Hochsauerlandkreis/Olsberg. Thomas Hachmann ist Vorsitzender des Regionalverbandes Südwestfalen im Bundesverband WindEnergie. Er sagt: Wer mitverdienen will, sollte handeln.
Windenergie im Wirtschaftswald ist DAS Thema in der Region: Überall in Südwestfalen und im Sauerland beschäftigen sich die Flächen- und Waldeigentümer damit. Am Mannstein zwischen Wulmeringhausen und Elpe entsteht gerade der erste große Windpark Olsbergs. Bei den derzeit turnusmäßig stattfindenden Versammlungen von Forst-Gemeinschaften steht die Windkraft oben auf der Agenda. „Die Weichen werden jetzt gestellt. Waldbauern sollten bei ihren Entscheidungen an die großen Möglichkeiten für die Wertschöpfung der heimischen Region denken“, sagt Thomas Hachmann, Vorsitzender des Regionalverbandes Südwestfalen im Bundesverband WindEnergie e.V. Der Diplom-Ingenieur aus Olsberg spricht im Interview ausdrücklich in seiner Verbandsposition, ist aber auch selbst seit 30 Jahren Betreiber von Windenergieanlagen im Mittelgebirge. Über sein Unternehmen new energy GmbH und zusammen mit regionalen, spezialisierten Partnern ist er damit insgesamt für Planung, Bau und Betrieb der Anlagen verantwortlich.
WP: Herr Hachmann, was genau brennt Ihnen besonders unter den Nägeln?
Thomas Hachmann: Vor allem das Timing zur Planung der Standorte von Windenergieanlagen. Der Entscheidungskorridor zur Windkraft ist nur noch kurz offen. Es sollte möglichst schnell, aber gleichzeitig mit Bedacht, gehandelt werden, damit zum Beispiel nicht externe Betreiber ihre Anlagen vor die eigenen Anlagenstandorte setzen. Für mich als Sauerländer geht es darum, dass die Region Südwestfalen im Geschäft um Milliarden-Umsätze aus der Windenergie nicht zu kurz kommt. Forciert durch die weltpolitische Lage laufen die wichtigen Entscheidungen für mehr Windräder an energiereichen Standorten genau jetzt. Dieses passiert in unserer Region wesentlich auf Flächen der Waldgenossenschaften. Sie sollten sich aber wegen des Zeitdrucks nicht zu schnell zum Beispiel durch finanzstarke Konzerne zu voreiligen Vertragsabschlüssen drängen lassen.
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Was würden Sie vorschlagen?
Ich empfehle dringend, dass sich Waldeigentümer wie Waldgenossenschaften oder auch Kommunen vor ihrer Entscheidung für einen Projektierer und Betreiber von Windkraftanlagen neutral und eingehend informieren, wer ihre Partner in den nächsten 20 bis 30 Jahre wirklich sind. Haben die Projektierer und Betreiber überhaupt Erfahrung in schwierigen Mittelgebirgslagen? Das gilt mit Blick auf geringere Flächenverbräuche für Zuwegungen, Kranplatzgrößen und Kabelverlegungen. Die Anforderungen an den Bau einer Windkraftanlage im Flachland sind deutlich einfacher als bei uns im Mittelgebirge. So bedeutet zum Beispiel der Betrieb im Winter eine echte Herausforderung für Monteure und Technik. Dieses können erfahrene örtliche Akteure mit Sicherheit besser einschätzen als ortsfremde Kräfte. Zudem stellen sich Fragen, ob die handelnden Firmen für den Bau und den Betrieb der Windenergieanlagen auch Arbeitsplätze in der Region schaffen und ob sie während der Betriebszeit auch direkt erreichbar sind.
Birgt ein zu langes Warten mit einer Entscheidung Risiken?
Ja, denn es kann sein, dass jemand mit seiner Baugenehmigung zuvorkommt und Windenergieanlagen in die Hauptertrags-Windrichtung der eigenen Flächen stellt. Das bedeutet sofort einen geringeren Energieertrag für den eigenen Standort, damit weniger Einnahmen und schlechtere Finanzierungbedingungen. Um optimale Winderträge zu erzielen, müssen die Standorte der Windkraftanlagen verschiedener Betreiber aufeinander abgestimmt werden. In der Vergangenheit wurden hier öfter entscheidende Fehler gemacht. Vernünftig koordiniert können weniger Anlagen den gleichen Ertrag bringen. Das nützt dem Landschaftsbild und erhöht die Akzeptanz in der Region. Es darf kein Windhundprinzip bei der Vergabe von Flächen entstehen!
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Was bedeutet es, einen Windpark zu betreiben?
Die Betriebsführung muss das ganze Jahr über rund um die Uhr erreichbar sein. Windparks sind moderne Kraftwerke, oft mit eigenem Umspannwerk, die unter permanenter Beobachtung stehen und gewartet werden müssen. Das kaufmännische Management muss auf veränderte Gesetzgebungen und die Regulierungen zur Stromvermarktung reagieren. Zu all diesen Themen insgesamt kompetente Ansprechpartner und Firmen in der Region ansässig zu wissen und einzubinden, bringt entscheidende Vorteile.
Am Anfang steht erst einmal eine erhebliche finanzielle Investition.
Das stimmt und führt dazu, dass zum Beispiel Waldgenossenschaften wegen der Sorge um die finanzielle Absicherung der Pachteinnahmen eine vermeintlich größere Sicherheit beim Konzernanbieter unterstellen. Diese Absicherung kann aber vergleichbar durch Bürgerbeteiligungen, potenzielle Partner aus der Region und Banken erfolgen, was noch dazu eine echte Beteiligung und Mitsprache vor Ort ermöglicht. Dadurch können die Menschen im Umkreis wesentlich von der Erzeugung der Windenergie profitieren und blicken vielleicht auch ganz anders auf die massiven Veränderungen durch Windparks in ihrer Landschaft.
Können regionale Unternehmen Projekte dieser Größe leisten?
Garantiert ja! Auch kleinere Unternehmen haben hier und in vielen anderen Regionen seit mehr als 20 Jahren Windparks erfolgreich zusammen mit erfahrenen Banken und zum Beispiel größeren Stadtwerken als Ankerinvestoren aufgebaut und über den Betriebszeitraum geführt. Im direkten Umfeld zeigt das ein Blick auf einige Windparks der Briloner Hochfläche oder auch im Raum Marsberg. Auch gibt es hier in allen Punkten Transparenz: Die offengelegten Bilanzen bei regionalen Betreibern weisen die Gewinne der Beteiligten sowie die Rückstellung für die Sicherstellung der finanziellen Mittel für die Rückbauverpflichtung der Anlagen aus. Ich möchte die Flächeneigentümer, die Bürger, die Unternehmen und die Investoren ermutigen, Verantwortung für dir Region zu übernehmen und die sich bietenden wirtschaftlichen Möglichkeiten selbst zu nutzen.
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Wie könnte dies konkret aussehen?
Ein erster Aufschlag mit Blick auf Gemeindeflächen wäre zum Beispiel, die Bürger und die Industrie zu fragen, wer will in das regionale Windenergie-Projekt investieren? Das Eigenkapital bei einer Windkraftanlage liegt aktuell um die 20 Prozent. Das heißt, ein mehrfaches Millionen-Projekt stemmten vielleicht auch Bürger und Betriebe einer Stadt selbst. Sie würden anschließend als Anteilseigner selbst als Entscheider/Kommanditisten mit im Boot bleiben, was der Nutzungsvertrag regelt.
Wohin entwickelt sich die Zukunft der Stromerzeugung?
Der Wirtschaftszweig der Erneuerbaren Energien wird sich noch erheblich weiterentwickeln. Industrien weltweit suchen schon heute ihren Produktionsstandort danach aus, wo diese Energien verfügbar sind. Auch hier vor Ort könnte Strom aus Erneuerbaren Energien direkt verwendet werden, zum Beispiel für die verarbeitende Zulieferindustrie und die energieintensive Tourismus-Industrie mit ihrem Ganzjahres-Liftbetrieb und der Kunstschneeproduktion. Auch in puncto Speicher- und Batterietechnologie tut sich gerade erst die Zukunft auf. Ein selbstbestimmter, strukturierter Ausbau ist Voraussetzung dafür, dass ganz Südwestfalen in allen Facetten langfristig profitiert.