Winterberg. Miriam Pleiß lernt den Umgang mit Pferden in Texas. Doch die Sehnsucht führt sie zurück ins Sauerland, wo sie nun den Umgang mit Pferden lehrt.
Miriam Pleiß hat zwei Jahre in Texas gelebt und dort mit Wildpferden gearbeitet. Nun ist sie zurück in Deutschland und bringt Kindern in Winterberg das Reiten und den Umgang mit Pferden bei.
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So entdeckt Miriam Pleiß ihre Leidenschaft für Pferde
Alles fängt in der 4. Klasse an. Eine Klassenkameradin geht zum Reiten und Miriam Pleiß will es unbedingt ausprobieren. Ihre Mutter ist nicht überzeugt. Neben dem Schwimmen und Judo könne sie das nicht auch noch machen. Einmal mit dem Reiten angefangen, werden alle anderen Hobbys an den Nagel gehängt. „Pferde haben einfach etwas Magisches, vor allem für Mädchen“, erzählt die Reiterin von ihren Anfängen. Nach dem Voltigieren ist sie oft auf einer Galopprennbahn in ihrer Heimatstadt Gelsenkirchen. Als diese geschlossen wird, kann sie ihre Eltern überzeugen, ihr einen Hengst von dort zu kaufen. Ein Fehler, wie sie schnell merkt. Zum klassischen Reiten ist er nicht geeignet, jedes Mal nach dem Reiten hat sie blutige Hände. „Das Pferd war unglücklich und ich war auch unglücklich. Wir hatten einfach keine Verbindung zueinander“, erzählt Miriam Pleiß. Danach hat sie das Westernreiten für sich entdeckt. Ihr Traumberuf ist Reitpädagogin gewesen. Sie macht aber erst eine Ausbildung zur Erzieherin.
Auf nach Texas
Und wie kam die Reiterin dazu, nach Texas auszuwandern? Sie war lange Zeit in einer Fernbeziehung mit einem Texaner und beschließt, zu ihm zu ziehen. Ihren 30. Geburtstag feiert sie noch mit Freunden und Familie in Deutschland, danach beginnt ein großes Abenteuer für sie. Besonders ihrer Mutter fällt der Abschied sehr schwer. Sie findet immer neue Gründe, weshalb ihre Tochter nicht auswandern sollte.
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Zwei Jahre verbringt sie auf einer Ranch in Texas mit ihrem Mann, ihren Pferden und ihrem Hund Thabo und nimmt am Mustang Makeover teil, was schon lange ein Traum von ihr ist. Dabei kann sich jeder Trainer einen Mustang aussuchen und hat 120 Tage Zeit, ihn zu trainieren. Anschließend wird das zugerittene Pferd auf einer Auktion verkauft.
Miriam Pleiß lernt ihren Mustang Henry kennen
Auf diesem Weg hat Miriam Pleiß ihren Mustang Henry kennen gelernt. Die Trainer können sich Videos von den Pferden anschauen und auf eines bieten, um es zu trainieren. Teilweise werden diese Pferde für vierstellige Beträge verkauft, wenn sie eine interessante Farbe oder besondere Merkmale haben. Miriam Pleiß ist die Farbe ihres Pferdes nicht wichtig. Auf die Nerven käme es an. Bei Henry hat sie sofort ein gutes Gefühl. „Henry hat nachgedacht. Er hat die Situation wahrgenommen und hat trotz der Kamera nicht panisch reagiert“, erinnert sie sich. Für 200 Dollar ersteigert sie das Pferd, da er durch die braune Fellfarbe und die schwarze Mähne für viele zu langweilig aussieht. Mit ihrem Mann fährt sie zehn Stunden nach Oklahoma, um Henry abzuholen. „Am dritten Tag konnte ich ihn anfassen, am 12. Tag bin ich auf ihm geritten und am 16. Tag habe ich ihn zu einem Turnier mitgenommen, um ihn an die Situation zu gewöhnen“, erzählt die Reiterin stolz von Henrys Fortschritten. Das Temperament eines Wildpferdes merkt man ihm jedoch noch an. „Er hat seinen eigenen Kopf“, sagt seine Trainerin.
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Ob das Leben in Gefangenschaft wirklich das Richtige für Mustangs wie ihn ist, weiß Miriam Pleiß nicht. „Fakt ist, dass er ein Wildpferd ist und vielleicht fehlt ihm die Freiheit manchmal“ Trotzdem hätte Henry in der Wildnis keine guten Chancen gehabt, zu überleben. Wie jeder eingefangene Mustang hat Henry einen Freezebrand am Ansatz der Mähne. Weiße Schriftzeichen, die sich zu einer Nummer entschlüsseln lassen, an der das Pferd erkannt werden kann.
Die Pferde werden nach dem Training versteigert. Für Miriam Pleiß wäre es schlimm gewesen, das Pferd, mit dem sie in den 120 Tagen so zusammengewachsen ist, wieder abgeben zu müssen. Ihr Schwiegervater ersteigert Henry für sie zurück. Er hätte noch sehr viel mehr gekonnt, als sie bei dem Turnier gezeigt hat, erzählt die Reiterin. Sie habe den Preis aber nicht in die Höhe treiben wollen.
Heimweh
Trotz ihrer Arbeit mit den Pferden hat sie mit Heimweh zu kämpfen. Ihre Ranch liegt im Süden Texas, eine Stunde von Mexico entfernt. Da ihr Mann oft auf Montage ist, ist sie viel allein. Texas ist groß und in der Nachbarschaft leben wenig Menschen. Anschluss zu finden, ist nicht leicht. Die Frauen reiten weniger als die Männer. Bei den Ausritten sei sie mehr ein Vorzeigeobjekt gewesen.
Außerdem hat Amerika ein sehr starkes Drogenproblem. „Die Hausfrauen haben schon vormittags Senex genommen und wenn man nicht mitmacht, gehört man nicht dazu“, erzählt Miriam Pleiß weiter. Auch die Jahreszeiten haben ihr gefehlt. „In Texas ist alles immer gleich. Man sieht nicht, wie im Frühling alles anfängt zu blühen und selbst an Weihnachten waren es über 30 Grad“.
Winterberg sucht Reitlehrerin
Sie und ihr Mann beschließen nach zwei gemeinsamen Jahren in Texas mit den beiden Pferden Henry und Smocky und dem Hund Thabo nach Deutschland zurückzukehren. Hier wieder Fuß zu fassen, ist nicht leicht. Zum Glück sucht der Reitverein Winterberg eine Reitlehrerin, damit der Hof nicht untergeht. „Es war ein Perfect Match“, sagt sie. Die Kooperation ist das Beste, was passieren konnte. „Ich habe mich lange Zeit rastlos gefühlt. Nun bin ich endlich angekommen.“
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Seitdem gibt sie Reitunterricht und reitet Pferde von Kunden zu. In Winterberg hat sie nur drei eigene Großpferde. Neben den beiden Pferden aus Texas kam Felina dazu. Für den Ponyclub hat sie die beiden schwarz-weiß-gescheckten Shetlandponys BangBang und Joshy gekauft.
Ein großes Anliegen für die Reitlehrerin ist der richtige Umgang mit den Pferden. „Die nächste Generation Pferdemenschen soll die Pferde nicht als Sportgerät ansehen, sondern als Partner und Freund“, betont sie.
So läuft es im Ponyclub
Als die Kinder für den Ponyclub eintreffen, gehen sie gemeinsam zum Paddock und holen die Pferde dort ab. Anschließend werden sie von den Kindern geputzt und gesattelt. Dabei lässt die Reitlehrerin sie viel selbstständig mit den Tieren arbeiten. Zwei ältere Reitschüler helfen den Jüngeren. Die Gruppe von acht Kindern wird aufgeteilt. Die Hälfte kümmert sich um die Pferde auf dem Paddock, die anderen arbeiten mit den beiden Shetlandponys auf dem Platz. Danach wird getauscht.
Miriam Pleiß hat drei Spiele für die Kinder auf dem Platz vorbereitet. Das erste heißt „Wäsche aufhängen“. Die Reitschüler nehmen ein Tuch von einer Wäscheleine ab und hängen es an einer zweiten wieder auf. Bei dem zweiten Spiel „Wassereimer“ geht es darum, einen Becher mit Wasser auf dem Pferd zur anderen Seite des Platzes zu einem Eimer zu transportieren. Ein Kind sitzt auf dem Pony, der Teampartner führt das Pferd. Nach einem Hin- und Zurück wechseln sie. Das Zweierteam, das das meiste Wasser im Eimer gesammelt hat, hat gewonnen. Zum Schluss sollen die Kinder nebeneinanderher reiten und jeweils ein Ende Klopapier festhalten ohne, dass es reißt. Ihrer Reitlehrerin „Miri“ ist es wichtig, dass sie auch lernen, sich um die Tiere zu kümmern.
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Das Feedback der Kinder, sei positiv. Nicht nur das Reiten macht ihnen Spaß. Die Pferde zu putzen, den Stall auszumisten und Zäune zu bauen finden sie großartig. Streit um ein Pferd hat es unter den Reitschülern nie gegeben. „Jeder findet sein Pferd, mit dem er gut zurechtkommt“, sagt Miriam Pleiß. Genauso, wie es bei ihr und Henry war.