Hochsauerlandkreis. Kreishandwerker-Chef Ingomar Schennen kämpft um Nachwuchs für das Handwerk im HSK. Das sind aber nicht die einzigen Sorgen, die ihn umtreiben.
Handwerker sind in einem Meer voller großer Tanker die Schnellboote. Dieses griffige Bild benutzt Ingomar Schennen, neuer Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hochsauerland (KH) in Meschede, für seine Mitgliedsbetriebe. Wo er die Herausforderungen für die Zukunft sieht und wie die Kreishandwerkerschaft ihre Mitgliedsbetriebe unterstützt.
Herr Schennen, Sie sind bei der Kreishandwerkerschaft ja schon ein alter Hase, gab es zuletzt ein Unternehmen, das sie mit besonders pfiffigen Ideen überrascht hat?
Wir haben hier unglaublich viele innovative Handwerksbetriebe! Jeder einzelne ist für sich ideenreich und flexibel, sonst könnte er - vor allem nach den letzten Krisen - nicht mehr am Markt mitspielen.
Und auf welchen Handwerker wartet man im Hochsauerlandkreis aktuell am längsten?
Wir führen da keine Statistik, aber ich schätze, dass man bei Heizungsbauern und Elektrobetrieben Wartezeit einplanen muss, solange es nicht um akute Notfälle geht.
Immer wieder sind betrügerische Unternehmen unterwegs und klingeln an Haustüren, um angeblich günstige Reparaturen oder Dachsanierungen vorzunehmen. Wie erkennt man diese?
Ganz ehrlich, die meisten Handwerker in der Region haben aktuell so viel zu tun, dass sie kaum Klinken putzen werden. Mein Tipp: Örtliche Innungsfachbetriebe findet man am einfachsten unter www.handwerk-hsk.de.
Der Fachkräftemangel gehört zu den größten Sorgen der Handwerker?
Ja, der steht ganz klar oben auf der Agenda. Daneben beschäftigen die Energiekosten vor allem energieintensive Betriebe wie Fleischer und Bäcker und die Bürokratie schwelt für alle stets im Hintergrund.
Es gibt noch zahlreiche offene Ausbildungsstellen im Handwerk. Allein jeweils 25 bis 30 Auszubildende werden kreisweit im Bereich KFZ, Sanitär-Heizungstechnik und Elektro gesucht. Wie versuchen Sie persönlich da zu helfen?
Für die Suche nach Auszubildenden haben wir unseren Internetauftritt um die Seite www.ausbildung-hsk.de ergänzt. Dort sind über 400 Ausbildungsstellen gelistet. Auch ein Jobportal wird dort in Kürze eingerichtet. Zusätzlich sind wir vermehrt auf Social-Media-Kanälen unterwegs, um auch jüngere Leute anzusprechen. Junge Azubis werden als Ausbildungsbotschafter in die Schulen geschickt. Dieses Jahr haben wir wieder einen Elternratgeber herausgegeben, der gezielt an die Familien geliefert wird, in denen es junge Menschen im ausbildungsfähigen Alter gibt.
Und haben Sie Erfolge?
Mit Blick auf den gesamten Ausbildungsmarkt kann ich vorsichtigen Optimismus verbreiten. Wir haben zwar noch keine abschließenden Zahlen, weil uns aktuell noch nicht alle Verträge dieses Ausbildungsjahres vorliegen, aber die Tendenz ist positiv. Im Bereich Land- und Baumaschinen-Mechatroniker haben wir jetzt schon 38 Abschlüsse. So viele hatten wir noch nie. Erfreulich sind stabile Zahlen bei den Tischlern.
Bei anderen wird es schwieriger?
Ja, nehmen Sie das Bäckerhandwerk, das gab es früher in jedem Dorf, aber wie soll heute ein 16-Jähriger morgens um 4 Uhr seine Ausbildungsstelle erreichen? Die Wege werden weiter. Deshalb kämpfen wir auch darum, dass beispielsweise die Friseurklassen der Berufsschulen in Olsberg und Arnsberg erhalten bleiben. Das gelingt uns aktuell in Zusammenarbeit mit den Schulen durch ein Modellprojekt. Beide Klassen werden dann an einem Tag durch einen Lehrer online unterrichtet.
Umweltberufe liegen im Trend – dazu gehören auch Dachdecker (Solar), Elektriker, Kälte- und Klimatechniker (Wärmepumpen). Wissen das die Jugendlichen?
Die Energiewende ist den Jugendlichen präsent – Maßnahmen gegen den Klimawandel sind aber nur mit dem Handwerk umzusetzen. Für uns ist es wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen.
2019 gingen die Handwerker kreisweit gegen die Bürokratie auf die Barrikaden. Um das Thema ist es ruhig geworden. Ist das Problem behoben? Oder sind die Akteure desillusioniert?
Nach 2019 kam Corona, das hat sicher vieles ausgebremst. Doch der öffentlichkeitswirksame Aufschlag damals war gut und wichtig, auch um den Kunden zu zeigen, was die Betriebe leisten müssen. Aber das Thema ist natürlich immer virulent, die Lobbyarbeit läuft kontinuierlich: Wir passen auf, welche Gesetze in Land, Bund und auf EU-Ebene geplant sind und welche Auswirkungen sie auf die Handwerker haben. Zuletzt gab es Unruhe wegen einer möglichen Mautgebühr für Handwerker. Dabei war für sie von der EU eine Ausnahmeregelung eingeplant. Wir haben darauf geachtet, dass Deutschland nicht noch eine Schippe drauflegt.
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Welche Herausforderungen erwarten die Betriebe als nächstes?
Die Arbeitszeiterfassung ist an sich ok, sie muss aber für die Betriebe auch händelbar sein. Und die so genannte Whistleblower-Richtlinie erwartet von allen Betrieben über 50 Mitarbeitern, dass sie eine Stelle einrichten, bei der man Unregelmäßigkeiten im Betrieb, aber auch Mobbing-Vorwürfe gefahrlos melden kann. Wir prüfen gerade, ob da eine Lösung über die Kreishandwerkerschaft möglich ist.