Hochsauerlandkreis/Brilon. Im Pflegeheim in Ennepetal steigt die Zahl der Missbrauchsopfer. Die Caritas Brilon erklärt, was sie tut, um Menschen in den Heimen zu schützen.
Das Thema Gewalt in der Pflege ist aktuell in den Fokus gerückt, weil ein Pfleger in einer Einrichtung in Ennepetal über mehrere Jahre demenzkranke Frauen misshandelt bzw. missbraucht haben soll. Solch gravierenden Fälle lösen bei vielen Menschen, die in einer Einrichtung leben und auch bei Angehörigen Angst und Unsicherheit aus. Sie fragen sich: Wie sicher bin ich, wie sicher ist meine Mutter oder meine Tante in ihrem Pflegeheim? Wir haben nachgefragt bei Ulrich Fliege-Sölken. Er ist beim Caritasverband Brilon Geschäftsführer für das Geschäftsfeld Pflege und Gesundheit. Dazu gehören alle Einrichtungen und Dienste der Caritas-Alten- und Krankenhilfe.
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Präventionsmaßnahmen
Inwieweit wird die Problematik beim Caritasverband Brilon thematisiert? Was wird getan, um solche gravierenden Vorfälle, aber auch um weniger offensichtliche Formen von Gewalt zu verhindern?
Der Caritasverband Brilon hat bereits seit 2018 ein umfangreiches Schutzkonzept, in dem neben einrichtungsspezifischen Risikoanalysen auch Präventionsmaßnahmen aufgeführt sind, die dazu beitragen sollen, Grenzverletzungen und Gewalt zu verhindern. Darüber hinaus werden alle Mitarbeiter/innen im Rahmen von verschiedenen, am Alltag der MitarbeiterInnen ausgerichteten Schulungen für dieses Thema sensibilisiert und über die Präventionsmaßnahmen sowie die Regelungen, die im Falle eines Übergriffs einzuleiten sind, informiert. Bereits bei der Auswahl der Mitarbeiter/innen wird standardmäßig sowohl ein erweitertes Führungszeugnis als auch eine Selbstverpflichtungserklärung von den Bewerber/innen eingeholt. Auch der Verhaltenskodex in komplexer und leichter Sprache, der das respektvolle Verhalten miteinander beschreibt, ist ein Bestandteil dieses umfangreichen Schutzkonzepts. Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Stärkung der Klient/innen ein weiteres Element des Präventionskonzeptes.
Schutzkonzept
Gibt es einen bestimmten Fahrplan, nach dem vorgegangen wird, falls es zu einer Form von Gewalt in einer Ihrer Einrichtungen kommen sollte?
Im Falle von einer vermuteten oder festgestellten Grenzverletzung bzw. Übergriffes, sind im Rahmen des Schutzkonzepts auch die dann zu ergreifenden Maßnahmen in Handlungstabellen konkret und verbindlich festgelegt. Es gibt für die verschiedenen Fachbereiche jeweils speziell qualifizierte Präventionsfachkräfte, an die sich sowohl die MitarbeiterInnen als auch die Klient/innen und Angehörigen wenden können. Darüber hinaus gibt es externe Ansprechpartner/innen und Beratungsstellen, die kontaktiert werden können.
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„Wegsehen ist nicht akzeptabel“
Was gilt als Gewalt? Wie kann sich Gewalt gegen Klient/innen zeigen?
Der Gewaltbegriff ist zunächst einmal sehr weit und umfasst verschiedene Formen von Gewalt. Es kann sich um physische, psychische, sexualisierte und strukturelle Gewalt handeln. Dabei beginnt Gewalt für uns nicht erst mit einem Straftatbestand im Strafgesetzbuch, sondern bereits viel früher, wenn es auf Grund der Ausnutzung von Macht, fehlender Distanz und mangelhafter Professionalität zu einem übergriffigen oder die Grenzen des anderen verletzenden Verhalten kommt. Auch ein „Wegsehen und nichts tun“ ist für uns nicht akzeptabel.
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Kultur der Offenheit und Transparenz
Wie können Patienten/innen oder Angehörige Hilfe finden, wenn Sie Gewalt erleben oder vermuten?
Um das Ziel „Gewalt in den Einrichtungen und Diensten zu verhindern“ zu erreichen, ist es für uns zentral, neben den verbindlichen Vorgaben und Maßnahmen auf präventiver und intervenierender Ebene, jeden Tag erneut eine Kultur der Offenheit und der Transparenz, der Professionalität und der unverzichtbaren Achtsamkeit füreinander anzustreben und zu gewährleisten.