Arnsberg. Der Botschafter Stèphane Dion aus dem Norden Amerikas sprach in Neheim mit Experten über Kanada, Klimawandel und Kooperation.

Hoher Besuch und eine zusätzliche Aufwertung der Stadt Arnsberg als Kompetenz-Standort für das Thema Wald, Holzwirtschaft und Nachhaltigkeit: Der kanadische Botschafter Stèphane Dion schaute am Freitagnachmittag hinter die Kulissen des Forstliches Bildungszentrum für Waldarbeit und Forsttechnik in Neheim. „Der Wald in Deutschland ist so schön. Hier fühle ich mich zu Hause als Kanadier“, sagte der Diplomat bei seiner Stippvisite im Wald und erhob dabei laut die Stimme, um gegen das Dröhnen der Motoren und die Arbeitsgeräusche des ihm kurz vorgestellten Harvesters anzukommen.

Kanadischer Spaten als Pflanzwerkzeug

Der „kanadische Spaten“ ist ein Arbeitsgerät für Wald- und Forstarbeiter.

Der Spaten dient zum Aufstechen von Boden zum Anpflanzen von Baumsetzlingen. Bis zu 4000 Pflanzen pro Tag können von versierten Arbeitern auf sandigen Böden ausgebracht werden.

In Neheim wird ein abgewandeltes Spatenmodel für festere Böden eingesetzt.

Wald mit Problemen

Schöner Wald? Ja, aber wie lange noch. Genau die Probleme des Waldes in Nordrhein-Westfalen nach Sturmereignissen, Borkenkäferbefall, Hitzewellen und Trockenheit sowie in Zeiten eines nicht mehr wegzudiskutierenden Klimawandels wurden dem Gast aus Kanada vorgestellt. „Die Situation ist dramatisch“, empfingen die Gastgeber den Botschafter. Der Wald zahle nun den Preis für Versäumnisse im Kampf gegen den Klimawandel.

„Arnsberg soll Antworten geben“

Der Wald steht für die Notwendigkeit zum nachhaltigen Handeln. Genau darauf wies auch Esther von Kuczkowski hin. Sie begrüßte den kanadischen Botschafter als Vertreter der Arnsberger Stadtverwaltung. „Die Herausforderungen sind komplex“, sagte sie in blitzsauberem Englisch, das in der Ausdrucksstärke sichtbar auch den Botschafter beeindruckte. Kuczkowski, die sich in der neuen Verwaltungsstruktur der Stadt Arnsberg stark um das Thema Bildung und Zukunftsfragen kümmern soll, verwies auf die Notwendigkeit der Vernetzung, die Ziele der im Jahr 2018 vom Rat verabschiedeten Nachhaltigkeitsstrategie und das Bemühen der Stadt, ein Hochschulstandort für Wald, Forst-, Holzwirtschaft und Nachhaltigkeit zu werden: „Die Location Arnsberg soll Antworten geben auf die dringenden Fragen der globalen Zukunft“. Der Besuch eines Botschafters in der Stadt sei da sicher ein gutes Signal.

Zentrale forstliche Bildungseinrichtung

Forstwirtschaftliche Hochschulen sind rar gesät. Nächste größere Standorte sind die Fachhochschule und die Universität in Göttingen, die FHs in Eberswalde, Rottenburg und Erfurt.

Das Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald in Obereimer ist am 2007 aus dem ehemaligen Forstamt Arnsberg (nur Staatswaldflächen) sowie der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung, der Forstgenbank (jetzt: Ökologischer Waldbau und Forstgenetik) und der Waldarbeitsschule (jetzt: Forstliches Bildungszentrum für Waldarbeit und Forsttechnik) entstanden.

Mit dem Forstlichen Bildungszentrum für Waldarbeit und Forsttechnik (FBZ) in Neheim betreibt Wald und Holz NRW die zentrale forstliche Bildungseinrichtung für in Nordrhein-Westfalen. Hier stehen die Themen Forsttechnik und Waldarbeit im Mittelpunkt. Darüber hinaus finden die Angebote zur biologischen Produktion, Jagd, Recht, Ökosystemmanagement, Holzverwendung, Waldpädagogik und weitere über ganz NRW verteilt statt.

Vernetzung und Digitalisierung

Vieles zum Thema Vernetzung und Digitalisierung war am Freitag auch Thema. Frank Heinze stellte die Arbeit des „Kompetenzzentrums Wald und Holz 4.0“ vor, in dem das Forstliche Bildungszentrum in Neheim neben Lehrstühlen der Hochschule in Aachen (RWTH), dem Institut for Research and Transfer (RIF) ein wichtiger Partner ist. Das Thema Digitalisierung des Waldmanagements vom Anpflanzen über Erfassen und Fällen bis hin zum Abtransport wird auch in Arnsberg schon umgesetzt. „Wir suchen auch noch Partner aus der Industrie - auch in Kanada!“, so Frank Heinze.

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Wissenschaftliche Studie

„Kooperation ist ganz wichtig, um Lösungen zu finden“, sagte so auch Botschafter Stèphane Dion in Neheim. Diese gibt es bereits auch mit kanadischer Beteiligung und direkter Anwendung in Neheim. Die Uni in Göttingen kooperiert mit der New Brunswick University in Kanada bei sondengesteuerte Messverfahren über die Möglichkeiten von Einsätzen großer Maschinen wie den Harvestern bei Waldarbeiten. Im Projekt „BefahrGut“ geht es darum, dass datenbasiert festgestellt werden kann, wann schweres Gerät an welchen Stellen im Wald eingesetzt werden kann, ohne den Waldboden beschädigend aufzureißen. „Untersuchungen und Tests laufen auch in Arnsberg“, erklärte Prof. Dr. Dirk Jäger von der Uni Göttingen.

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Nichts kaputt zu machen ist am Harvester-Simulator im Forstlichen Bildungszentrum. Hier schaute der Botschafter Waldarbeitern über die Schulter, die das Fällen und Verarbeiten von Bäumen mit schwerem Gerät wie in einem PC-Spiel mit dem Joystick übten. Hier guckte Dion nur zu. Im Wald durfte er aber Hand anlegen und einen Baum pflanzen. Mit einem Spezialwerkzeug: dem kanadischen Spaten.