Medebach. Alfons Reuther spricht über die Leidenschaft beim Vogelbauen und wieso es der letzte Medebacher Schützenvogel nach sieben Generationen ist.
Sie waren immer prachtvoll, mit viel Liebe zum Detail erschaffen und nicht immer einfach zu erlegen: Die Schützenvögel aus Medebach stammen seit unglaublichen 171 Jahren aus der Produktion der ortsansässigen Familie Reuther. Für Familienvater Alfons Reuther ist es in diesem Jahr Vogel Nummer 14, den er aber schon nicht mehr ganz allein kreiert hat. Gemeinsam mit Marvin van Dyck, der das Reuther-Schützenvogel-Monopol ab dem kommenden Jahr ablösen wird, hat er für das diesjährige Schützenfest in Medebach an dem heißbegehrten Federvieh gearbeitet.
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Generationen voller Leidenschaft
„Ich arbeite schon seit Jahren mit Leidenschaft an den Vögeln, das hat auch mein Vater immer getan, den ich schon in jungen Jahren beim Bau unterstützt habe. Damit bin ich aufgewachsen und das ist geblieben“, berichtete der 59-Jährige. Die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft gibt es inzwischen seit 536 Jahren, die Reuthers kümmern sich in siebter Generation seit 171 Jahren um das Herzstück des Schützenfests. Auch nach all der Zeit hat sich der Vogel optisch nicht verändert: Die pompöse goldene Krone ist auf dem roten Kopf platziert, Flügel und Rumpf sind schwarz und mit weißer Farbe verziert und an den roten Beinen glänzen Zepter und der Reichsapfel ebenfalls goldig.
Ein Vogel reicht nicht aus
Ein Schützenvogel kommt selten allein. Geschossen wird zwar beim „normalen“ Schützenfest nur auf ein Federvieh, da man aber nie wisse was passiert, werde mindestens ein Ersatzvogel gebaut und mehrere Einzelteile stünden sowieso für alle Fälle bereit. Für ein Bundesschützenfest, wie es Medebach im Jahr 2019 ausgerichtet hat, werden gleich mehrere prachtvolle Vögel angefertigt. „Ich baue das ganze Jahr über, mal hier ein wenig, mal da ein wenig. Es lässt sich nur ganz schwer abschätzen wie viel Zeit dafür vergeht“, so Reuther. Im Gegensatz zu früher wird der Rumpf heutzutage gefräst. Der finale Anstrich geschieht erst kurz vor dem eigentlichen Festakt, nachdem alle Teile zusammengestellt worden sind.
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Während auf sein Werk geschossen wird, ist der Vogelbauer nicht dabei: „Ich höre mir die Schüsse von zuhause aus an und hoffe, dass der Vogel lange genug hält. Ich würde wahrscheinlich einen Herzinfarkt vor Aufregung bekommen, wenn ich vor Ort mitfiebern würde“. Selbst geschossen hat der Medebacher auch früher nie. Dass einer seiner Schützlinge nach nur wenigen Schüssen herunterfällt sei schon vorgekommen, aber nicht geplant. Mit gewissen Tricks könne man die Stabilität eines Vogels beeinflussen, verraten möchte sie Alfons Reuther aber nicht.
Viele Erinnerungen, mehr als nur Vögel
Ein Hauch Nostalgie liegt in der alten Werkstatt der Reuthers. Die Bilder an der Wand und das Werkzeug in der Halle erinnern an die Eltern, Großeltern und deren Vorgänger sowie an harte und ehrliche Handwerksarbeit. Alfons Reuther baut aber nicht nur die Schützenvögel, sondern auch „kleine Jecke“, die von den jungen Schützen ins Visier genommen werden und privat auch Vogelhäuser für die lebendigen Exemplare, die gefüttert und nicht geschossen werden.
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Ein neuer Lebensabschnitt beginnt
Eine lange Tradition geht beim Schützenfest in diesem Jahr zu Ende. Familie Reuther zieht es in naher Zukunft nach Bayern, wo bereits die Tochter ein neues Zuhause gefunden hat. „Selbst wenn ich nicht mehr in der Gegend bin, unterstütze ich meinen Nachfolger und alle Medebacher weiterhin. Für das Schützenfest kehre ich in meine Heimat und zu meinen Wurzeln zurück“, so der Verfahrenstechniker. Im Süden der Republik muss es für Alfons Reuther natürlich auch eine Werkstatt geben, denn „ohne Holz geht es nicht“.