Brilon/Paderborn. Bis 1969 war Alfons Freistühler Direktor am Petrinum. Dem verstorbenen Priester werden mehrere Missbrauchsfälle vorgeworfen. Auch aus Brilon

Ein neuer Missbrauchsfall im Erzbistum Paderborn und im Bistum Münster schlägt derzeit hohe Wellen: Alfons Freistühler, ein im Jahr 1991 verstorbener Priester, der von 1963 bis 1969 am Petrinum in Brilon unterrichtete, steht im Verdacht, sich in mehreren Fällen des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht zu haben. Darüber hinaus war er während des Schuljahres 1969/70 mit einem Gesamtumfang von 20 Wochenstunden an den Paderborner Gymnasien Reismann, Pelizaeus und Theodorianum tätig.

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Mindestens ein Betroffener aus Brilon hat sich mittlerweile auch gemeldet, wie das Erzbistum Paderborn auf Anfrage der Westfalenpost mitteilt: „Seit der gemeinsamen Bitte der (Erz-)Bistümer Münster und Paderborn, dass mögliche noch unbekannte Betroffene sich bitte an die unabhängigen Ansprechpersonen wenden mögen, hat es dort für den Raum des Erzbistums Paderborn eine Meldung gegeben. Deren Inhalt ist uns bisher allerdings noch nicht bekannt. Aus der Zeit davor lagen dem Erzbistum Paderborn bisher keine Beschuldigungen von Betroffenen gegen Freistühler vor.“

Zweifel an fachlicher und persönlicher Eignung

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Die Zeit am Petrinum war für Freistühler alles andere als erfolgreich. Am 1. Oktober 1969 musste er das Petrinum unfreiwillig verlassen, so das Erzbistum Paderborn: „Bekannt war dem Erzbistum, dass es Zerrüttungen an der Schule in Brilon gab“. Gründe für die Zerrüttung seien Zweifel an der fachlichen und persönlichen Eignung als Schulleiter gewesen, so Heike Meyer, Sprecherin des Erzbistums Paderborn. Trotzdem erhielt der Priester im Jahr 1970 die Verantwortung für die Leitung des Stein-Gymnasiums in Kleve.

Interventionsbeauftragter geht von mehreren Fällen aus

Die bekanntgewordenen Vorfälle im Bistum Münster betreffen sowohl Ereignisse an der Schule als auch seine Tätigkeit als Geistlicher. Von 1971 bis 1980 war Freistühler außerdem als Seelsorger tätig und von 1980 bis 1988 als Pfarrverweser im Einsatz. Nach Gesprächen mit den Betroffenen geht der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings, davon aus, dass es noch mehr Fälle grenzverletzenden Verhaltens und sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern durch den beschuldigten Priester gab. Die Taten ereigneten sich demnach sowohl im Umfeld der Schule als auch der Pfarrei, in der er tätig war. Offenbar wurde bereits Mitte der 1980er-Jahre der verstorbene Münsteraner Bischof Reinhard Dr. Lettmann auf sexuellen Missbrauch durch Freistühler hingewiesen, der ursprünglich Paderborner Bistumspriester war und Ende der 1980er-Jahre offiziell als Priester ins Bistum Münster wechselte, heißt es aus dem Bistum Münster.

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Bischof wollte Missbrauch vertuschen

1988 bat Freistühler Bischof Lettmann aus „gesundheitlichen Gründen“ um seinen Rücktritt, der Bischof entsprach dem im Dezember 1988. Nach Aussage eines Betroffenen waren hierfür aber nicht „gesundheitliche Gründe“ ausschlaggebend, sondern die Missbrauchsvorwürfe. Dieser Betroffene hat dem Interventionsbeauftragten des Bistums Münster, Peter Frings, mitgeteilt, dass Bischof Lettmann ca. 1988 einen Brief von ihm erhalten habe, in dem er über den sexuellen Missbrauch berichtet habe. Lettmann habe sich daraufhin nie bei ihm gemeldet. Der Betroffene geht davon aus, dass Bischof Lettmann die Taten vertuschen wollte. Ein zweiter Betroffener hat dem Interventionsbeauftragten mitgeteilt, dass er von einer größeren Zahl von Betroffenen, „mindestens 13 betroffenen Jungen und ein Mädchen“, ausgehe. Es sei auch unwahrscheinlich, dass Lehrer am Gymnasium nichts von dem Missbrauch mitbekommen hätten.

Erzbistum Paderborn sucht weitere Betroffene

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Der Priester starb 1991. Der ursprünglich aus Verl stammende Priester wurde im Jahr 1941 in Paderborn zum Priester geweiht. Kurz darauf trat er seine erste Stelle als Pfarrvikar in Halver an, danach war er Religionslehrer in Grevenbrück und Lünen. Im Jahr 1953 wurde er als Landesbeamter angestellt. Freistühler verstarb im Alter von 77 Jahren und wurde auf dem Friedhof in Kleve im sogenannten „Priesterrondell“ beigesetzt. Mittlerweile haben sich beim Bistum Münster sechs Betroffene gemeldet, so die Information von Peter Frings, Interventionsbeauftragter des Bistums Münster. Sollte es weitere Betroffene aus dem Raum des Erzbistums Paderborn geben, bittet das Erzbistum um Meldung beim Interventionsbeauftragten oder bei den unabhängigen Ansprechpersonen. Alle Ansprechpersonen aus dem Erzbistum Paderborn finden sich hier: www.erzbistum-paderborn.de/beratung-hilfe/hilfe-bei-missbrauch/.