Brilon/Arnsberg. Bei einer Zoll-Razzia wurden im Herbst 2023 in Brilon Produktionshallen der Zigaretten-Mafia ausgehoben. Nun kommen schlimme Details ans Licht.
Auftakt vor dem Schöffengericht Arnsberg gegen insgesamt 13 Bandenmitglieder einer Zigaretten-Mafia, gegen die nacheinander Strafverfahren anberaumt werden. Die Bande soll im großen Stil Zigaretten im Rheinland, Ruhrgebiet und Sauerland hergestellt und auf dem deutschen und sonstigen europäischen Markt vertrieben haben. Ein Schwerpunkt der Bande war in Brilon. In den ehemaligen Nolte-Hallen war eine große Produktionsstätte. Nach einem langen Zeitraum der Beobachtung durch die Zollfahndung wurde die Bande 2023 in ihrer Produktionsstätte – einer ehemaligen Fabrikhalle in Brilon - festgenommen.
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Alle 13 Verdächtigen sitzen in Untersuchungshaft. Die Fahnder des Zolls hatten in mehreren Städten 20 Objekte durchsucht. Den größten Fund machten sie in Brilon, wo man 26 Millionen illegal produzierte Zigaretten, sieben Tonnen Feinschnitt-Tabak und Materialien zur Herstellung fand. In seiner Anklage sprach der Staatsanwalt von einem Steuerschaden von 6 Millionen Euro.
Über Zeitungsanzeige Bauarbeiten in Brilon angeboten
Der erste Angeklagte (51 Jahre) vor dem Schöffengericht Arnsberg war zwar ein eher „kleines Licht“ der Bande, doch erging gegen ihn der Vorwurf eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung. Seine Pflichtverteidigerin gab mithilfe einer Dolmetscherin eine Stellungnahme ab. Ihr Mandant räume alle Vorwürfe ein, wolle aber verdeutlichen, unter welchen Umständen er in das kriminelle Handeln hereingerutscht sei. Mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine sei er nach Arnsberg gekommen und habe Arbeit gesucht. Über eine Zeitungsanzeige habe man ihm Bauarbeiten in Brilon angeboten. Diese habe er auch in einer alten Werkshalle in Brilon erledigt. Anschließend habe man ihm die Fertigung von Zigaretten angeboten. Er und weitere Leute haben diesen Job angenommen. Geld habe er nie erhalten und durfte, so wie die anderen auch, die Halle wochenlang nicht verlassen. „Mein Mandant hat dort wie ein Sklave gelebt. Seine Ausweise wurden ihm abgenommen“, so die Anwältin. Mit Berücksichtigung des Geständnisses, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei und von der Produktion am allerwenigsten profitiert habe, beantragte der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung.
Die Verteidigerin bat um ein mildes Urteil, ohne ein konkretes Strafmaß zu beantragen. „Der Angeklagte musste jeden Tag zehn Stunden, ohne entlohnt zu werden, arbeiten und war in der Halle eingesperrt. Er hat schon reichlich gelitten“, verdeutlichte die Anwältin. Das Schöffengericht sah den Vorwurf des besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung als erfüllt an und verurteilte den Angeklagten zu einer Bewährungsfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten. Der bestehende Haftbefehl wurde vom Gericht per Beschluss aufgehoben, sodass der Angeklagte nicht wieder in die Untersuchungshaft zurückgebracht wurde. Er verließ das Gericht als freier Mann.
Bei der Razzia hatten die Ermittler unter anderem mehr als 26 Millionen illegal produzierte Zigaretten sowie sieben Tonnen Feinschnitt, Vormaterialien und Tabak sichergestellt, wie die Staatsanwaltschaft Bochum nach der Razzia mitgeteilt hatte. Allein der Steuerschaden durch die sichergestellten, unversteuerten und gefälschten Zigaretten belaufe sich auf fünf Millionen Euro. „Das war eine hochprofessionelle Anlage, die von einer hochprofessionellen und organisierten Tätergruppierung betrieben wurde“, sagte die Sprecherin des Zollfahndungsamts damals. Brilon war zwar Einsatzschwerpunkt der Razzia. Laut Staatsanwaltschaft wurden am Montag aber insgesamt 20 Wohn- und Geschäftsräume im Rheinland, Ruhrgebiet und dem Sauerland durchsucht.
Weitere Gerichtsverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der Tätergruppierung stehen noch bevor.