Arnsberg. . Bauforscher des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe entdecken den ältesten dauerhaft genutzten Sakristeischrank Westfalens.

Im Zuge der Sanierungs- und Grabungsarbeiten im Kloster Wedinghausen haben die Bauforscher des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) den ältesten noch genutzten Sakristeischrank Westfalens entdeckt.

Nur ein Schrank in Westfalen - im Ex-Prämonstratenserkloster Cappenberg - ist älter. Das gotische, um 1340 gefertigte Arnsberger Exemplar ist nun LWL-Denkmal des Monats April.

„Das ist ein sensationeller Fund“

„Das ist ein sensationeller Fund,“ sagt LWL-Bauforscher Peter Barthold. Ein Fund, bei dem der Zufall half, obwohl sich das gute Stück seit rund 650 Jahren an der gleichen Stelle in der Sakristei befinde:

Ein Alleinstellungsmerkmal für Arnsberg

Der historische wertvolle untere Schrank (Barthold: „Ein Alleinstellungsmerkmal für Arnsberg“) ist 3,82 m lang, 1,97 m hoch und 0,85 m tief.

Er dient noch heute der Aufbewahrung von Messgewändern und liturgischen Geräten.

Die „Wiederentdeckung“ gilt in Fachkreisen als wichtiger Fund auch für die Geschichte der Möbelherstellung.

Der Oberbau aus dem 17. Jahrhundert wurde regelrecht in die Mauernische eingepresst. Daher auch das bis dato unbekannte Deckenloch.

Küster (Sakristan) Winfried Ortmann hatte sich während der Sanierung über permanenten Schmutz in der Sakristei gewundert. Da aber Decke und Wände intakt seien, habe man die Nische, in der sich der Schrank befindet, in Augenschein genommen.

Unerwartete „Zugabe“

Und so nicht nur ein bei der Erweiterung des Schrankes entstandenes und durch das große Möbelstück verborgene Loch in der Decke entdeckt, sondern auch die Bedeutung dieses Möbelstücks und - als unerwartete Zugabe - einen alten Zugang von der Sakristei zur Kirche aus dem 12. Jahrhundert.

Der Schrank wird 650 Jahre ununterbrochen genutzt

Das Hochgrab des Arnsberger Grafen Heinrich II. und seiner Ehefrau Ermengardis in der Propsteikirche entstand zur selben Zeit wie der Sakristeischrank.
Das Hochgrab des Arnsberger Grafen Heinrich II. und seiner Ehefrau Ermengardis in der Propsteikirche entstand zur selben Zeit wie der Sakristeischrank. © Wolfgang Becker

Das nur mit hochwertigem Kernholz geschaffene Exemplar ist um 1340 entstanden, der später aufgesetzte Schrank 1650. „Dieses Möbelstück ist so nahezu 650 Jahre ununterbrochen in Nutzung.“ In dessen Bauzeit fällt auch die Entstehung des Hochgrabs (Tumba) mit der Grabplatte des Grafen Heinrich II. und dessen Gattin Ermengardis.

Datiert werden konnte der Herstellungszeitraum mit Hilfe eines identischen, aber nicht mehr genutzten Sakristeischrankes in der Soester Wiesenkirche. „Vermutlich,“ so Barthold, „stammen beide Stücke aus der selben Werkstatt.“

Gegenstück in Soest wieder im Ursprungszustand

Für LWL-Bauforscher Peter Barthold ist der wiederentdeckte Sakristeischrank eine Sensation und ein hervorragendes Zeugnis mittelalterlicher Handwerkskunst.
Für LWL-Bauforscher Peter Barthold ist der wiederentdeckte Sakristeischrank eine Sensation und ein hervorragendes Zeugnis mittelalterlicher Handwerkskunst. © Wolfgang Becker

Allerdings sei das Soester Exemplar wieder in den Ursprungszustand zurückversetzt worden. „Würde man das aber mit dem Wedinghauser Schrank machen, wäre es ein Verbrechen,“ bezieht Peter Barthold deutliche Stellung.

Weil die in den Jahrhunderten erfolgten Umbauten die Veränderungen der liturgischen Gewohnheiten und die der Prämonstratenser-Mönche dokumentieren würden. Und damit ist der Schrank auch als historisches Gedächtnis anzusehen.

Öffentlich zugänglich

Der Schrank und weitere historische Stücke wie die legendäre „Schwarze Hand“ sollen später in der dann neu hergerichteten Sakristei der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Propsteikirche bekommt behindertengerechten Zugang

Aber es gibt noch weiteren Neuigkeiten rund um die umfassenden Sanierungsarbeiten: Die Propsteikirche soll künftig auch für Rollifahrer und Nutzer von Rollatoren zugänglich sein.

„Wir planen an der Nordseite, und zwar am alten Eingang am Ende der dortigen kleinen Allee, einen Behindertenaufgang,“ erklärte Propst Hubertus Böttcher. Ebenso eine behindertengerechte Toilette. Diese Arbeiten sollen im 2. Bauabschnitt der Klostersanierung erfolgen.

„Gläserne Sakristei“ als Schatzkammer der Gemeinde

„Und wir haben zudem die Idee, in diesem Bereich eine gläserne Sakristei zu errichten, als eine Schatzkammer der Gemeinde.“ Letzteres könne jedoch nur umgesetzt werden, wenn das Projekt „Gläserne Sakristei“ finanzierbar sei. Entsprechende Gespräche zur Klärung dieser Frage sollen am 17. April geführt werden.

Am Ende dieser Lindenallee
Am Ende dieser Lindenallee © Ted Jones

Die Arbeiten im aktuell noch laufenden 1. Bauabschnitt im alten Teil des Klosters, so Böttcher, würden zügig voranschreiten.

Kirchendach wird saniert

Dort würden dann später im großen Saal das entdeckte Grab des Klostergründers Graf Heinrich I. von Arnsberg sowie die ebenfalls ausgegrabene mittelalterliche Fußbodenheizung für Interessierte sichtbar gemacht.

Der 2. Bauabschnitt, der wohl 2020 angegangen wird, umfasst neben den bereits erwähnten Einrichtungen für behinderte Mitmenschen und der gläsernen Sakristei, so sie denn kommt, Sanierungsarbeiten am großen Dach der Propsteikirche sowie deren Neuanstrich.

„Wir haben hier in Wedinghausen noch viel vor“

„Eventuell,“ sagte Propst Böttcher, „gibt es auch noch einen 3. Bauabschnitt, der Arbeiten im Kircheninneren umfasst.“ Doch dies sei derzeit noch Zukunftsmusik und ebenfalls eine Frage des Geldes. „Sicher ist aber: Wir haben hier in Wedinghausen noch viel vor.“