Olsberg-Elpe. Vielleicht Elpes wichtigster Touristenmagnet: Das Südtiroler Backhaus. Hier verkauft die ehemalige Hagenerin leckerste Spezialitäten. Ein Besuch:
Herbert Hoppe ist Ortsheimatpfleger von Elpe und Heinrichsdorf. Er sagt, hier gibt es viel zu entdecken, Wanderwege, Vierländereck – „Sehr selten in Deutschland“ – Steinmarkskopf, Ohlenberg/Ohlenkopf, einen „sehr schönen“ Friedhof. Die eine besondere Sehenswürdigkeit ist aber das „Südtiroler Backhaus“. „Weit und breit kenne ich keine Bäckerei in dieser Form“, sagt Herbert Hoppe. Also auf zu einem Besuch in Elpe.
So, wie es nur in Bäckereien riecht, die man im Urlaub besucht
Im schmalen Gang zwischen Theke und Eingang riecht es süß. So, wie es nur in Bäckereien riecht, die man im Urlaub besucht. Croissants, goldene Brötchen, Smartie-Cookies liegen in der Auslage. Vinschgauer, Schüttelbrot oder Apfelstrudel wird angeboten, frisch nach dem Rezept einer befreundeten Bäckerei aus der Urlaubsregion Südtirol. Ein Tresen mit verschiedenen Eissorten summt leise. Schokolade aus Südtirol reiht sich über den Backwaren und gegenüber der Bier- und Eiernudeln aneinander. Neben Tuffi-Kakao und Fuze-Eistee steht in der Kühlung Südtiroler Salami mit Reh, Chili oder Wildschwein. Eine Packung Mehl steht ebenso im Regal wie Kaffeefilter oder Tee-Päckchen. Frühstück wird angeboten, abends gibt es Pizza frisch aus dem Ofen.
„Ich hab eine direkte Art. Aber das habe ich gelernt und ich halte das für wichtig“
Heike Jahn (60) erscheint am Tresen nachdem man eine kleine Klingel gedrückt hat, die auf dem Tresen steht. Ruhige Stimme, aber nicht auf den Mund gefallen. „Ich hab eine direkte Art. Daran musste sich das Dorf erst gewöhnen. Aber das habe ich in Hagen gelernt und ich halte das für wichtig“, sagt sie. Eigentlich kommt sie aus Hagen, ihr Mann aus dem Rheinland. Schon in ihrer Heimat hat Heike Jahn mit ihrem Mann Thomas (58) einen Backbetrieb, beliefert Kitas, Altenheime und Schulen. Dann wird er krank. „Wir mussten uns ruhiger setzen“, sagt Heike Jahn. Ruhiger als in Elpe geht es nicht. Aber wie hat sie das Dorf gefunden? „Über Ebay-Kleinanzeigen“, sagt sie und muss nun lachen. Sie hat das Inserat in die Finger bekommen und ihr erster Gedanke sei gewesen, dass Elpe genau das richtige sein könnte. Sie fährt ins Sauerland, um sich das Ladenlokal anzusehen. „Als ich von Heinrichsdorf die Kurven heruntergefahren bin, hat mich alles in der Natur an Südtirol erinnert“, sagt Heike Jahn. Ihr kommt schon in diesem Moment die Idee, Südtiroler Spezialitäten anzubieten.
Die Dorfbewohner wollen mittlerweile nicht mehr ohne ihr Tante-Emma-Lädchen
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Der Vermieter renoviert den Betrieb, baut eine Backstube. Die Jahns ziehen in eine Wohnung direkt darüber. Mit den Rezepten der Freunde und Südtiroler Spezialitäten, die sie direkt aus der Region beziehen, eröffnet das Paar im März 2018 das kleine Backhaus. Eine gewaltige Umstellung für alle im Dorf. Das Ehepaar Jahn muss sich ins Dorf eingewöhnen, nachdem sie das Leben in einer Großstadt hinter sich gelassen haben. Für Heike Jahn nicht immer leicht, wie sie sagt. Die Dorfbewohner beginnen auf der anderen Seite erst langsam damit, mit einem ganz neuen Konzept zu liebäugeln. „Die Einheimischen waren sehr zurückhaltend. Sie haben die Preise auch mit denen im Supermarkt verglichen. Aber unser Speck kommt von einer kleinen Firma aus Südtirol und der Speck im Supermarkt eben nicht. Natürlich gibt es da Preisunterschiede.“ Und während die Dorfbewohner sich langsam an das neue Lädchen gewöhnen, entdecken Touristen und Motorradfahrer ihn schnell für sich. „Die haben uns auch über Corona gerettet. In der Pandemie hatten wir manchmal das halbe Rheinland bei uns.“ Aber auch die Dorfbewohner wollen mittlerweile nicht mehr ohne ihr Tante-Emma-Lädchen. Es ist erste Anlaufstelle wenn etwas gebraucht wird. Sei es ein Frühstück, eine spätabendliche Pizza, ein Päckchen Zucker oder ein offenes Ohr für Alltagssorgen. „Wenn samstags die Menschen in der Reihe stehen und auf ihre Brötchen warten, dann merke ich, wie sich die Leute freuen, die anderen zu sehen und ein bisschen zu reden. Gerade ältere Leute, die mal ein Stück Kuchen bei mir essen. Oder die Vereine, die ihre Versammlungen hier abhalten. Es ist schade, dass so viele der kleinen Tante-Emma-Läden schließen.“ Warum sie sich hält? Heike Jahn überlegt. „Weil alles frisch ist“, sagt sie. Weil sie besondere Spezialitäten haben, für die die Menschen auch aus Meschede kommen. Weil sie so vieles auf einmal sind, Familienfeierort, Touristenmagnet, Bäckerei.
...und kommt dann doch auf die negativen Seiten der Arbeit zu sprechen
Das Backhaus schmeißen Heike Jahn und ihr Mann allein. Dafür stehen sie früh am Morgen in der Backstube und kneten frische Brötchen. Abends backen sie bis 21 Uhr Pizza. „Aber nur auf Vorbestellung“, sagt Heike Jahn und kommt dann doch auf die negativen Seiten der Arbeit zu sprechen. Auf Kunden, die – wie überall in der Gastronomie – immer ungeduldiger werden und immer weniger Verständnis zeigen. „Ich hatte vor kurzem eine Frau, die 17 Pizzen bestellt hat. Und als wir dabei waren, diese zu backen, rief sie an und sagte mir, dass sie die Pizzen nicht mehr benötige.“ Heike Jahn schüttelt den Kopf. „Sie sagte mir noch, ich solle froh sein, dass sie überhaupt angerufen habe.“ Seitdem nimmt sie nur Vorbestellungen an, wenn sie auch eine Sicherheit dazu bekommt. Sie kann viele solcher Geschichten erzählen. Sie kann aber auch viele gute Geschichten erzählen. Von Menschen, die sie schätzen. Und seien es nur die Jugendlichen, die gerade zum Ferienzeltlager in Elpe sind. „Die sind so froh, dass wir hier sind und dass sie eine Anlaufstelle haben. Mit dem Internet ist es hier ja auch nicht weit her“, sagt Heike Jahn und lacht wieder.