Jörg Tripke wollte sofort. Seine Frau Silke musste erst überzeugt werden, das Bleichhaus in Marsberg zu übernehmen. Es hat sich gelohnt.

Marsberg. Als ihnen ihre Kinder damals die Nachricht „Das Bleichhaus wird frei!“ weiterleiteten, gefiel Silke Tripke die Vorstellung, hier einzusteigen, erst gar nicht. Sie war beim LWL beschäftigt. Ihr Mann Jörg, der über 20 Jahre lang Küchenleiter bei Wincor Nixdorf in Paderborn war und dort bereits freigestellt, weil „Outsourcing“ auf dem Programm stand, fand die Gelegenheit allerdings sehr gut.

Lesen Sie auch: Abiball in Marsberg zerstört: Abiturienten sind stinksauer

Im Januar 2019 übernahmen Jörg (56) und Silke (60) Tripke das Bleichhaus in Marsberg als neue Pächter. Sie starteten ihre Selbstständigkeit mit einem guten Jahr, in dem der Betrieb gut angenommen wurde. Dann schlug die erste dreiwöchige Schockstarre durch Corona im Frühjahr 2020 zu.

Eine Menge nachzuholen

Da waren neue Ideen und viel Improvisation gefragt. Die Tripkes etablierten ziemlich schnell das „Außer-Haus-Geschäft“ am Fenster. Schnitzel-Wochenenden war sehr gefragt. Lange Schlangen vor dem Fenster, gezapftes „Bier-to-go“ als Alleinstellungsmerkmal in einem weiten Umkreis. Der Verzehr war, wie überall, in einem Abstand von 50 Metern vom Eingang erlaubt. Mit Abstand stehen, sich mit Abstand fortbewegen, essen, Cocktails, Glühwein und Apfelpunsch trinken – doch das Modell wurde gut angenommen.

Lesen Sie auch: Anwohner droht bei Schützenfest in Hoppecke mit Schießverbot

„Als später die Beschränkungen gelockert wurden und die Gäste wieder die lang ersehnte Normalität erleben durften, hatte man das Gefühl, dass jetzt alles nachgeholt werden sollte. Alles, was an Schnaps da war, war weg“, so Jörg Tripke. Sämtliche aufgeschobenen Feste wurden und werden noch nachgeholt: Weihnachtsfeiern, Kommunion- und Konfirmationsjubiläen, Klassentreffen, Geburtstage und noch viele mehr.

Negativer Trend nach Corona: Manche Gäste sagen die Reservierung nicht ab

Leider gebe es die Tendenz zu beklagen, dass Gäste nicht mehr so zuverlässig seien, wie sie es einst waren: Tische würden bestellt, die Gäste kämen nicht, ohne vorher abzusagen. „Das ist leider ein negativer Trend, den es so gefühlt vor Corona noch nicht gab,“ so Jörg Tripke. Personalmäßig sieht es gut aus im Bleichhaus. 17 Aushilfen und drei Festangestellte werden beschäftigt – drei davon gelernte Hotelfachleute, die hier, neben ihrem auswärtigen Job in der Hotellerie, gerne direkt am Gast sein wollen.

Allerdings gibt es auch mal Phasen, wo es eng wird. Etliche Aushilfen sind im Musikverein oder im Hofstaat, und dann zu gewissen Terminen nicht da. Das Hauptgeschäft findet im Sommer statt, vor allem am Wochenende. Dann arbeiten teilweise zehn Leute hier, um die zirka 600 Gäste am Tag zu bedienen. Inklusive Biergarten gibt es 240 Plätze; davon sind etwa 50 Plätze im Innenraum.

Das Bleichhaus von außen.
Das Bleichhaus von außen. © Regina Schmidt
Der Biergarten am Bleichhaus
Der Biergarten am Bleichhaus © Regina Schmidt

Die Räumlichkeiten sind für diese Mengen an Gästen eigentlich nicht ausgelegt. Die Küche ist nur zirka vier Quadratmeter groß, dort ist das Reich von Jörg Tripke. Hier werden Burger, Schnitzel, Schweinefilet und Mantaplatten gezaubert. Kartoffelsalat, Heringsstipp und selbst gemachte Saucen aller Art – es gibt durchgehend deutsche Küche. Mittlerweile gibt es auch acht vegetarische beziehungsweise vegane Gerichte. Man bekommt auch selbst gemachten Kuchen im Bleichhaus. Diesen backt zum Teil die Chefin selbst, zwei weitere „Bäckerinnen“ unterstützen sie.

Lesen Sie auch:Bankräuber füchten seelenruhig mit Bus aus Titmaringhausen

Geplant war bereits ein Anbau, letztlich scheiterte die Genehmigung allerdings an drei nicht vorhandenen Parkplätzen. Die Lage ist für das Bleichhaus top, direkt am Diemelradweg, wo bei gutem Wetter täglich ganze Horden an Radfahrern vorbeifahren und hier anhalten. Am zweiten Wochenende im Juli ist in Marsberg Schützenfest. Das feiern die Tripkes immer. 2017/2018 waren sie selbst Königspaar. „Wie es aussieht, ist bei uns dann auch nicht geschlossen, weil sich Personal angeboten hat, hier zu öffnen“, so die Chefin.

Inflation und Energiekrise

Feiern können die beiden. Denn auch die Personalfeten im Bleichhaus haben einen legendären Ruf. „Bei uns gibt es auch etwas Weihnachtsgeld und die Firmenfeten gehören einfach für ein gutes Miteinander dazu“, so Silke Tripke. Corona, die Energiekrise und die Inflation, das alles macht es nicht gerade einfach. Aber hier sind Gastgeber am Werke, die ihre Arbeit mit viel Freude und Leidenschaft verrichten. Wenn die Bierbrauer die für September angekündigte Bierpreiserhöhung umsetzen, geht es wieder um 15 bis 20 Prozent nach oben, erzählt Jörg Tripke. Immer wieder neue Herausforderungen, die sich stellen…

Montags und Dienstags sind Ruhetage. Öffnungszeiten Mi-Sa: ab 14:00 Uhr Sonn- und Feiertage : ab 14:00 Uhr mit durchgehend warmer Küche.