Hochsauerlandkreis. Hunderte Lehrstellen sind im HSK unbesetzt. Im Raum Brilon/Winterberg sind es allein fast 200. Welche Jobs bei Jugendlichen sehr unbeliebt sind.

Eigentlich startet das jeweilige Ausbildungsjahr im August. Und daher ist eigentlich für 2023 der Lehrstellen-Zug schon längst abgefahren. Was viele auch im Sauerland aber nicht wissen: Ausbildungsverträge können sogar bis Mitte November geschlossen und eingetragen werden. „Grundsätzlich geht das noch. Das ist immer eine Absprache zwischen Arbeitgeber, der zuständigen Kammer und der Berufsschule. Stimmen alle beteiligten Parteien zu, ist das machbar“, so Kira Muth, Sprecherin der Arbeitsagentur auf Nachfrage unserer Zeitung.

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Bislang wenig genutzt

Arbeitgeber in der Region stünden ihrer Erfahrung nach dieser Möglichkeit sehr offen gegenüber, wenngleich sie bislang wenig genutzt worden sei. Aber Nachwuchs wird dringend gesucht. „Auch für Ausbildungssuchende kann dies noch eine gute Chance sein, eine Lehre zu beginnen. Jedoch muss man immer bedenken, dass schon einiges an Stoff in der Berufsschule und in der praktischen Ausbildung verpasst wurde, das nachgeholt werden muss. Um hierbei zu unterstützen, kann die Berufsberatung zum Beispiel mit der sogenannten „Assistierten Ausbildung“ – kurz AsA helfen. Hiermit kann u.a. Nachhilfeunterricht realisiert werden.“

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Angebot und Nachfrage passen oft nicht zusammen

Allein im Arbeitsamtsbezirk der Geschäftsstelle Olsberg (zuständig für Brilon, Olsberg, Medebach, Winterberg und Hallenberg) hatten sich bis August 315 junge Menschen beim Arbeitsamt gemeldet und um Hilfe bei der Vermittlung einer Ausbildungsstelle gebeten. Davon sind 23 „unterversorgt“. Das heiß: Sie haben noch keine Lehrstelle gefunden. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das ein trauriges Plus von 8,7 Prozent. Viel eklatanter: Auf der anderen Seite hatten die Firmen im Bereich der Arbeitsamtsgeschäftsstelle Olsberg 610 betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet. Davon sind immer noch 191 (!) nicht besetzt. Für den Bereich der Geschäftsstelle Marsberg sind von den 91 Lehrstellen-Suchenden noch vier übriggeblieben und leer ausgegangen. Dort hatten die Betriebe 96 Stellen gemeldet und 26 sind immer noch frei.

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„Im ersten Moment fragt man sich, woher dieses Missverhältnis rührt. Letztlich kann man das nicht bis zum Ende ergründen. Aber oftmals passen Ausbildungsplatz und Lehrstellensuchender - also Angebot und Nachfrage - einfach nicht zusammen. Jemand, der in den kaufmännischen Bereich möchte, geht nicht einfach ins Metzgerhandwerk, nur, weil dort etwas frei ist“, erklärt Kira Muth. Und manchmal spiele auch der große Flächenkreis eine Rolle, wenn ein Bewerber aus Medebach zum Beispiel eine Lehrstelle in Neheim finden könnte, die Entfernung aber das unüberwindliche Problem darstelle. Manchmal liegt es aber auch an der - aus Sicht der Jugendlichen - vermeintlichen Unattraktivität von Berufen. Außerdem klaffen Wunschvorstellungen und Realität manchmal auseinander. Muth: „Doch auch selbst, wenn jede/r Ausbildungsinteressierte unterkäme, haben wir enorme Stellenüberhänge in der Region – das unterstreicht die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen.“

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Verkäufer/innen gesucht

Die Grafik zeigt, wo es im gesamten Arbeitsamtsbezirk Meschede noch die meisten freien Stellen gibt. Verkäufer/innen führen die Liste an. Außerdem ist dort zu sehen, in welchen Wunsch-Bereichen junge Leute noch nicht fündig geworden sind.

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Aber kann man jemandem, der in seinem Traumberuf derzeit nichts gefunden hat, dazu raten, zunächst alternativ etwas anderes/ähnliches anzufangen? Dazu Kira Muth: „Die jungen ausbildungssuchenden Menschen werden durch die Berufsberaterinnen und Berufsberater intensiv bei Ihrem gesamten Berufswahlprozess begleitet. Sollte sich im Beratungsprozess abzeichnen, dass keine Ausbildungsstelle gefunden wird, so wird schon frühzeitig im Gespräch an einem ,Plan B‘ gearbeitet.“ Der könne aber ganz unterschiedlich aussehen. Muth: „Dabei werden schon frühzeitig berufliche Alternativen erarbeitet – z.B. ähnliche Ausbildungsberufe, ein alternativer Schulbesuch, Überbrückungsmöglichkeiten wie Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr, Bufdi, Praktika oder auch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen.“

Zur Berufsberatung gehen

Das Arbeitsamt rät allen jungen Menschen, sich an die Berufsberatung zu wenden. Die Expertinnen und Experten stehen mit Rat und Tat zur Seite: ob persönlich in der Agentur, vor Ort in den Schulen, per Telefon oder längst auch per Video-Call.