Brilon. Als Kind steht Briloner Marco Kraft bereits auf dem Board. Skaten hat ihm Selbstvertrauen und Bissigkeit gelehrt. Sein Hobby macht er zum Job.

Zuletzt ist Marco Kraft in Boffzen gewesen, Niedersachsen. Dort hat er einen Skatepark gebaut. Er erzählt von einem Jungen, der ins Rathaus gegangen sei und sich einen Skatepark gewünscht habe. „Und dann hat es geklappt“, sagt Marco Kraft (39) und lacht. Er selbst baut eigentlich schon fast sein ganzes Leben Skateparks – und hat den Wunsch des kleinen Jungen Wirklichkeit werden lassen. Das ist es, was der Briloner liebt. Treffpunkte schaffen, Kindern Sport nahe zu bringen, sich engagieren. Manchmal allerdings bedeutet Engagement auch Kampf. Der Westfalenpost erzählt er, warum er trotzdem immer dran bleibt.

Schon mit seinem Vater baut der Briloner die ersten Miniramps

Marco Kraft aus Brilon skatet schon, seitdem er ein kleiner Junge ist.
Marco Kraft aus Brilon skatet schon, seitdem er ein kleiner Junge ist. © WP | Privat
Gemeinsam mit seinem Vater und dem Bruder hat er schon in seiner Kindheit die selbstgebauten Miniramps ausprobiert.
Gemeinsam mit seinem Vater und dem Bruder hat er schon in seiner Kindheit die selbstgebauten Miniramps ausprobiert. © WP | Privat

Marco Kraft sitzt auf einer Bank neben dem Skatepark in Brilon. Er hat ihn mitgebaut. Hat den Beton gegossen. Hält den Platz sauber. Alles ehrenamtlich. Er schnippt eine Distel an der Bank beiseite. „Irgendwie kenne ich es nicht anders“, sagt er über das Skaten. Sein Bruder, zehn Jahre älter als er, hat in den frühen 80ern Miniramps mit dem Vater im Garten gebaut. Dann in der Stadt. 1999 folgt der erste Park. „Damals hat uns die Stadt unterstützt“, erinnert sich Marco Kraft. „Da stand der Skatepark im Wahlprogramm des damaligen Bürgermeisters Schrewe. Und es war klar, dass wir den Skatepark selbst bauen können.“ Gesagt, getan. Als Junge und Teenager nutzt Marco Kraft den Skatepark selbst. Zwar hat er auch Fußball gespielt, aber auf dem Skateboard hat er einfach schon immer gestanden. Das Skaten, das ist etwas besonderes für ihn und wenn er davon erzählt, dann merkt man schnell, dass mehr als nur Sport hinter dem Hobby steckt. „Skaten fördert das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in sich selbst – irgendwie auch, weil die Eltern es meistens nicht können.“ Er lacht. „Es fordert kognitiv und motorisch. Man fällt oft, aber man lernt wiederaufzustehen. Es bringt einem eine gewisse Bissigkeit bei.“ Marco Kraft überlegt kurz und blinzelt in die Sonne. „Man lernt fallen, ich selbst kann es aber noch nicht perfekt.“ Gleichzeitig ist Skating weit entfernt von dem Druck, den Leistungssport oder Teamsportarten ausüben können. „Der Skatepark bietet ungezwungene Atmosphäre. Er ist ein Treffpunkt für die Kinder, aber auch ältere. Erst letztens hat hier ein älteres Ehepaar zugesehen und am Ende sogar geklatscht, weil sie das, was die Kinder gezeigt haben, so toll fanden.“

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Erst wird Marco Kraft Tourismusfotograf, dann geht es nach Warburg zu Karma Parks

Beruflich startet Marco Kraft allerdings erst einmal in eine andere Richtung, wird Tourismusfotograf. Bis ihn eine Firma aus Warburg anspricht, Karma Parks. Das Angebot: Rampen bauen. Beruflich. Lange überlegen muss Marco Kraft nicht. „Das war etwas sinnstiftendes für mich“, sagt er heute. Ein typisches Projekt startet jetzt für ihn mit Ausschreibungen, die ein Kollege sammelt und auf die sich die Firma bewirbt. „Mein Vorarbeiter holt die Aufträge herein, wir klären das Budget und dann planen wir mit den Locals gemeinsam, wie der Skatepark aussehen soll. Dabei gucken wir auch immer genau darauf, was gewollt ist.“ Wie zuletzt in Boffzen. Die Lokalzeitung berichtet von dem Jungen, von dem auch Marco Kraft erzählt. Der damals elfjährige Tim Hartmann, begeisterter Skateboardfahrer, sammelt Unterschriften und sucht das Gespräch mit Samtgemeindebürgermeister Tino Wenkel. Der Junge bekommt schnell Unterstützung, der Park wurde letzte Woche gebaut. Dabei hat Marco Kraft mit angepackt, denn er plant nicht nur sondern baut die Rampen auch. So zügig, schnell und fast märchenhaft wie in Boffzen funktioniert Krafts Arbeit aber nicht überall. Und gerade sein Herzensprojekt, der Skatepark in Brilon, ist ein stetiger Kampf.

Mittlerweile baut er beruflich Skateparks. Dazu plant er sie gemeinsam mit den Locals vor Ort und setzt die Wünsche um.
Mittlerweile baut er beruflich Skateparks. Dazu plant er sie gemeinsam mit den Locals vor Ort und setzt die Wünsche um. © WP | Privat

Das Mittelstück ist sei Jahren immer wieder Gegenstand der Diskussion in Brilon

Marco Kraft zeigt auf den Mittelteil des Skateparks in Brilon. „Hier fehlt das Mittelstück.“ Seit Jahren setzt er sich bei der Stadt dafür ein, dass ein Mittelstück gebaut wird. Hat Unterlagen zur Beantragung von LEADER-Förderungen gesammelt. Hat im Stadtrat gesessen, Protokolle gewälzt. Zuletzt wollte die Stadt den Skatepark auf den Plan für LEADER-Fördermittel 2023 setzen. Doch jetzt ist klar: Auch in diesem Jahr steht der Skatepark nicht auf der Liste. Die Begründung: In der Punktebewertung für die Förderungen erhält der Skatepark nicht genug, denn der Skatepark wird nicht ehrenamtlich betrieben. Das Grundstück gehört der Stadt. Marco Kraft betont: „Dabei kümmern wir vom Rollverein uns seit 23 Jahren um den Platz und halten ihn Instand.“ Das Problem sei, dass das Skaten nicht eine derartige Interessensvertretung hat wie der Fußball oder anderer Wettbewerbssport. „Der Kreis aus den Aktiven fragt mich immer, wann es weitergeht. Ich habe aufgehört etwas zuzusagen. Das werde ich erst tun, wenn der Beton ausgeschüttet wird.“ Er sei in Kontakt mit der Stadt, weiß aber nicht wie es weitergeht für den Skatepark in Brilon.

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„Eigentlich ist das ein Herzensding“, sagt Marco Kraft über den Skatepark. Seit 25 Jahren skatet er dort, beobachtet was aus den Kids wird die er dort kennenlernt, arbeitet für den Erhalt. Er denkt nun über eine Crowdfunding-Kampagne nach, über Spenden. Aufgeben, das steht nicht zur Debatte.