Arnsberg. Christoph Grüner ist Revierförster in Arnsberg-Breitenbruch. Als Schnittstelle digital gesteuerter Prozesse ist er ein moderner Waldmanager.
Die Zeiten waren mal anders. Christoph Grüner breitet auf der Motorhaube seines mit Lehmspritzern verdreckten Pick-Ups historisches Material aus: Eine alte Breitenbrucher Grenzkarte aus den 30er-Jahren, eine laminierte Karte aus der Nachkriegszeit und ein über hundert Jahres altes und in feiner Handschrift akribisch geführtes Revierbuch. Infos und Daten, die auch der heutige Revierförster so noch braucht. Abrufen kann er sie mit wenigen Klicks auf seinem Tough Pad.
Mobiler Abruf von allen Daten
Klagten Förster noch vor Jahren, das sich ihr Arbeitsplatz mehr und mehr vom Wald in das Büro verlagern würden, geht es inzwischen auch wieder anders. Das Büro kommt mit in den Wald. „Das Pad ist mein Computer“, sagt Christoph Grüner. Alle für seine Arbeit relevanten Daten kann er mobil abrufen und auch eingeben. Mit dem robusten und wasserfesten Tablet ist der Revierförster auch mitten im Wald der vernetzte Mittelpunkt komplexer Prozesse der Forst- und Holzwirtschaft.
Geodaten und Kartenmaterial
Inzwischen sind nahezu alle Förster des Landesbetriebs Wald und Holz mit diesen Geräten ausgestattet. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Abrufbar ist auch offline - und das ist in den entlegenen Ecken des Arnsberger Waldes ja die Regel - umfangreiches Kartenmaterial. Über die Karte seines 2300 Hektar großen Revieres Breitenbruch - eines der größten im Lande - kann Christoph Grüner sich tief in die Materie einklicken. Ein Fingertipp auf den Waldbereich und schon werden dort Baumbestände und Daten zum Areal angezeigt. „Wichtig ist das auch für Kollegen in Betreuungsrevieren mit vielen kleinen privaten Waldbesitzern“, erzählt Grüner, „da sieht der Förster schnell, in wessen Wald er gerade steht“.
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Das Pad ist die Schnittstelle einer zunehmenden Vernetzung der Arbeitsabläufe im Wald. Schon jetzt finden sich auf dem Tablet die Daten zu den durch die Borkenkäfer-Problematik höchstaktuellen Kalamitäten im Wald, zum Alt- und Totholzkonzept, zu Wildverbissschäden oder Verjüngungsflächen. Eine rasant wachsende Datensammlung, die sich zunehmend mit allen Beteiligten der Waldkreisläufe verknüpft.
Prozesse digital verknüpft
„Auch die Holzabfuhr ist ja schon einfacher“, erzählt Christoph Grüner, „bereits mit der Holzrechnung werden an die Geodaten der Holzpolter verschickt“. Auch der ortsfremde Transporteur findet so punktgenau die von ihm abzuholenden Stämme. Selbst die kolossalen Harvestermaschinen, die sich seit dem Fichtensterben in der Region für jedermann sichtbar durch den Wald fräsen, sind Teil der digitalen Verknüpfung. Das Maschinen erfassen direkt digital, wie viele Bäume sie mit welchen Maßen schlagen und später auf den Poltern ablegen. Von der anderen Seite erhält der Förster die digitalen Maße von den Sägewerken und kann entsprechend abgleichen. „Die Digitalisierung sorgt hier für alle Seiten für ein Höchstmaß an Transparenz“, so Grüner. Letztendlich kann auch jeder Revierförster im Lande auf alle Daten in NRW zurückgreifen.
Für den Förster gibt das Spielraum. Er kann viel dort sein, wo er hingehört und in der Regel am liebsten ist: Im Wald! „Natürlich gibt es aber auch Dokumentationsarbeiten, die ich lieber mit richtiger Tastatur im warmen Büro erledige“, sagt Christoph Grüner. Auch zeitintensive Nacharbeiten lassen sich besser im Büro machen. Dank des Tough Pads hat der Förster aber auch an jeder Stelle des Waldes alle Daten verfügbar, die er braucht. Das beschleunigt Prozesse und Kommunikation.
Visionen für die Zukunft
Die Räder greifen digital ineinander. „Perspektivisch ist da noch viel mehr denkbar“, weiß der Revierförster. Noch sind die Waldarbeiter nicht mit solchen System ausgestattet. Dort, wo sie ausgebildet werden, im Forstlichen Bildungszentrum in Neheim, denkt man aber schon weiter. Die Schule ist Teil des Kompetenzzentrums Wald 4.0, das sich wissenschaftlich begleitet mit den Digitalisierungsthemen der Waldwirtschaft auseinandersetzt und auch an den Visionen arbeitet. Forschungsprojekte arbeiten sogar daran, wie künftig über Sonden und Wetter- und Temperaturberechnungen ermittelt werden kann, zu welchen Zeiten die Harvester an welchen Stellen des Waldes arbeiten können, ohne dabei einen noch zu feuchten Waldboden zu zerstören.
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Vorteile nutzen
Christoph Grüner ist ein junger Mann. Ins abgenutzte Klischee des alten Oberförsters Pudlich, der mit Dackel und Flinte durch das Unterholz streift, passt er wie wohl all seine Kollegen nicht mehr. Er ist ein moderner Waldmanager. Mit seinen 36 Jahren bezeichnet er sich aber noch nicht als „digital nativ“. Und so gehört auch er zu denen, die trotz Tough Pad am Mann gerne noch eine ausgedruckte Karte in der Hand haben. „Das ist auch eine Typenfrage“, sagt er. Ebenso trägt er noch den wie eine Fahrradklingel aussehenden Stückzähler bei sich, mit dem per Knopfdruck die Stämme auf dem Polter gezählt werden. Mit dem Pad geht es aber manchmal schneller: Foto machen - und ein Programm rechnet aus, wie viele Stämme dort liegen.
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Das Technikvertrauen hat manchmal aber seine Grenzen. „Wir haben es ja nicht mit genormten Dienstschrauben zu tun, sondern am Ende mit einem natürlich gewachsenen Baum“, sagt Christoph Grüner. Er möchte die Vorteile der Digitalisierung nutzen, ohne seine Kompetenzen außer acht zu lassen. „Wir können im Wald ja alles, was wir wollen, digitalisieren“, sagt er, „als Förster will ich auch selber noch erkennen können, wie alt ein Baum ist“. Das will er sich nicht nehmen lassen.