Hochsauerland. Allerheiligen ist ein stiller Feiertag. Es gelten Regeln in Nordrhein-Westfalen und damit auch im Hochsauerland. Einige Verbote sind befremdlich.

Um es gleich vorweg zu nehmen. Der Film „Heidi“ dürfte streng genommen an Allerheiligen in den Kinos HSK nicht gezeigt werden. Gleiches gilt für die Hau-Drauf-Komödie „Vier Fäuste für ein Halleluja“ oder Monty Pythons „Der Sinn des Lebens“. Doch fangen wir ganz vorn an.

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Kein Feiertag in Hessen

In Nordrhein-Westfalen ruht am 1. November die Arbeit. Es ist Allerheiligen. Und damit ein arbeitsfreier Tag. Wer Berufspendler ist und zum Beispiel nach Korbach fährt, der muss ganz normal zum Dienst. Pech, denn im benachbarten Bundesland Hessen ist kein Feiertag. Und viele Westfalen nutzen diesen Tag, um zum Beispiel in Korbach, Frankenberg oder Marburg Shoppen zu gehen. Das ist selbstverständlich erlaubt und wird rege in Anspruch genommen. Lästermäuler behaupten: Lange Zeit stand das HSK-Kennzeichen an diesen Tagen bei Geschäftsleuten in Hessen für den Ausruf „Hurra, Sie kommen!“

Friedhöfe - hier in Brilon - werden in den stillen Novembertagen häufig besucht.
Friedhöfe - hier in Brilon - werden in den stillen Novembertagen häufig besucht. © WP | Thomas Winterberg

Dennoch: Allerheiligen zählt in NRW und damit auch im Sauerland zu den sogenannten stillen Feiertagen, die einen besonderen Schutz genießen: „Die Ruhezeiten an Allerheiligen richten sich nach dem Sonn- und Feiertagsgesetz Nordrhein-Westfalen. Die stillen Feiertage, zu denen auch der Allerheiligentag zählt, sind in Paragraph 6 des Gesetzes geregelt. Danach sind am Allerheiligentag und zum Beispiel auch am Totensonntag alle Veranstaltungen von 5 Uhr bis 18 Uhr verboten, welche zur Unterhaltung dienen“, so die Stadt Brilon auf Nachfrage. Somit müssen jegliche Partys und auch der Gaststättenbetrieb ab 5 Uhr eingestellt werden, sonst gibt’s – um es im Halloween-Sprachgebrauch zu sagen – „Saures“.

Eigentlich kein trauriger Tag

Was für ein Feiertag ist denn nun eigentlich Allerheiligen? Wir haben Dechant Matthias Kamphans gefragt: „Der Allerheiligentag fällt in der November; das ist ein Monat, der häufig mit dem Totengedenken besetzt ist. Aber streng genommen ist es kein trauriger Tag. Wir gedenken der Menschen, die schon dort angekommen sind, wo wir als Christen, die an die Auferstehung glauben, auch eines Tages sein möchten. Er hat also etwas mit dankbarer Rückschau und mit freudiger Perspektive zu tun.“ In Lateinamerika sei der Allerheiligentag ein Tag, der volksfestartig gefeiert werde. Eigentlich sei der Tag ein Sammelbecken und Ehrentag für alle Menschen, die bei Gott einen Namen haben, die aber vielleicht nicht den Weg in den Heiligenkalender gefunden haben. Kamphans: „Vielleicht kann jeder diesen Tag nutzen und überlegen, wer in seinem Leben eine Vorbildfunktion gehabt hat. Es geht an diesem Tag ja nicht um einen bestimmten, sondern um alle Heiligen.“

Was außerdem ausdrücklich nicht erlaubt ist: „Märkte, gewerbliche, sportliche und ähnliche Veranstaltungen einschließlich Pferderennen und -leistungsschauen sowie Zirkusveranstaltungen, Volksfeste und der Betrieb von Freizeitanlagen soweit dort tänzerische oder artistische Darbietungen angeboten werden, der Betrieb von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen sowie die gewerbliche Annahme von Wetten, musikalische und sonstige unterhaltende Darbietungen jeder Art in Gaststätten und in Nebenräumen mit Schankbetrieb, alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen einschließlich Tanz“, zitiert die Stadt Brilon das entsprechende Gesetz.

Sauerländer respektieren stille Feiertage

Offenbar respektieren die meisten Sauerländer diese Marschrouten. „In den letzten Jahren gab es bei uns keine Verstöße. Die Gastronomiebetriebe kennen die Regeln und halten sich daran. Private Feiern könnten über eine Lärmbelästigung der Nachbarn angezeigt werden, was aber an den stillen Feiertagen praktisch nicht vorkommt. An den Sonn- und Feiertagen würde die dann zuständige Polizei bei potentiellen Verstößen informiert, die uns dann eine Ordnungswidrigkeitenanzeige vorlegen würde“, sagt Rabea Kappen, Sprecherin der Stadt.

Auch die Polizei im HSK hat die stillen Feiertage nicht als einen der „Haupt-Kampftage“ abgespeichert. „Wir führen darüber keine Statistik, ob und wie oft gegen das Gesetz verstoßen wird. Aber aus der Erfahrung heraus kann ich sagen, dass Allerheiligen oder Karfreitag ausgesprochen ruhig verlaufen“, sagt Polizeisprecherin Flavia Lucia Rogge Das Sauerland sei sehr traditionsgeprägt und respektiere zum Beispiel den für Allerheiligen nach wie vor obligaten Gang zum Friedhof und halte entsprechend Ruhe.

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„Viele müssen sich vielleicht auch noch von der Halloween-Party vom Vortrag ausruhen“, so Rogge. Da gilt übrigens: Wer mit dem Auto zu eine solchen Party fährt, sollte Verkleidungen wie Masken oder dicke Horror-Schminkschichten besser erst vor Ort anlegen. Die Straßenverkehrsordnung verbietet Fahrzeugführern ausdrücklich, sich so zu maskieren, dass sie nicht mehr erkennbar sind. Rogge: „Andernfalls droht ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro.“

Aber keine Regeln ohne Ausnahmen: An Sonn- und Feiertagen sind erlaubt unaufschiebbare Arbeiten, die erforderlich sind, zur Befriedigung dringender häuslicher oder landwirtschaftlicher Bedürfnisse und Gartenarbeiten, die nicht gewerbsmäßig verrichtet werden, und die nicht gewerbsmäßige Säuberung von Flächen, die der Erholung dienen.“ Damit sind das Brummen des Rasenmähers und das Düsen des Laubbläsers doch eigentlich vorprogrammiert, oder?

Freiwillige Selbstkontrolle

Zurück zu Heidi. „Die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) vergibt für alle Filme im Rahmen der Altersfreigabe ein Siegel, ob sie feiertagstauglich sind oder nicht“, so Sandra Backhaus vom Hauptverband Deutscher Filmtheater auf Nachfrage unserer Zeitung. „Ich kann mich aber nicht erinnern, wann zum letzten Mal ein Film ,nicht-feiertagsfrei‘ war.“ Das mag so sein, aber allein 1980 wurden noch 91 Kino-Spielfilme in diese Kategorie eingestuft; 2015 waren es nur noch vier. Insgesamt zählt die Liste 700 Filme – darunter Heidi. Der Filmverleih hatte damals schlicht und ergreifend vergessen, eine Freigabe für stille Feiertage zu beantragen. Aber wer guckt heute noch Heidi im Kino?

Joachim Wahle, Besitzer und Betreiber des Filmtheaters Winterberg, hat von seinem Verband noch nie Auflagen bekommen, welche Filme an Feiertagen gezeigt werden dürfen und welche nicht. Vermutlich hatte er eh das richtige Fingerspitzengefühl bei der Programmauswahl: „Ich kann mich nur daran erinnern, dass bei meinen Eltern der Karfreitag immer ein sehr gut besuchter Tag war, da ja alles andere geschlossen war. Ärger hat es nie gegeben. Woran ich mich auch noch erinnere, ist, dass Fronleichnam die Prozession durch die Nuhnestraße und so auch am Kino vorbeiging. Da wurde immer darauf geachtet, dass keine unpassenden Plakate im Schaukasten hingen...“