Marsberg/Schleswig-Holstein. Das Leben an der Nordsee ist für einen Sauerländer zum unbezahlbaren Alptraum geworden. Nun muss Martin so schnell wie möglich in den HSK zurück.

Martin Becker* hatte schon immer einen besonderen Traum: Am Meer zu leben. Jeden Tag die Wellen beobachten, den Sandstrand unter den Füßen spüren und in die Ferne zu schauen ist für viele Menschen ein Leben, dass verlockend klingt. Martin Becker, der eigentlich im Raum Marsberg aufgewachsen ist, hat diesen Realität werden lassen – und ist an dieser gescheitert. Denn das Leben in dem Strandort Sankt Peter-Ording ist nicht bezahlbar für ihn. Jetzt sucht er dringend einen Job in Marsberg und Umgebung, denn er will zurück in seine Heimat. Der WP erzählt er, warum er seinen Traum aufgeben musste.

Für den Job zieht er an die Nordsee

Martin Becker ist Informatikkaufmann und Netzwerkadministrator. Er hat einen Job in Sankt Peter-Ording gefunden, ist vor einiger Zeit in den Ort in Schleswig-Holstein gezogen. Google-Bilder des Ortes zeigen süße weiße Strandkörbe, Reetdachhäuser, traumhafte Sonnenuntergänge und das weite Meer hinter den Sanddünen. Die Realität sieht für Martin Becker schnell anders aus. Das erste Problem sind die wenigen Wohnungen, die aber gleichzeitig unheimlich teuer seien, wie er sagt. „Ein Beispiel: Eine 55 Quadratmeter-Wohnung kostet hier locker 800 bis 1300 Euro kalt, ein WG Zimmer mit drei oder vier anderen Mitbewohnern habe ich für 700 Euro angeboten bekommen.“ Martin Becker ist anfangs in der Probezeit, kann mit seinem Gehalt nicht gleich eine Wohnung mit Möbeln ausstatten. „Angebote von vorübergehend leerstehenden Häusern, bis die Handwerker Zeit zum Renovieren haben, kosten möbliert immer noch 700 bis 1200 Euro zuzüglich Strom. Die angebotene Personalwohnung war leider voller Schimmel und Dreck, der Kühlschrank funktionierte nicht und die Lampe war dunkler als eine gute Taschenlampe“, erzählt er.

Sein Gehalt ist dort viel geringer als in seiner Sauerländer Heimat

Gehaltsmäßig liegt Martin Becker in Sankt Peter-Ording bei 400 bis 500 Euro unter dem gleichen Gehalt für dieselbe Tätigkeit im Sauerland. „Natürlich ist es schön am Meer zu wohnen, mein Traum war ja immer Sylt, aber das ist ja noch weit schlimmer dort mit der Wohnungssituation. Für 700 bis 800 Euro bekomme ich in meiner Heimat ein kleines Haus zum Mieten“, zieht er einen Vergleich.

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Im Winter ist der Ort am Meer außerdem still. Nichts sei los. „Das letzte Kino hat zugemacht, ein Fitnessstudio gibt es hier nicht, zur Zeit haben kaum Restaurants offen und Treffpunkte um neue Leute kennenzulernen sucht man vergeblich.“ Seine Arbeitskollegen wohnen fast alle wegen der hohen Kosten etliche Kilometer weit weg. „Wenn dann nach Abzug der Festkosten, Heimfahrten, Lebensmittel am Monatsende nichts mehr übrig bleibt oder sogar ein Minus auf dem Kontoauszug steht, überlegt man sich ernsthaft wieder zurück zu kommen“, sagt Martin Becker. „So schön ein Job am Meer im Sommer durchaus sein könnte, die Kosten und die niedrigen Gehälter sind nicht zu unterschätzen.“

In anderen Bundesländern wird mehr gezahlt

Eine Bekannte von ihm erzählt, dass viele Leute hier im Norden sich einen Job woanders suchen würden, da die Gehälter dort wesentlich besser wären. „Zum Vergleich erzählte sie von einem Freund, der in Baden Württemberg für den gleichen Job wohl 1000 Euro mehr bekommen würde als hier im Norden.“

Ein weiteres No-Go für Martin Becker sind die ständigen Bahnprobleme auf der Strecke Hamburg - Sylt. „Zur Zeit gibt es eine Baustelle in Hamburg, so das man mit dem ICE nur bis Hamburg Harburg kommt. Hier muss man entweder über eine Stunde auf den nächsten IC warten oder mit der S-Bahn quer durch Hamburg nach Pinneberg fahren, um von dort weiter zu kommen.“ Mobil ist das nicht.

„Wer soll das alles noch bezahlen können?“

Es ist ein Traum, der für Martin Becker zum Alptraum wird. „Ich hatte mich echt gefreut hier oben meinen Job zu beginnen, da ich sehr gerne am Meer bin. Leider wurde schnell klar, das ich dafür weit mehr Gehalt benötigen würde, damit noch Möglichkeiten zum Sparen gegeben sind.“ Mehrere Bewohner hätten ihm mittlerweile erzählt, dass die Gehälter sehr niedrig seien und dafür alles andere sehr teuer. „Dieses Jahr sollen alleine die Strandgebühren in Sankt Peter-Ording um 50 Prozent erhöht werden. Da gab es hier oben schon einen großen Zeitungsartikel drüber. So kann man auch die Gäste vergraulen, die übers Wochenende gerne mal hier her gekommen sind“, so Becker. „Ich kann nicht verstehen, warum es hier oben keine Standortzuschläge gibt. Wer soll das alles noch bezahlen können?“

Seine derzeitige Ferienwohnung muss Martin Becker zum 28. April aufgeben, dann kommen die Saison-Gäste. „Entweder ich finde bis dann eine Unterkunft oder ich sitze auf der Straße. Arbeitslos werden darf ich keinesfalls, da ich meinen Autokredit abbezahlen muss, den ich im letzten Arbeitsverhältnis aufgenommen habe. Ich bin echt am Verzweifeln und suche dringend wieder Arbeit in der Heimat.“ Er sucht rund um Marsberg einen Job im EDV-Bereich und hofft auf ein schnelles Angebot. Viel Zeit hat er nicht.

*Martin Becker möchte seinen richtigen Namen in der Zeitung nicht lesen.