Hallenberg. Selbst Corona konnte die Tradition nicht brechen. Nach der Pandemie sind Interesse und Begeisterung für das mystische Nacht-Schauspiel größer denn je.
Mystisch, archaisch, romantisch – die Osternacht in Hallenberg ist ein in ganz Deutschland einmaliger Brauch, der in der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag wieder hunderte Schaulustige begeistert hat. Kurz vor Mitternacht erlöschen sämtliche Lichter. Es ertönen zwölf dumpfe Glockenschläge, die jeder der Zuschauer und gut 250 Teilnehmer auf dem gesteckt vollen Marktplatz still für sich mitzählt.
Beeindruckende Bilder von der Hallenberger Osternacht
Alte Landknechtstrommel ertönt
Wenn der letzte Schlag verstummt, singen die Hallenberger Männer im Fackelschein ein uraltes Passionslied. In der fünften Strophe kommt Bewegung auf: Drei mehrere Meter hohe Kreuze und Lampionbäume leuchten auf. Große Holzrasseln werden geschultert, Eisenhämmer knapp über die Sägeblätter auf den vielen Handwagen gehalten, Handsirenen angedreht – und beim letzten Ton bricht ein unfassbarer Lärm los, während eine alte Landknechtstrommel und ein Nachtwächterhorn abwechselnd den Rhythmus vorgeben.
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Nächtlicher Zug
Der Zug geht rund anderthalb Stunden an den historischen Stadtgrenzen entlang und umrundet dabei drei Mal die Kirche. Neben dem ohrenbetäubenden Krach sind die großen Kreuze das bekannteste Symbol der Hallenberger Osternacht. Es ist immer wieder faszinierend, wenn der Zug mit seiner unvergleichlichen Geräuschkulisse näherkommt, sich die blutroten Kreuze, Lampionbäume und Fackeln aus der Dunkelheit herausschälen und ihre schwankenden Schatten an die Fachwerk-Hauswände werfen.
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Organisiert wird die Osternacht (nicht Krach- oder Rappelnacht, wie oft behauptet!) vom Hallenberger Burschenverein, der seit 1746 besteht und dessen Wurzeln vermutlich bis ins Mittelalter reichen. Seit mindestens 1781 soll es die Osternacht geben, ihre Abläufe sind bis heute fast unverändert. Weil der Brauch so einzigartig ist, laufen derzeit Anträge auf Anerkennung als Immaterielles Kulturerbe. Nur einmal ist die Osternacht bisher ausgefallen - 1945 kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges. Auch das Corona-Virus hat es nicht geschafft: In 2020 und 2021 hat der Burschenverein eine Osternacht mit Abstand organisiert.