und Udo Bierhoff bislang nicht. © Hans Blossey

Durch die aktuelle Besserung der Lage sei das Personal wieder aufgestockt worden. Einige Zugänge seien neue und einige bereits frühere Mitarbeiter des Lokals. Dabei ergeben sich aber Schwierigkeiten: Viele seien nicht mehr an die Arbeitszeiten der Gastronomie, beispielsweise daran, am Wochenende zu arbeiten, gewohnt. Shiao-Feng Yu erklärt: „Wenn sie sich am Wochenende mit Freunden verabredet haben, funktionierte das in einem Bürojob. In der Gastronomie muss man aber auch dazu bereit sein, auch mal am Wochenende zu arbeiten.“ Gleichzeitig sei es für den Inhaber, nach seinen bisherigen Erfahrungen, besonders knifflig, zuverlässiges Personal zu finden. Sie sollten dem 41-Jährigen nach auch im Falle einer Krisensituation möglichst im Restaurant weiterarbeiten und nicht kündigen. Ansonsten würde dies das Lokal erneut sehr belasten.

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Vier Aushilfen verloren

Eine ähnliche Erfahrung wie die anderen Gastronomen haben auch Dagmar und Udo Bierhoff gemacht: Die Pächter der MS Sorpesee haben vier Aushilfskräfte aus dem ohnehin kleinen Team in der Corona-Zeit verloren: „Wir sind ja über neun Monate nicht gefahren, da haben sie sich andere Nebenjobs besorgt“, sagt Udo Bierhoff und hat Verständnis für diese Situation. Nun aber fahre man nur noch zu zweit: „Meine Frau und ich managen das., an den Wochenenden packt dann unsere Tochter mit an. Wir sind aber enttäuscht von denen, die bei uns zwischenzeitlich angeheuert hatten: Wir müssen sie ab dem ersten Tag anmelden und für sie zahlen, und dann sind sie einfach mit Ausreden wieder verschwunden.“ Der Kapitän mutmaßt, dass die Arbeit auf dem Schiff dann doch nicht gefiel.

Jeder siebte Beschäftigte fehlt

Jeder siebte Beschäftigte im Bereich Hotel und Gastronomie fehlt laut laut NGG. Und damit nicht genug: Die Gewerkschaft geht davon aus, dass sich aufgrund des lang anhaltenden Lockdowns der Personal-Schwund weiter zugespitzt habe.

Lars Wurche, Gewerkschafts­sekretär der NGG-Region Südwestfalen erklärt: „Viele Menschen schätzen es, nach langen Entbehrungen endlich wieder essen zu gehen oder zu reisen. Aber ausgerechnet in der Sommersaison fehlt einemGroßteil der Betriebe schlicht das Personal, um Gäste bewirten zu können.“

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit beschäftigte das Hotel- und Gaststättengewerbe im HSK zum Jahreswechsel 6164 Menschen. Genau ein Jahr zuvor – vor Ausbruch der Pandemie – waren es noch 7140.

Damit haben innerhalb von zwölf Monaten 14 Prozent der
Beschäftigten die Branche ver­lassen.

„Uns bleiben am Ende nur zusätzliche Kosten und der Ärger, die Bewirtung irgendwie hinzubekommen“, sagt er. Derzeit wird – wie auf der Bigge – mit einem reduzierten Fahrplan gearbeitet: „Das hilft uns ein wenig, die Situation zu meistern“, erklärt der Kapitän im Gespräch mit dieser Zeitung.