Winterberg/Siedlinghausen. Schon im Lockdown war es für die Siedlinghausenerin knapp. Jetzt muss sie ihren Laden „Moment Mal“ endgültig schließen. Die Gründe:

Es ist ein trauriger Post, den Tanja Lechtenberg bei Facebook postet: Sie gibt bekannt, dass sie ihren Laden in Siedlinghausen, „Moment Mal – Klein aber Oho“ schließen muss. Schon während der Corona-Pandemie hat sie der Westfalenpost geschildert, wie knapp es für sie und ihren Laden mit den fehlenden Hilfen und den Lockdowns geworden ist. Die Inflation und die Energiekrise übersteht das Geschäft nun nicht mehr. Damit schließt der Laden in Siedlinghausen – der an Tante-Emma-Laden erinnert – im Juni diesen Jahres. Tanja Lechtenberg ist verzweifelt.

In eine Facebook-Beitrag gibt sie ihre Schließung bekannt

„Liebe Kunden, es tut weh zu sehen wie Siedlinghausen, ein Ort, der voller Infrastruktur Anziehungspunkt und Begegnungsstätte für Einheimische, Auswärtige und Touristen war, nach und nach „verblasst“. Mein Traum war es, Teil dessen zu sein, was den Ort am Leben hält - doch von Träumen allein kann man nicht leben und auch den Zeitenwandel nicht aufhalten“, schreibt die zugezogene Siedlinghausenerin. Weiter heißt es in dem Posting: „Schweren Herzens starten wir daher ab sofort unseren Ausverkauf! Wir bedanken uns bei allen Kunden, die uns in den vergangenen 7 Jahren und besonders während der Coronaphase, begleitet und unterstützt haben.“

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Fehlende Hilfen und die Inflation bedeuten das Ende des Lädchens

Nur wenige Tage nach dieser Nachricht geht Tanja Lechtenberg ans Telefon, sie klingt müde. „Coronahilfen und Energiehilfen habe ich nicht bekommen. Irgendwann konnte ich meinen Kredit nicht mehr bezahlen.“ Schon während der Pandemie hatte sie berichtet, wie schwer es für sie gewesen ist, den kleinen Laden zu halten, in dem nicht nur Schreibwaren und Schulbücher verkauft werden, sondern auch Deko-Artikel und die beliebte süße Tüte. Die Schließung während des Weihnachtsgeschäftes hatte ihr besonders weh getan. „Wir leben drei Monate von dem Weihnachtsgeschäft“, sagte sie damals. Dafür war sie in Vorkasse gegangen, hatte die Ware auf Risiko bezahlt. Auf den kleinen Geschenken und Süßigkeiten blieb sie sitzen – während Tankstellen Süßigkeiten und Schreibwaren weiterhin verkaufen durften. Eine Ungerechtigkeit, die sie damals schon nicht verstanden hatte. Hilfen blieben aus. Vier Jahre war ihr Lädchen im Januar 2021 alt. Eine Zeitspanne, in der es noch nicht möglich war, sich genug Rücklagen anzusparen, wie es alteingesessene Einzelhändler vielleicht geschafft haben. Das wird ihr jetzt, mehr als zwei Jahre später, zum Verhängnis.

Bürgermeister und Bundestagsabgeordnete waren vor Ort

„Nach dem Zeitungsartikel waren sie alle da. Der Bürgermeister, die Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese und Carlo Cronenberg. Geholfen hat das nichts“, sagt Tanja Lechtenberg heute, März 2023, in der nächsten erschütternden Krise. Sie hat keine Reserven mehr. Kann wegen der Inflation die teuren Einkaufspreise der Waren nicht mehr zahlen. Sie setzt sich mit der IHK und ihrem Steuerberater zusammen. Die einzige Lösung: Die Schließung. „Das tut sehr weh. Sieben Jahre habe ich hier in Siedlinghausen mein Geschäft geführt. Kinder schicken mir sogar kleine Karten, auf denen sie mir schreiben ‘Gib nicht auf’. Aber ich starte nun den Ausverkauf.“

Siedlinghausen verliert noch den letzten Laden

32 Jahre lebt die 49-Jährige schon in Siedlinghausen, der Ort ist Heimat für sie. Seitdem hat sie erlebt, wie drei Schuhmacher, ein Metzger, ein Edeka-Markt, Schmuck- und Uhrenhändler, ein Gasthof schließen. „Das ist traurig, Siedlinghausen war ein wundervoller Ort.“ Am liebsten würde sie neu starten. Mit dem Geld aus dem Ausverkauf etwas Neues wagen. Denn durch verschiedene gesundheitliche Probleme ist sie gezwungen, ansonsten in Rente zu gehen. Der Gedanke ist am schlimmsten für sie. „Das will ich doch noch gar nicht.“