Hochsauerland/Winterberg. Bei Herzstillstand rettet er Leben: Es gibt viele Notfall-Defibrillatoren im HSK. Nur: Wenn einer gebraucht wird, kommt man womöglich nicht dran.

Es sind kleine Geräte, die Menschenleben retten können. Man müsste nur wissen, wo es sie gibt und wann sie tatsächlich auch greifbar sind. Es geht um Notfall-Defibrillatoren. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht auch unsere Zeitung darüber berichtet, dass eine Bank, eine Sparkasse, eine Firma oder ein Verein im Hochsauerland Geld für so ein Gerät spendiert oder spendiert bekommen hat. Im Prinzip eine gute Sache: Bei Herzstillstand sollen die Defis es selbst Laien ermöglichen, wichtige Erste Hilfe zu leisten.

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Was ist, wenn die Bank nachts geschlossen hat und der Defi innen hängt?

Viele dieser Geräte befinden sich in Schalterhallen oder Foyers von Banken oder Sparkassen. Seitdem jedoch inzwischen bundesweit pro Jahr um die 500 Automaten von kriminellen Banden gesprengt werden, hat das Landeskriminalamt den Geldinstituten schon vor geraume Zeit empfohlen, ihre SB-Foyers nachts geschlossen zu halten. Aber genau dort hängen vielfach die kleinen Kästen mit den möglicherweise lebensrettenden Defibrillatoren.

Ein Defibrillator hängt an der Hauswand einer Apotheke. Der Defibrillator ist frei zugänglich und kann so Leben retten.
Ein Defibrillator hängt an der Hauswand einer Apotheke. Der Defibrillator ist frei zugänglich und kann so Leben retten. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Ein Problem, das eigentlich offensichtlich sein sollte, das aber erst CDU-Ratsmitglied Mathias Geltz unter dem Punkt „Anfragen und Berichte“ vor geraumer Zeit im Winterberger Stadtrat aufs Tapet brachte. „Was ist, wenn jemand nach 23 Uhr den Defibrillator braucht und vor verschlossener Tür steht?“ Mit einem Nachbarn hatte er sich über das Thema unterhalten und dabei war beiden die ernste Problematik und deren Tragweite erst bewusst geworden. Auch würde sich Geltz eine einheitliche Beschilderung oder Symbolik wünschen, die in einer Stadt den Weg bzw. den Standort des Defis anzeigt. Gibt es aber nicht.

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Nachts von 23 bis 6 Uhr geschlossen

„Unsere Filialen und Beratungszentren sind in der Tat aus Sicherheitsgründen von 23 bis 6 Uhr geschlossen“, bestätigt Frank Segref, Pressesprecher der Volksbank Sauerland. Defibrillatoren habe man teilweise bereits so angebracht, dass sie jederzeit greifbar seien – beispielsweise in Schmallenberg. „An den anderen Standorten suchen wir derzeit nach Lösungen – auch in Winterberg.“ Ähnlich ist die Situation bei der Sparkasse Hochsauerland. Der Defi in Winterberg wurde nach dem Einwand von Mathias Geltz mittlerweile nach draußen verlagert, wobei natürlich immer auch darauf geachtet werden muss, dass die Geräte nicht unmittelbar Wind und Wetter ausgesetzt sind. Auch da braucht es Kümmerer. Jennifer Kühne, Bereichsleiterin Vertriebsmanagement bei der Sparkasse: „Ja, der Defibrillator wurde in Winterberg außen an der Filiale angebracht. Dazu mussten entsprechende Leitungen gelegt werden und es wurde eine dafür notwendige, neue Aufbewahrungsbox angeschafft. Wir sehen die Filiale Winterberg damit aktuell als Testfall. Wir werden eine mögliche Umsetzung in den anderen Filialen prüfen.“

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Keine kreisweite Übersicht, wo Defis zu finden sind

Je tiefer man in das Thema einsteigt, umso deutlicher wird, dass die Idee des Defi-Einsatzes noch nicht bis ans Ende durchdacht ist. Das sieht auch Dr. Karsten Müller, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im HSK, so. Denn so unglaublich, wie es klingen mag, aber es gibt kein Kataster, das kreisweit aufzeigt, wo überhaupt Defibrillatoren vorhanden sind. Müller: „Es gab schon Initiativen und Ansätze, die aber nicht zu Ende gebracht wurden. Es bedarf einer kreisweiten Zusammenarbeit.“ So eine Liste würde auch den mobilen Rettern helfen, von denen mittlerweile sage und schreibe 1000 Personen in dem riesigen Flächenkreis HSK nach entsprechender Schulung freiwillig parat stehen, wenn ein medizinischer Notfall angezeigt ist. „Diese Helferinnen und Helfer werden zwar wissen, wo in ihrem Heimatort so ein Gerät verfügbar ist. Aber die Alarmierung funktioniert ja anders“, so Dr. Müller.

Es braucht Kümmerer

Und zwar so: Kommt es zum Beispiel in einem kleinen Dorf zu einem internistischen Notfall, kann die Leitstelle eine Nachricht mit der Info zum Einsatzort an einen Computer-Server schicken. Das Programm würde anhand der Handy-Ortung „wissen“, ob sich ein Notfallhelfer in der Nähe befindet und würde ihn alarmieren. Das könnte aber im konstruierten Fall auch ein Helfer aus Arnsberg sein, der gerade in Medebach ist und nicht weiß, wo das nächste Gerät zu finden wäre. „Da braucht es wirklich Kümmerer. Die Rettungsdienstverwaltung kann weder die Aufstellung eines Katasters leisten, noch kann sie sich um die Wartung und Funktionskontrolle der Geräte kümmern. Auch das muss gewährleistet sein“, so Dr. Müller. Er erinnert an einen Fall, bei dem der Defi erfolgreich zum Einsatz gekommen war und der Hausmeister der Einrichtung, in der sich das Gerät befindet, nach einigen Wochen fragte, ob der Defi den ohne weiteres Zutun nach der Hilfeleistung wieder startklar sei. War er nicht.

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„Ich denke, dass so eine kreisweite Übersicht von offizieller Seite kommen muss. Jemand muss die Daten sammeln und regelmäßig auf den neuesten Stand bringen.“ So schätzt Dr. Müller die Situation ein. Aber letztlich wäre das auch wieder mit Personalkosten verbunden. Und er zahlt die? „Ich kann nur sagen, dass wir schon einige Einsätze hatten, nach denen die Patienten bzw. Patientinnen das Ganze ohne bleibende Defizite überlebt haben.“