Arnsberg. Seit vier Jahren engagiert sich die Arnsbergerin Kornelia Kannengießer intensiv für gequälte Hunde in Rumänien – macht Menschen und Tieren Mut.

Was ist Mut? Vielleicht die Eigenschaft, Grenzen sinnvoll zu überschreiten? Wenn dem so ist, hat Kornelia Kannengießer diesen Schritt im Frühjahr 2016 gewagt, als sie erstmals nach Rumänien flog, um sich vor Ort um misshandelte, vom Tod bedrohte Hunde zu kümmern. Mut machen musste sich die Arnsbergerin zunächst einmal selbst, denn sie leidet unter extremer Flug- und Platzangst.

Beginn im Sommer 2015

„Angefangen hat alles schon im Sommer 2015“, berichtet sie, „mit einem Sack Hundefutter.“ Den gab Kornelia Kannengießer einer Bekannten mit – als Spende für eine Rumänin, die sich im Balkanland für herrenlose Fellnasen engagiert. Damals waren es 150 Hunde – heute sind es über 400; und aus Maria Cristina Rizea (so der Name der jungen rumänischen Frau) ist eine enge Vertraute geworden. „Wir machen uns immer wieder gegenseitig Mut“, erzählt Kornelia Kannengießer, Vorsitzende „ihres“ 2017 gegründeten Vereins „Hilfe statt Trost“, ein sogenannter „nicht eingetragener Verein“ (n. e. V.). Diese Rechtsform sichert Gemeinnützigkeit – bedeutet aber weniger Bürokratie. Schließlich gibt es ohnehin jede Menge zu tun...

„Steckbrief“ Kornelia Kannengießer

Kornelia Kannengießer, Jahrgang 1962, ist in Arnsberg geboren und aufgewachsen. Bis heute ist die Stadt, bzw. der heutige Stadtteil Arnsberg ihr Lebensmittelpunkt.

Kornelia Kannengießer arbeitet als Verwaltungsangestellte beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Westfalen.

Neben ihrem Engagement für Hunde ist die Arnsbergerin (Mutter einer erwachsenen Tochter) auch für ihre große Leidenschaft zu Pferden bekannt.

Der Verein ist aus einer Facebook-Gruppe entstanden, die Kornelia vor fast vier Jahren ins Leben rief – obwohl sie bis dahin mit sozialen Netzwerken überhaupt nichts am Hut hatte. Familie und Freunde machten ihr damals Mut, ihren Wunsch nach Hilfe für „Rumänienhunde“ in die Welt zu tragen… Aus einem Sack Futter wurde eine ganze Garage voll; Spenden zu generieren, Plätzchen, Waffeln und Liköre für den guten Zweck zu machen wurde zum Lebensinhalt.

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Das unglaubliche Engagement machte vielen Sauerländern – und inzwischen Menschen in ganz Deutschland – Mut, mit zu helfen: 1172 Mitglieder zählt „Hilfe statt Trost“ aktuell auf Facebook, Tendenz steigend. „Alles wurde immer größer“, blickt die Gründerin zurück, und darf unglaublich stolz auf das bisher Erreichte sein.

Das Camp „Hope for Future“

(Vorläufiger) Höhepunkt: Das Camp „Hope for Future“, eine neue Zuflucht für gequälte rumänische Hunde, die mit Arnsberger – und längst auch auswärtiger – Hilfe in der Nähe von Sibiu (Hermannstadt) entstanden ist. Alle 400 Fellnasen, die Maria Cristina unter ihren Fittichen hat, sind dorthin umgezogen, dürfen auf eine lebenswertere Zukunft hoffen, ebenso wie rund 40 Katzen (!). Allerdings ist die rettende Zuflucht noch längst nicht fertiggestellt, wie Kornelia Kannengießer berichtet. Vieles ist bisher nur ein Provisorium; doch es gibt fließendes Wasser, eine Photovoltaikanlage, eine Mini-Kläranlage und einen Seecontainer als Futterlager. Ein weiterer Container – als Quarantänestation und Aufenthaltsraum – soll bald in Rumänien gekauft werden, dort käme er billiger. „Außerdem haben wir einen örtlichen Schreiner an der Hand, der Hundehütten baut“, freut sich die 57-Jährige, ein großer Vorteil mit Blick auf den schon bald einsetzenden Winter, der weitere Herausforderungen mit sich bringt.

So können Sie helfen

Wer helfen möchte, kann sich direkt an Kornelia Kannengießer wenden, 0171-888 42 25, oder per Mail: kornelia.
kannengiesser@web.de

Bleiben Sie informiert: „Hilfe statt Trost n.e.V.“ ist auf Facebook.

Die Rumänin Maria Cristina Rizea, vor Ort mit ihrem Partner und einer aus eigener Tasche bezahlten Hilfskraft als Tierschützerin aktiv und mit der Verantwortung für das neue Camp betraut, postet und mailt über die besagte Facebookseite ebenfalls ständig Info und Fotos in Richtung Sauerland.

Hilfe funktioniert auch über diesen Link:
https://www.betterplace.org/de/projects/56845-bitte-helft-uns-das-shelter-fur-380-hunde-fertigzustellen

All das macht Mut, weiter zu machen – oder etwa nicht? „Zwischenzeitlich hat mich auch mal der Mut verlassen“, räumt die Mutmacherin ein. Private Schicksalsschläge und die enorme Belastung brachten in den vergangenen Monaten Selbstzweifel und Ängste an die Oberfläche – die Oberhand gewannen diese dunklen Schatten aber nicht; im Gegenteil: Inzwischen hat sich der Hundeengel endgültig wieder gefangen: Mit ihrem froschgrünen „Waffelmobil“ düst Kornelia durch die Region, wirbt an Info-/Verkaufsständen für ihre Initiative; findet außerdem noch Zeit, ihren Mitmenschen zuzuhören; auch bei Gesprächen, die sich nicht nur um Fellnasen drehen… „Man muss zusammenhalten“, sagt die „Hilfe statt Trost“-Chefin, und nimmt den Vereinsnamen beim Wort...

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Mut machen auch die immer zahlreicher werdenden Vierbeiner, die Kornelia Kannengießer und Maria Cristina Rizea aus der rumänischen Hundehölle nach Arnsberg, Sundern und in weitere Orte im Hochsauerland vermitteln konnten. Denn bis sich die Zustände auf dem Balkan entscheidend verbessern, gilt es, noch viele weitere Grenzen sinnvoll zu überschreiten – womit wir wieder bei der ganz zu Beginn versuchten Definition von „Mut“ wären...

Rumänienhunde: Das sollten Sie beachten:

Wer einen Hund aus Rumänien adoptieren möchte, sollte sich bewusst sein, dass sich Tierschutz dort noch in den Kinderschuhen befindet. In Rumänien haben Hunde einen ganz anderen Stellenwert als in Deutschland. Vor allem Streunerhunde werden in Tötungslager gebracht und dort erschlagen, vergiftet, erhängt oder erschossen. Immer mehr Organisationen versuchen, diesen (Straßen)hunden zu helfen. Sie werden gefüttert, medizinisch versorgt und oft auch zur Adoption freigegeben.

Wer einen „Rumänienhund“, hier zwei Prachtexemplare aus dem Camp „Hope for Future“, nach Deutschland holt, muss viel investieren.
Wer einen „Rumänienhund“, hier zwei Prachtexemplare aus dem Camp „Hope for Future“, nach Deutschland holt, muss viel investieren. © WP | Privat

Streunerhunde unterscheiden sich folgendermaßen: Hunde, die auf dem Land leben. Da diese Hunde auf sich selbst gestellt sind, ernähren sich sich größtenteils von der Jagd. Sie können instinktiv ihre Beute fangen und töten – Hunde, die in der Stadt bzw im Dorf leben; diese ernähren sich hauptsächlich von Essensresten – Tiere, die ausgesetzt wurden. Dabei unterscheidet man zwischen ausgesetzten Hunde und Hunden, die in der Wildnis geboren wurden, deren Elterntiere aber ausgesetzt worden sind. Diese haben also entweder gute oder schlechte Erfahrungen mit dem Mensch gemacht. Falls die Erfahrung eher negativ war, werden die Welpen erzogen, dem Menschen gegenüber misstrauisch zu sein.

Es liegt also auf der Hand, dass es eine Herausforderung ist, das Vertrauen solcher Hunde zu gewinnen. Sie lebten jahrelang unter sich in Rudeln und haben meistens schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Jetzt sollen diese oft misstrauischen, ängstlichen Hunde mit mehreren Personen zusammen in einer Wohnung leben. Es dauert lange und erfordert viel Geduld, Toleranz, Wissen und Geld, um den Hund so zu erziehen, dass er sich an das Leben im Haus mit einer Familie gewöhnt. Aber es geht – und die Fellnase wird es ihren Rettern danken!