Oberschledorn. Die Hochwasserlage in Oberschledorn hat sich beruhigt. Alle Häuser haben wieder Strom. Die Hilfsbereitschaft war groß. Die Bilanz nach der Flut.
„Wir haben schon tolle Leute in unserer Stadt und in unseren Dörfern. So schlimm das Hochwasser auch war. Die gegenseitige Hilfe und der Einsatz der Feuerwehren, der Rettungskräfte und vieler Privatleute haben mich erneut nachhaltig beeindruckt. Ich möchte noch einmal allen ausdrücklich dafür danken!“ Bürgermeister Thomas Grosche wird den 23. Dezember 2023 so schnell nicht vergessen. Und heute? Das Wasser ist zurückgegangen, die Schäden bleiben. Alltag kehrt ein nach dem historischen Hochwasser im Raum Medebach und speziell in Oberschledorn. Und manch einer sagt sich in diesen Tagen: Wie mag es erst den Menschen 2021 an der Ahr gegangen sein, als noch ganze andere Wassermassen wüteten…
- Medebach: NRW-weit einer der höchsten Pegelstände erreicht
- Hochwasser: Familie aus Haus in Oberschledorn gerettet
- Feuerwehr-Einsatz in Olsberg: Zug fährt in umgestürzten Baum
Jetzt beginnt der Papierkram
„Ich werde gleich noch mal die Runde durchs Dorf machen und bei den Betroffenen nachfragen, ob und wo noch Hilfe benötigt wird. Von außen sieht es schon wieder ganz gut aus. Niemand steht ohne Dach über dem Kopf da. Aber im Inneren der Häuser gibt es sicherlich einige Schäden, die durch das Wasser verursacht wurden. Jetzt beginnt dort das Aufräumen und der Papierkram mit den Versicherungen“, sagt Ortsvorsteher Willi Dessel am Mittwochmorgen. Er kann sich an ein, zwei ähnliche Hochwasser-Szenarien wie dieses in seinem Dorf in den 60-er Jahren erinnern. „Aber das waren ganz andere Vorzeichen. Jedes Mal spielte die Schneeschmelze dabei eine Rolle. Und dann war die Brücke im Ort auch noch viel niedriger.“ Schon am Morgen hatte er die ersten Anrufe bekommen, dass das Wasser steige. Im Nu waren Freiwillige zur Stelle, um die ersten Seen auf der Straße einzudämmen. Doch dabei blieb es nicht.
Nach sechs Tagen Dauerregen hatte die „Wilden Aar“ am Samstag ihrem Name alle Ehre gemacht und war über die Ufer getreten. „Bereits am Samstagmorgen hatte sich die Katastrophe angedeutet. Im Laufe des Tages mussten 18 Häuser in Oberschledorn vom Strom genommen werden, weil die entsprechenden Versorgungskästen unter Wasser standen“, berichtet Thomas Grosche. Eine Familie mit kleinen Kindern sei für eine Nacht auf eigenen Wunsch zu Verwandten bzw. Freunden nach Medebach ausgewichen. Die anderen hätten sich über Verlängerungskabel oder Aggregate geholfen. Noch in der Nacht zu Heiligabend rückte der Westnetz-Notdienst aus und gab gegen 3 Uhr wieder Saft auf den Kasten, nachdem das Wasser 40 Zentimeter zurückgewichen und sichergestellt war, dass in den betroffenen Häusern die Energieversorgung nicht mit Wasser in Berührung stand. Auch die junge Familie ist mittlerweile wieder in ihrem Haus.
Krisenstab einberufen
In Medebach wurde noch am Samstag der Krisenstab einberufen: Er bestand in diesem Fall aus dem Bürgermeister, den Wehrleitern, dem Ordnungsamts- und dem Bauamtsleiter sowie dem Leiter der Stadtwerke; außerdem gehört ihm ansonsten noch der Mediziner Tim Förster an. Die Konstellation stammt noch aus der Corona-Hochphase. Grosche: „Wir haben mit sehr bangem Blick das Steigen der Pegelstände beobachtet. Für den Fall, dass wir wirklich noch mehr Häuser hätten evakuieren müssen, standen wir mit der Schützenbruderschaft in Kontakt. Die hatte auch schon in der Schützenhalle die Heizungen angedreht; im Fall der Fälle hätten wir dort Notunterkünfte eingerichtet. Willi Dessel: „Es hätte ja passieren können, dass ältere Leute, die vielleicht auf ein Sauerstoffgerät zu Hause angewiesen sind, keinen Strom mehr gehabt hätten.“ Denn das steigende Wasser hätte auch zum Abschalten größerer KV-Stationen und damit zur Stromunterbrechung in mehreren Haushalten im Dorf führen können. Doch dazu kam es zum Glück nicht.
Thomas Grosche: „Von Küstelberg kommend vor Medebach hat die Feuerwehr mit Großpumpen das Wasser aus dem Medebach gezogen und auf den umliegenden Wiesen bei Glindfeld verteilt. Am Ortseingang von Oberschledorn in Höhe des Sägewerks Becker kam die Wasserförderung des HSK zum Einsatz. Von dort wurden Umleitungen bis in die Ortsmitte des Dorfes gelegt, wo das Wasser an einer tieferen Stelle wieder ins Bachbett geleitet wurde.“ Dazu waren THW-Kräfte aus Korbach und aus Olpe ein Team mit einem Großaggregat angerückt. Das Pumpen zeigten Wirkung. Tag und Nacht waren Einsatzkräfte vor Ort, die wiederum von Rot-Kreuz-Helfern mit Nahrung und heißen Getränken versorgt wurden.
Große Hilfsbereitschaft
Thomas Grosche: „Als sich die Dramatik der Lage abzeichnete, habe ich unzählige WhatsApp-Nachrichten bekommen von Menschen, die ihre Hilfe angeboten haben. Bei aller Dramatik und bei aller Aufregung: Die Stadt- bzw. Dorfgemeinschaft hat funktioniert…“