Olsberg. Das Aqua Olsberg soll wieder aufgebaut werden. Ein Experte gibt Tipps, um viele Besucher anzulocken. Das ist keine gute Nachricht fürs Freibad.
Im Ratssaal ist es brechend voll. Manche Besucher müssen oben auf dem Rang stehen. Bürgermeister Wolfgang Fischer schaut in die Gesichter. „Unten sind noch ein paar Plätze frei“, sagt er ins Mikrofon. Es passiert nicht oft, dass eine Ratssitzung so gut besucht ist, doch heute geht es um das Aqua Olsberg und das scheint die Mitarbeiter und Bürger umzutreiben, denn sie sitzen gespannt auf ihren Stühlen und schauen auf die Olsberger Fraktionen, auf die Vertreter der Verwaltung und vor allem auf Uwe Winter von GMF Neuried, einer Firma die nicht nur eigene Bäder betreibt sondern auch in analytischer Form und beratend tätig ist. Denn Winter legt eine Analyse über das Aqua Olsberg vor dem Brand vor und hat anhand dieser Ergebnisse Empfehlungen ausgesprochen bezüglich des Wiederaufbaus. Die gefallen durchaus nicht jedem.
„Die Gäste erwarten außerdem eine qualitative Aufenthalts- und Ruhequalität“
Uwe Winter schaut in seiner Analyse zuerst auf die Trends, losgelöst von Olsberg. So zeigen die „Megatrends“ eine Orientierung hin zu Großevents in Saunen. „Nach Corona haben wir gedacht, dass die Menschen lieber kleine Saunen wollen, dabei gibt es jetzt Saunen in denen 280 Menschen bei einem Eventaufguss zuschauen“, so Winter. Wichtig zu wissen sei auch, dass Kunden eine Komplett-Digitalisierung erwarten – vom Ticketkauf bis zur Zubuchung von Gesundheitsleistungen wie Kursen oder Massagen. Gleichzeitig sorgt der Selbstoptimierungstrend dafür, dass das Gesundheitsbewusstsein der Kunden steige, daher steigen auch die Besucherzahlen in Saunen und den Wellnessbereichen sowie das Interesse an Kursen und Gesundheitsangeboten. „Die Gäste erwarten außerdem eine qualitative Aufenthalts- und Ruhequalität“, so Winter.
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Winter lobt die Erreichbarkeit des Aqua sowie den Standort als Kneipp-Heilbad
Einige Pluspunkte bringe Olsberg schon mit. Winter lobt die Erreichbarkeit des Aqua Olsberg sowie den Standort als Kneipp-Heilbad und Kurort. Laut Winter biete gerade dieser Status Potenzial für die ältere Bevölkerung. „Olsberg kann ein Altersruhesitz werden“, sagt er. Gemurmel im Saal ist die Antwort. Für das Aqua Olsberg prognostiziert Winter ein Besucherpotenzial von 165.000 Gästen jährlich. Eine ordentliche Zahl. Wie kann man diese Besucher zufriedenstellen?
Seine Idee: Ein Shop für Bademoden im Aqua Olsberg
Kurzer Rückblick: Schon im letzten Jahr hatte das Architekturbüro Passgang einen Entwurf für den Wiederaufbau vorgelegt (wir berichteten). Kosten: Bis zu 17 Millionen Euro. Mit der reinen Versicherungssumme, die sich laut Schätzungen auf rund 2 Millionen Euro beläuft, aber noch immer nicht abschließend geklärt ist, wäre dies nicht zu stemmen. Uwe Winter fügt in seiner Analyse auch einige Punkte hinzu, die für ihn als Badbetreiber nicht wirtschaftlich seien, wie beispielsweise eine zweite Gastronomie im Außenbereich. Für die Mitarbeiter sie diese kaum zu stemmen, vielmehr solle man auf Snack-Automaten im Foyer setzen. Seine Idee: Ein Shop für Bademoden. Dies sei finanziell ein herausragender Erfolg seiner Erfahrung nach. Im Untergeschoss schlägt er einen Nassbereich vor, inklusive Fußbecken, Salzgrotte, Dampfbad oder Erlebnisduschen. Das Sole-Außenbecken solle überdacht sein, so könne man ganzjährig dort die Verweildauer der Gäste erhöhen. Ohnehin müsse der Außenbereich auch im Winter nutzbar werden, eventuell auch durch eine Überdachung der Wege. Eine Erweiterung des Außenbereiches, wie das Büro Passgang sie vorgeschlagen hatte, sei nicht sinnvoll. Im Garten soll vielmehr ein Ruhehaus entstehen, ein überdachter Whirlpool und eine Kneippanlage im hinteren Bereich. „Wichtig ist auch die Erweiterung der Ruhebereiche und der Liegen. Die Gäste legen sehr viel Wert darauf, dass es genug Möglichkeiten gibt, sich zu entspannen.“ Hochwertige Liegeflächen seien entscheidend. Und die Sauna? Hier verweist Winter abermals auf den Eventcharakter und betont: „Ziel muss es sein, dass die Sauna sich selbst trägt – inklusive Investition.“
Im Wesentlichen unterscheidet er zwischen zwei Zielgruppen
Damit kommt Winter auch schon bei der Wirtschaftlichkeit an. Die Bedarfsanalyse habe nämlich gezeigt, dass das Aqua Olsberg einen Fehlbetrag von jährlich mehr als einer Millionen Euro. Das liegt zum einen daran, dass die Umsätze – vor allem in der Gastronomie – nicht die Personalkosten decken können. Zum anderen seien die Tarife für den Eintritt und die Preise für den Verzehr nicht wirtschaftlich gestaltet. Zu kurze Buchungsdauern sorgen dafür, dass die Gäste nicht lang genug im Bad verweilen und kaum etwas verzehren. Dies könne man mit veränderten Tarifen und einer Kopplung mit Tourismus-Angeboten lösen. „Es braucht eine Tarifanpassung und eine längere Aufenthaltsdauer der Gäste“, sagt Winter. Im Wesentlichen unterscheidet er zwischen zwei Zielgruppen und daher zwischen zwei Bereichen, die das Aqua Olsberg seiner Meinung nach abbilden sollte. Zum einen die 50+-Gäste, die das Solebad nutzen, hier sind die Gesundheitsangebote entscheidend. Zum anderen müsse das Freizeitbad neu konzeptioniert werden, zu einer Kinderlandschaft mit einem seichten Becken und vielen Liegen, das nur gering Betreuungsintensiv ist und daher junge Familien anspreche. Und das Freibad? Das sei im Vergleich zu den allgemeinen Besucherzahlen nur sehr gering besucht und kaum wirtschaftlich, so Winter. Sein Rat: Das Freibad ist verzichtbar.
Eine lebhafte Fragerunde beginnt, die Uwe Winter geduldig beantwortet
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Als Uwe Winter seinen Vortrag beendet, bedankt sich Bürgermeister Wolfgang Fischer. Und während er betont, dass auch Barrierefreiheit eine große Rolle spielen sollte, formieren sich schon zahlreiche Fragen in den Fraktionen. Eine lebhafte Fragerunde beginnt, die Uwe Winter geduldig beantwortet. Welche Investitionskosten entstehen? Das sei bisher unklar, so Winter. Kann Olsberg es wirklich schaffen 165.000 Besucher zu generieren? Ja, vor Corona habe sich die Zahl der Besucher doch stetig vergrößert und der Trend zum Gesundheitsbewusstsein könne da wirksam werden. Gehen die beiden Zielgruppen, Familien und Ältere, wirklich zusammen? Ja, wenn beide Bereiche striktgetrennt würden, räumlich und tariflich. Und immer wieder das Freibad, man habe doch eine kommunale Aufgabe mit dem Bad zu erfüllen, wo finden sich denn dann die Jugendlichen wieder?
Nun sind die Fraktionen dran, die Analyse zu beraten
Bürgermeister Fischer betont, man müsse sich an die Trends anpassen. Er betont aber auch, dass an diesem Abend nichts entschieden werde und die Analyse durch GMF nun in die Fraktionen getragen werden würden. Viele Besucher verlassen nun den Saal, doch nach dem nächsten Tagesordnungspunkt, der das Ende der Ratssitzung markiert, stehen viele noch in Grüppchen draußen im Innenhof, diskutieren. Vom Tisch wird das Thema lange noch nicht sein.
Wer sich aktiv an der Gestaltung beteiligen will, kann dies bei einem Ideenforum am 18. Oktober um 18 Uhr im Ratssaal. Das hat Bürgermeister Fischer bereits angekündigt. Weitere Infos werden seitens der Stadt noch veröffentlicht.