Brilon. Nach dem Todesfall von einem Briloner Hausarzt ist die Versorgungslage kritisch. Jetzt gibt eine weitere Praxis bekannt, dass sie schließen wird.
Es ist eine Nachricht, die bei vielen für Aufregung sorgen dürfte: Dr. Winfried Muffert, der seine Praxis in der Königstraße 21 in Brilon betreibt, wird nach 40 Jahren in den Ruhestand gehen und seinen Praxis-Betrieb zum 30. Juni 2023 schließen. Das hat der Mediziner selbst in einer Anzeige mitgeteilt. Die Nachricht kommt nach dem plötzlichen Todesfall von Dr. Michael Reiß zu einer Zeit, in der die hausärztliche Versorgung in Brilon stark gefährdet ist.
„Auch meine Physis hat Grenzen“
„40 Jahre ärztliche Fürsorge und ärztliche Betreuung sind genug. Auch meine Physis hat Grenzen“, schreibt Dr. Winfried Muffert in der Anzeige selbst. Im Juni werde man schließen, Patienten könnten sich während des gesamten Junis ihre Befunde und Fachberichte abholen. „In diesem Zusammenhang möchte ich all denen Patienten danken, die mir in diesen 40 Jahren die Treue gehalten und mir ihr Vertrauen geschenkt haben.“
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In den Sozialen Netzen wird heftig diskutiert
Die Nachricht wird schon jetzt in den Sozialen Medien heftig diskutiert. Während einige Nutzer in Erinnerungen an die Praxisbetreuung schwelgen, fürchten nun viele Briloner um die medizinische Versorgungslage, denn erst vor kurzem ist der Hausarzt Dr. Michael Reiß plötzlich verstorben, zahlreiche Patienten stehen schon jetzt ohne Hausarzt da. Die Stadt Brilon hatte notwendige Schritte in die Wege geleitet, um zumindest eine Notfallversorgung der Patienten von Dr. Reiß zu gewährleisten: „Für Patienten, die dringend ihre Rezepte brauchen, wird es eine schnelle Lösung geben“, so Bürgermeister Christof Bartsch gegenüber der WP.
Versorgungsquote in Brilon sinkt dramatisch
Die Hausärzte-Versorgungsquote wird nach dem Verlust von Dr. Michael Reiß auf unter 75 Prozent sinken. 39.713 Menschen werden dann, zumindest nach den Zahlen der Kassenärztlichen-Vereinigung-Westfalen-Lippe (KVWL), von nur noch 18 Ärzten versorgt werden, das sind im Durchschnitt 2.206 Personen pro Hausarzt. Ab einem Versorgungsgrad von 75 Prozent (hausärztliche Versorgung) bzw. 50 Prozent (fachärztliche Versorgung inkl. Psychotherapie) wird geprüft, ob eine Unterversorgung besteht oder droht.
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Projekt soll Ärzte aufs Land holen
Das Thema der Mangelversorgung mit Hausärzten habe die Stadt jedoch schon seit mehreren Jahren auf der Tagesordnung, erklärt Bürgermeister Bartsch: Seit acht Jahren sind wir aktiv, um Ärzte für den ländlichen Raum zu gewinnen: „Wir haben zum Beispiel die Kampagne ‚Komm aufs Land. Arzt.‘ entwickelt und konnten damit schon zwei Ärzte für Brilon gewinnen“, so Bartsch über die Versuche, neuen Mediziner das Land schmackhaft zu machen. Das „KommaufsLand.Arzt“-Projekt ist ein Kooperationsprojekt mit den Städten Olsberg, Medebach und Winterberg. Es wirbt um Mediziner und macht deutlich, dass das Sauerland „ein idealer Ort ist, um Leben, Freizeit und Arbeit zu verbinden“, so Dr. Bartsch.