Arnsberg/Sundern. Rund 150 Arnsberger kamen zur Mahnwache und Kundgebung gegen rechte Gewalt und Hetze am Freitagabend an den Ruhrterrassen in Arnsberg.
Arnsberg reagiert auf die schlimmen und vermeintlich rassistisch motivierten Gewalttaten mit neun Toten in Hanau und schlagen Alarm vor rechter Gewalt. Dass ausgerechnet fast zeitgleich Hakenkreuz-Schmierereien in Oeventrop auftauchen besorgt zusätzlich. Am Freitagabend kamen rund 150 Arnsberger zu den Ruhrterrassen zu einer Mahnwache und Kundgebung. „Es ist Zeit, dass wir in Arnsberg klar Position beziehen“, sagt Jan Ovelgönne. Der Arnsberger ist Sprecher von Bündnis 90/Grüne, „Hetze, Schmierereien und Gewalt dürfen wir nicht dulden“.
Jan Ovelgönne freute sich, dass neben Arnsberger Bürgern auch die Vertreter aller demokratischen Parteien des Arnsberger Stadtrates gekommen waren. „Wir stehen hier als Stadtgesellschaft“, sagte er. Die Tat in Hanau, so Ovelgönne, habe ihn als Deutschen zutiefest beschämt. Er sieht darin aber nur „die Spitze des Eisberges“. Er verwies auf tägliche verbale Gewalt, Schmierereien und stille Duldungen von Grenzüberschreitungen.
Wenig junge Leute
Was auffiel bei der Arnsberger Kundgebung: Insgesamt kamen nur wenig junge Menschen, und Jugendliche, um ein Zeichen zu setzen. Allerdings war die Veranstaltung auch mit kurzem Vorlauf organisiert worden. Erst am Morgen hatte Jan Ovelgönne die Kundgebung angemeldet. Über die sozialen Netzwerke - offenbar aber nicht die ganz jungen Kanäle - hatte sich die Nachricht dann verbreitet.
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„Wir haben ein rechtes Problem!“
„Wir haben ein echtes rechtes Problem“, schreibt Verena Verspohl, Arnsberger Ratsfrau von Bündnis 90/Grüne, zuvor in einem Facebook-Beitrag, „unsere Demokratie befindet sich in einer Extremsituation“. Sie werde alles dafür tun, dass sich „dieser Hass nicht weiter ausbreiten kann“. Verspohl macht weiter klar: Zusammenhalt müsse wieder das klare Ziel aller sein, rechtes Gedankengut und fehlende Distanzierung müsse klar benannt sein. „Ich dulde keinerlei Kooperation mit der AfD“, sagt Verena Verspohl, „ich fordere alle anderen dazu auf, es mir gleich zu tun“.
Vogel ruft zur Schweigeminute auf
Regierungspräsident Hans-Josef Vogel hatte am Donnerstagabend schnell ein Zeichen gesetzt . Zusammen mit seiner Frau besuchte er die Shisha-Bar „Shaeray Lounge“ in Neheim und twitterte unter den Hashtags #Zusammenhalten und #Solidarität von „einem angenehmen Abend mit guten Gesprächen“. Der Hanauer Attentäter erschoss einige seiner Opfer in Shishabars. Am Freitag dann rief Vogel um 13 Uhr die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksregierung auf, für eine Minute schweigend der Opfer des Attentates von Hanau zugedenken. „Wir gedenken heute still der Opfer des rassistischen Attentates von Hanau und sind in Gedanken auch bei den Überlebenden und deren Angehörigen. Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und dem Anschlag in Halle im vergangen Jahr stehen wir erneut erschüttert hier – und müssen doch jetzt umso lauter gemeinsam unsere Demokratie im Alltag verteidigen“, appelliert Regierungspräsident Vogel.
Am Freitagabend bei der Kundgebung standen CDU, FDP, Linke, SPD und Bündnis 90/Grüne Seite an Seite. „Da muss man zusammenstehen“, sagte der FDP-Vorsitzende Fabian Schrieck, „das ist wichtig und steht Arnsberg gut zu Gesicht“. Kundgebungsbesucher Michael Küsgen sprach von einem „längst überfälligen Zeichen“.
Auch Bürgermeister Ralf Paul Bittner sprach zu den Arnsbergern an den Ruhrterrassen: „Es wird Zeit, aufzustehen, Gesicht zu zeigen, alle gemeinsam - gegen Spalter, Hetzer und Feinde der Demokratie“. Das müsse an vielen Orten, auch in Arnsberg, passieren. Im breiten Konsens müssten die Arnsberger zeigen, was ihnen wichtig ist. „Wir brauchen starke Zeichen und Momente, die Toleranz stärken“, so Bittner.
Nicole Jerusalem (CDU) sprach von einem Auftreten „Hand in Hand gegen Hass, Hetze und Rassismus und für Offenheit, Toleranz, Zusammenhalt und den Schutz von Minderheiten“. Es sei wichtig, dass „wir alle hinschauen“ und nicht schweigen. Das taten auch ihre Parteikollegen nicht, die mit Transparenten und Schildern gekommen waren.
Vehement setzte sich Claudia Brozio für klare Haltungen ein. „Es gibt nicht ein bisschen ausländerfeindlich“ sagt sie, „man ist es oder ist es nicht“. Mit Blick auf die Geschichte und das Erstarken der Nationalsozialisten in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts müsse sich die Gesellschaft kritisch fragen, an welchem Punkt sie heute stehe.
Zu den Hakenkreuz-Schmierereien in Oeventrop hatte die Kreispolizei Hochsauerlandkreis am Freitagmittag noch keine weiteren Hinweise vorliegen.
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