Brilon. Franz Schrewe ist Altbürgermeister von Brilon. Er engagiert sich seit langem im Kampf gegen den Antisemitismus. Die Tat in Brilon schockiert ihn.
Die Gedenkstätte für ermordete und vertriebene jüdischen Bürger in Brilon wurde um den 23/24. Oktober von unbekannten Tätern geschändet – mutmaßlich hängt die Tat mit dem Aufflammen des Israel-Gaza-Konflikts zusammen. Der Schock saß bei vielen Brilonern tief. Denn die Tat zeigt: Antisemitismus gibt es weiterhin auch im Sauerland, auch wenn in Brilon und Umgebung keine Anti-Israelischen Kundgebungen stattfinden. Der Briloner Altbürgermeister Franz Schrewe setzt sich seit Jahren für den Gedenkstein an der alten Synagoge ein.
Symbol für di Spaltung und Zerstörung der Gesellschaft
„Als in der Westfalenpost von den Schmierereien an unserem Denkmal für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder, Frauen und Männer berichtet wurde, war ich schockiert und traurig, dass sich so etwas jetzt auch bei uns hier ereignet“, sagt er. Seit 2009 steht das Denkmal auf dem Platz der ehemaligen Synagoge an der Ecke Kreuziger Mauer/Friedrichstraße. Es ist ein Ort der Erinnerung an die 103 Briloner, die nicht wie die meisten bei uns katholisch oder vor dem 2. Weltkrieg in geringerer Zahl evangelisch, sondern jüdischen Glaubens waren. Wenigen der 103 Kinder, Frauen und Männer gelang die Flucht ins Ausland, die anderen wurden von den Nazis aus den Häusern geholt und in den Konzentrationslagern grausam ermordet.
Die Idee, dieses Denkmal als zerrissenen Block darzustellen, stammt vom ehemaligen Chef der Bauverwaltung der Stadt Brilon Johannes Nolte. Dieser zerrissene Würfel soll die Spaltung und Zerstörung der Gesellschaft symbolisieren. „Dieses Denkmal ist auch über unsere Stadt Brilon hinaus als Kunst anerkannt. An Kunst darf man sich reiben und darüber diskutieren, aber Kunst beschädigt man nicht und man beschädigt schon gar nicht aus Hass auf die Juden die Namen der Briloner, die auf dem Gedenkstein verewigt sind“, sagt Schrewe. Und: „Leider ist der Antisemitismus, der Hass auf Jüdinnen und Juden, nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt anzutreffen, und das nicht nur heute, sondern schon seit 2000 Jahren. Und leider gibt es auch bei uns im Sauerland ganz unreflektierte Aussagen über Juden. Jede und jeder von uns ist aufgefordert und verpflichtet, sich gegen Judenfeindlichkeit, aber auch allgemein gegen Hass auf Ausländer, einzusetzen.“
In Sozialen Medien treffen sich oft nur noch Gleichgesinnte
Franz Schrewe wird in diesem Jahr aus terminlichen Gründen nicht an der Gedenkfeier in Brilon am 9. November teilnehmen können. Die Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Juden in Brilon liegst ihm am Herzen: „Wir alle sollten die Briloner Bücher über die jüdischen Familien öfter zur Hand nehmen. Ich denke, es ist unser aller Aufgabe, auch unserer Jugend das dunkelste Kapitel unserer deutschen Geschichte nahezubringen und ihr zu verdeutlichen, was es auf sich hatte mit der Tatsache, dass Menschen, die jahrhundertelang mit den Brilonern Tür an Tür wohnten, Nachbarn waren, als deutsche Männer jüdischen Glaubens Soldat im 1. Weltkrieg werden mussten, als Männer, die in Brilon die Schnad mitgingen, plötzlich über Nacht abgeholt wurden und nie wieder nach Hause kamen.“
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Ihm persönlich bereiten die sozialen Netzwerke wie Facebook große Sorgen. „Viele Menschen informieren sich nicht mehr in den klassischen Medien, sondern verlassen sich auf Inhalte, die ihnen im Internet vorgespielt werden. Oft treffen sich dort nur noch Gleichgesinnte und dann wächst die Bereitschaft zum Hass auf alles, was man nur mal gehört hat, aber nicht kennt. Es sind viele Falschinformationen im Umlauf, Jugendliche sehen sich diese Bilder ungefiltert an. Daher rühren auch bei der Jugend Vorurteile, die oft in der Familie verstärkt werden.“ Ein weiteres Problem identifiziert Schrewe in diesem Kontext: „In den vergangenen Jahren sind viele Menschen aus Ländern nach Deutschland gekommen, in denen schon in der Schule den Kindern eingetrichtert werde, dass Israel und die Juden der Feind seien.“ Bei ihnen sei eine Aufklärung dringend notwendig.