Redaktionsleiter Martin Haselhorst appelliert vor Corona-Demo in Hüsten an Vernunft der Unzufriedenen: Bleibt zu Hause! Botschaft ist angekommen“

Unser Opa (84) macht sich Sorgen – um seine Gesundheit, aber auch um das Miteinander. Es sei eine schlimme Zeit, in der wir alle aufeinander aufpassen müssen. Er spricht vom Krieg und der Stunde Null. „Damals aber haben wir alle gesehen, was los ist – es lag ja alles in Trümmern“, erzählt er. Niemand konnte mehr sagen, das alles stimme nicht und sei doch gar nicht so schlimm. Die Corona-Gefahr sei aber unsichtbar.

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Heute teilt sich die Meinung zum Virus und wie mit ihm umzugehen ist. Auch in Arnsberg, wo zu einer Demo aufgerufen wird, die nach Bekundung des Veranstalters „auf das Leid aufmerksam machen möchte“, das durch Corona-Maßnahmen entsteht. Ja, das muss benannt werden. Und das machen wir hier in der Zeitung und in allen Medien täglich mit Geschichten über Gastronomen in Existenznot, leidenden Kulturschaffenden, Familien in der Betreuungs- und Quarantänefalle und den Blick auf die Zustände in den Schulen. Wir geben auch dem Widerspruch gegen Beschränkungen eine Stimme. Nicht, weil wir diesen teilen (das spielt in unserem Job nämlich keine Rolle), sondern weil wir hier im Land glücklicherweise eben keine gleichgeschaltete Presse haben.

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Meinungsäußerung ist ein hohes Gut. Eine Demo zu verbieten, muss gut begründet sein, um nicht pauschalen Systemkritikern Wasser auf die Mühlen zu gießen. Wer aber zu einer Demo wie in Hüsten aufruft, trägt – wenn auch nicht juristisch – die hohe moralische Verantwortung dafür, wenn es dort zu in dieser Infektionslage unverantwortlichen Regelverstößen und gegebenenfalls zu Ansteckungen bei der Ansammlung kommt. Und auch, dass sich Rechtspopulisten unter die vielleicht ja Gutmeinenden mischen, wird eingepreist. Ein wirklich gutmeinender Veranstalter grenzt sich - nicht nur im Vorfeld, sondern auch auf der Demo-Bühne - von Verantwortungslosigkeit und Gewalt unmissverständlich ab.

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Brauchen wir diese Demonstration in Hüsten eigentlich noch? Nein, allein mit dem Aufruf wurde die zuweilen viel zu scharfe Diskussion über das Für und Wider der Coronapolitik auch hier vor Ort erneut in Gang gebracht. Die Botschaft, dass nicht alle Menschen mit ergriffenen Maßnahmen zufrieden sind, dass es viele Leidtragende der Pandemie gibt (schön wäre es, wenn auch Erkrankte und Hinterbliebene von Verstorbenen in diesem Zusammenhang genannt werden würden) ist angekommen. Das Ziel einer Demo ist – zumindest wenn man es zwar andersmeinend, aber gut meint – doch eigentlich schon erreicht. Die Argumente werden durch Präsenz und Plakate weder besser noch schlechter.

Bleibt also zu Hause, freut euch, dass unsere freie Gesellschaft auch auf Abstand kontrovers diskutieren kann und bringt Euch, Eure Familien und andere nicht in Gefahr.