Winterberg. Mit Blick in die Zukunft werden die Sorgen in Winterberg nicht weniger. Die Prognose für die Finanzlage ist düster. Die Stadt nimmt Stellung.
Laut dem Statistischen Bundesamtes sprudeln die Einnahmen aus den Gewerbesteuern. Die Kommunen verzeichneten dabei ein Plus von 14,9 Prozent zum Vorjahr. Doch insbesondere in Winterberg sorgt das nicht für Freudensprünge.
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Erhebliche Einbußen
So sei die Stadt „sicher eine der wenigen Kommunen, die aufgrund der Pandemie erhebliche finanzielle Einbußen erlitten hat“, die nur zu geringen Teilen ausgeglichen worden seien, sagt Stadtsprecherin Rabea Kappen. Die Krisenjahre 2020 und 2021 hätten viele Bremsspuren in den öffentlichen Kassen hinterlassen, die auch von den Erträgen aus dem Tourismus lebe. So sei die Gewerbesteuer in den Jahren 2020 (Einnahme von 3,673 Millionen Euro) und 2021 (Einnahme 3,968 Millionen Euro) massiv eingebrochen und habe sich erst im vergangenen Jahr auf das Niveau vor der Pandemie erholt. Im Jahr 2022 wurden, laut Kappen, 7,2 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen. Der Planansatz für das Haushaltsjahr 2023 lag bei 5,5 Millionen Euro. Dieser Ansatz werde, Stand heute, wieder übertroffen, so Kappen.
„Ich danke unseren engagierten Unternehmerinnen und Unternehmern dafür, dass sie mit Blick auf die vergangenen Krisenjahre weiter unverzagt und zukunftsorientiert Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen und Umsätze erwirtschaften. Die daraus resultierenden wichtigen Gewerbesteuereinnahmen für unsere Stadt sind ein wichtiger Baustein dafür, in die Zukunft unserer Stadt zu investieren. In den Feuerschutz zum Beispiel, die Bildung, den Straßenbau und andere wichtige Bereiche für unsere Bürgerinnen und Bürger“, so Bürgermeister Michael Beckmann.
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Einnahmen steigern
Allerdings, auch wenn die Entwicklung der Gewerbesteuer seit 2022 wieder sehr positiv sei, hätten die pandemiebedingten massiven Einbrüche in den Jahren 2020 und 2021 damit nicht ausgeglichen werden können.
Möglichkeiten, die Einnahmen weiter zu steigern, gebe es. Zum einen durch die Neuansiedlung von Unternehmen oder durch die Verbreiterung des Branchenmixes. Dies sei in den vergangenen Jahren auch in den unterschiedlichsten Bereichen vom Tourismus über das Handwerk oder den IT-Sektor gelungen, sagt Kappen. Die Neuansiedlung von Unternehmen benötige allerdings grundsätzlich auch Gewerbeflächen. Aktuell sei es gelungen, alle kommunalen Gewerbeflächen zu veräußern, sodass man nun die Herausforderung angehe, neue Flächen auszuweisen sowie bereits ausgewiesene Flächen wie beispielsweise in der Burmecke seitens der Stadt zu erwerben.
„Dies ist nicht immer einfach. So würden wir beispielsweise das Gewerbegebiet Lamfert um 5 Hektar vergrößern, kurzfristig ist dies aufgrund naturschutzrechtlicher Vorgaben nicht realisierbar. Dies hält uns aber nicht davon ab, weiter mit viel Einsatz daran zu arbeiten. Unser Ziel ist es, unseren Unternehmen auch in Zukunft Expansionsmöglichkeiten sowie neuen Unternehmen die Chance zu bieten, sich in Winterberg anzusiedeln und so den Branchen-Mix weiter zu steigern. Dies hilft uns dann letztendlich auch bei der Gewerbesteuer und wir schaffen so die Basis, in die städtische Infrastruktur und damit in die Zukunft unserer Bürgerinnen und Bürger mit Investitionen zu investieren“, sagt Kappen.
Eine weitere Möglichkeit, die Gewerbesteuer-Einnahmen zu steigern, wäre die Gewerbesteuer zu erhöhen. Ziel und Anspruch sei es allerdings, Aufgaben und Herausforderungen so lange wie möglich ohne Steuererhöhungen zu finanzieren und damit Mehrbelastungen für die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden.
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Sorgen werden nicht weniger
Mit Blick in die Zukunft werden die Sorgen nicht weniger. So hat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände kürzlich eine Finanzprognose veröffentlicht, die für die Kommunen nicht gut aussieht. So werde damit gerechnet, dass die Kommunen die derzeitigen Krisensituationen deutlich zu spüren bekämen und sich die finanzielle Lage für die Verwaltungen im Jahr 2023 und den folgenden Jahren deutlich verschlechtern wird. Bereits für 2023 wird mit einem Einbruch des kommunalen Finanzierungssaldos um mehr als minus acht Milliarden Euro erwartet. Die in den Folgejahren zu erwartenden Defizite gehen bis an die Grenzen von minus zehn Milliarden Euro. Ob und wie sich diese Prognose auf die kommunalen Einnahmen in Winterberg auswirke, könne man aktuell nicht vorhersagen, so Kappen. Klar sei aber, dass der aufziehende Sturm auch Winterberg treffen werde.
Die Frage sei, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung auf die „sehr spezielle Branchenstruktur“ und damit indirekt wieder auf die Gewerbesteuer auswirke. Hinzu kommt, dass auch das geplante Wachstumschancengesetz Auswirkungen auf die kommunalen Einnahmen haben wird. Sollte das Gesetz beschlossen werden, würde dies die Unternehmen auf der einen Seite finanziell entlasten, es würde aber auf der anderen Seite auch Steuerausfälle für unsere Kommune bedeuten. „Meine Botschaft ist klar: Wir wollen auch in Zukunft weiter wesentlich in Bereiche wie Bildung, Feuerschutz, Ehrenamt, Straßen, Wohnungsbau investieren. Dafür sind die Gewerbesteuereinnahmen existenziell wichtig und es darf in diesem Bereich keine Einschnitte geben. Für die Unternehmen und für uns ist Verlässlichkeit bei der Gewerbesteuer unerlässlich und als Stadt oberstes Gebot“, so Bürgermeister Michael Beckmann.
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Wichtigste Einnahmequelle
Denn die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Stadt. Sie mache rund 14 Prozent der Gesamteinnahmen aus. Wichtig ist es dabei, den Wirtschaftsstandort Winterberg attraktiver zu machen. Bereits im Jahr 2019 habe die Wirtschaftsförderung dazu eine langfristige Strategie zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes erarbeitet. Ein Fokus liege bei den Bestandsunternehmen. Hierzu halte die Wirtschaftsförderung engen Kontakt zum Beispiel durch Unternehmerbesuche, Dialogveranstaltungen und Informationsangebote.
„Bei der Akquise neuer Unternehmen für den Standort Winterberg geht unsere Wirtschaftsförderung auf solche Unternehmen zu, die optimal zu Winterberg passen und für die wir am höchsten Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalens optimale Bedingungen bieten können. Unsere Wirtschaftsförderungsstrategie hat die vor allem die wissensintensiven Dienstleistungsbetriebe als Zukunftsbranchen identifiziert, weil sie in Winterberg stark gewachsen ist und Potenzial hat. Wissenstransfer, Kooperation und Kreativität stehen hier besonders im Blick“, erklärt Pressesprecherin Kappen.
Eine Besonderheit sei außerdem die Vernetzung junger Unternehmerinnen und Unternehmer, die in Form eines Jungunternehmerstammtisches bereits mehrfach zusammengekommen sei, um auch am jungen Profil des Wirtschaftsstandorts mitzuarbeiten. Bei der Umsetzung der Strategie zur weiteren Stärkung des Wirtschaftsstandortes säßen die Unternehmen mit am Tisch. Ein Schwerpunkt liege auf der Fachkräftegewinnung und Fachkräftebindung. Für die in Winterberg Beschäftigen würden unterschiedliche Veranstaltungsformate, die den Austausch der Arbeitnehmer und Arbeitgeber fördern, angeboten. Das seien beispielsweise die HoGa-Night, das Sparkassen-Open Air oder auch das Stadterlebnisfest. Die Beschäftigtenkarte ist das neuste Produkt, was von vielen Beschäftigten gern genutzt würde. Damit wird es Arbeitnehmern ermöglicht, Freizeiteinrichtungen kostenfrei nutzen zu können. Die Kosten der Karte trage der Arbeitgeber.